15.01

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Ich nutze meine Redezeit heute dazu, Herrn Kollegen Lindner direkt auf seinen Vorschlag zu antworten. Er hat gesagt, das Levelling-up brauche Ös­terreich dringend. – Seine Forderung höre ich wohl, allein mir fehlen die Argumente! Vielleicht kann ich da einiges richtigstellen.

Zuerst einmal die Frage nach der Reaktion der Ministerin: Frau Minister Hartinger-Klein hat nicht gesagt, sie wolle Fallbeispiele sehen, sondern sie hat gesagt, sie möchte von diesem Projekt Abstand nehmen, und dafür hat sie auch sehr, sehr gute Gründe. Ich darf das vielleicht kurz für jene Kolleginnen und Kollegen erklären, denen nicht ganz präsent ist, wie das Levelling-up funktioniert. Es handelt sich dabei um eine Verschär­fung der Diskriminierungsgesetze, nämlich um eine Ausdehnung des Verbots der Un­terscheidung im unternehmerischen Handeln, in der Zurverfügungstellung von Waren und Dienstleistungen, und zwar in Bezug auf Alter, sexuelle Orientierung, Religion und Weltanschauung.

Damit das nicht so kompliziert klingt, bringe ich ein paar Beispiele: Was fordert die Sozialdemokratie da? – Seniorentarife, zum Beispiel bei der Westbahn, müssten ein­gestellt werden. Hoteliers dürften keine Spezialprogramme mehr für Kinder oder auch für Erwachsene anbieten. Ein jüdischer Restaurantbesitzer müsste seine Versamm­lungsräume einem antisemitischen Verein vermieten. Eine vor den osteuropäischen Kommunisten geflohene Familie müsste ihre Anlegerwohnung an die kommunistische Partei vermieten. Ein islamisches Reisebüro müsste Christen nach Mekka mitnehmen, und so weiter und so fort. (Abg. Haubner: So schaut es aus!)

Das habe ich im Ausschuss auch der Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft, Frau Mag.a Konstatzky, vorgetragen. Sie hat gesagt: In all diesen Fällen müssen wir Ausnahmen machen. Doch wenn wir in all diesen Fällen Ausnahmen machen, brau­chen wir das ganze Gesetz gar nicht zu machen! Professor Tomandl, ein großer ös­terreichischer Jurist, hat zum Levelling-up gesagt: „Das ist der massivste Eingriff in die Freiheit“, den man sich vorstellen kann. Nicht von ungefähr, liebe Kolleginnen und Kol­legen von den Sozialdemokraten, gibt es dafür auf EU-Ebene keinen Konsens; seit 2008 liegt dieses Projekt auf Eis.

Deutschland hat zum Beispiel gesagt: Das tragen wir nicht mit. Wissen Sie, warum? – Ich gebe nur ein paar Beispiele: vermehrte Rechtsunsicherheit, faktische Benachteili­gung von Nichtmerkmalsträgern, erhöhter Bürokratieaufwand, verfügter Kontrahie­rungszwang. Das Levelling-up ist bitte schön kein Gleichstellungsgesetz, sondern ein Privilegierungsgesetz! Tendenz- und Nischenunternehmen werden dadurch unmöglich.

Sie kennen sicher Montesquieu, den großen Theoretiker der Gewaltenteilung; er hat gesagt: „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.“ – So verstehen wir Politik: Statt Levelling-up stehen wir für Privatautonomie. Wir stehen für Gewissensfreiheit, Eigentumsfreiheit und für die unter­nehmerische Freiheit. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.04

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Yildirim. – Bitte.