13.36

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frauen Ministerinnen! Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen, Zuseher! Ich möchte zu Beginn vielleicht noch einmal festhalten, dass es üblich ist, wenn Sondersitzungen vereinbart werden, dass man sich nach dem Kalender der Mitglieder der Bundesregierung richtet, an die man eine Anfrage oder einen Antrag stellt, und dann Vereinbarungen trifft.

Der Herr Bundeskanzler hatte diesen Termin heute zugesagt und hat ihn ganz kurzfristig abgesagt. Das ist keine Art, mit dem Hohen Haus umzugehen (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und Liste Pilz – Abg. Lausch: Das hat man beim Kern eh gesehen! – weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ), noch dazu, wo nächste Woche ein Sondergipfel stattfindet! Heute hätte er sicher auch telefonieren können. (Abg. Wöginger: So wie beim Kern damals! – Ruf bei der SPÖ: Da muss sich der Wöginger einmischen!)

Ich glaube aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir nicht über die Berufsgruppen sprechen, die ohnehin dem Arbeitszeitgesetz so nicht unterliegen, die ohnehin selbstbestimmt flexibel arbeiten, bei denen wir sagen, dass die bestehenden Gesetze, bevor Sie dieses Arbeitszeitverlängerungsgesetz beschlossen haben, auch in guter Vereinbarung gut funktioniert haben, dass auch länger gearbeitet werden kann, wenn Spitzen auftreten und mehr Aufträge da sind – aber mit dem nötigen Ausgleich an Freizeit, mit dem nötigen Ausgleich an Geld. (Abg. Steinacker: Wo war das?) – Richtig? Das ist bestehende Gesetzeslage gewesen. (Abg. Wöginger: Das steht im Gesetz! Das steht im Gesetz!)

Sie haben jetzt ein Arbeitszeitverlängerungsgesetz beschlossen, durch das die Arbeit­nehmerInnen, die Beschäftigten nicht mehr selbst sagen können: Das will ich nicht!, weil es dann Konsequenzen gibt. Das wissen Sie genau und da können Sie sich noch so echauffieren und aufregen! (Beifall bei der SPÖ.)

Die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollen unter guten, mensch­lichen Bedingungen arbeiten. Gute, menschliche Bedingungen gibt es in vielen Fällen nicht mehr, weil Sie dieses Gesetz ohne Sozialpartner, ohne Begutachtung durch­gepeitscht haben.

Was passiert, wenn die Bedingungen nicht mehr stimmen? – Der Arbeitsdruck steigt. Was passiert, wenn die Bedingungen nicht mehr stimmen? – Es gibt fehlende Wert­schätzung im Betrieb. Was passiert mit den Menschen, wenn sie erschöpft sind, wenn sie die Produktivität nicht mehr erbringen können? – Sie werden krank werden. Sie wer­den diese Leistung nicht mehr erbringen können. Sie werden unter Umständen ausfallen, und wenn jemand ausfällt und länger ausfällt und keine Arbeit mehr findet, dann muss er sich ans AMS wenden, aber das AMS hat auch weniger Geld; auch das haben Sie zu verantworten. Es ist also rundherum für Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer schwieriger geworden. (Abg. Angerer: Pro Kopf mehr Geld hat das AMS!) – Um ein paar 100 Millionen Euro weniger hat das AMS zur Verfügung, das wissen Sie genauso gut wie ich.

Niemand – auch die beiden Ministerinnen nicht – hat heute von der Situation von Frauen gesprochen, darüber, wie es im ländlichen Bereich vereinbar ist, wenn Frauen diesen 12-Stunden-Tag unter Zwang angeboten bekommen und ihn nicht erfüllen können, weil die Kinderbetreuung nicht da ist, weil wir es immer noch nicht geschafft haben, den Westen und den Osten bei Öffnungszeiten und Schließtagen auf gleiche Ebene zu bringen. Diese Frauen müssen dann vielleicht unfreiwillig Teilzeit arbeiten, dann auch mehr Stunden leisten, und die Betriebe sind nicht bereit, ihnen ordentliche Überstunden dafür zu zahlen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Warum haben Sie das damals nicht besser gemacht?)

Vielleicht noch zur Zahlenakrobatik des Herrn Gudenus, aber auch von Ihnen, Frau Ministerin (Abg. Gudenus: Statistik!): Da hat auch einiges – es tut mir leid, es sagen zu müssen – nicht gestimmt: Alleine heuer im September und Oktober wurden von der Arbeitsinspektion bei 200 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern 65 Übertretungen über die 12 Stunden hinaus, über die 60-Stunden-Woche hinaus festgestellt. (Zwischen­ruf des Abg. Hafenecker.) Nur in diesen zwei Monaten, seit dieses Verlängerungs­gesetz in Kraft ist! Nicht, was Sie beschlossen haben, sondern über das Gesetz hinaus sind bei fast 200 Leuten diese Übertretungen festgestellt worden. (Abg. Gudenus: Nur das kann eine Übertretung sein! Das ist logisch! Das geht zurück! Vor einem Jahr, wie war das da?)

Herr Wöginger ist uns die Antwort schuldig geblieben, was man dann machen kann: keine Details, wie die Sanktionen aussehen, auch keine Details, wo die Strafen an­setzen, keine Details, wie die Arbeitgeber daran gehindert werden, das wieder und wieder zu tun! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Herr Vizekanzler Strache hat einer besorgten Mutter vor Monaten gesagt: Da gehen Sie zum Chef und sagen: Nein! Ich muss mein Kind vom Kindergarten abholen, ich kann nicht länger arbeiten!, dann wird der Chef das akzeptieren. Wir haben die ersten Fälle, bei denen das nicht so ist, und es werden mehr und mehr werden. Genau das haben Sie zu verantworten.

Es ist verantwortungslos, dass der Bundeskanzler heute nicht hier ist! (Beifall bei der SPÖ.) Ich sage Ihnen noch eines: Es ist wirklich demokratiepolitisch bedenklich, dass wir hier in diesem Haus den Dialog mit Regierungsmitgliedern, an die wir eine Anfrage oder einen Antrag richten, nicht mehr führen können! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und Liste Pilz. – Abg. Hafenecker: Wie war das beim Kern?)

13.42

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung ist Herr Abgeordneter Wöginger zu Wort gemeldet. – Bitte.