12.35

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Leider haben Bun­deskanzler, Vizekanzler und die Frau Staatssekretärin, die sich ja in einer großen Gruppe mit dem Strafrecht beschäftigt, fast fluchtartig diesen Plenarsaal verlassen. Das tut mir persönlich leid. Ich weiß zwar wie Sie alle und auch die Zuseherinnen und Zuseher, dass es bei der Präsentation in einer ersten Lesung nicht üblich ist beziehungsweise nicht sein muss, dass auch Regierungsmitglieder anwesend sind, aber man wäre es der fast halben Million Österreicherinnen und Österreicher, aber auch den UnterstützerInnen der anderen Volksbegehren, die ebenfalls von einer großen Zahl an Bürgerinnen- und Bürgern unterstützt wurden, schon schuldig gewesen, dass sich die Regierungsmitglieder – und ich spreche jetzt gar nicht von der Frau Frauenministerin, die auch nicht da ist – angehört hätten, was wir heute hier zu sagen haben. Schade. (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

Ich möchte natürlich auch die Menschlichkeit in den Vordergrund stellen und mir ge­meinsam mit Ihnen menschliche Schicksale vor Augen führen. Im Einzelhandel zum Beispiel sind 70 Prozent der Beschäftigten Frauen, und gerade die Situation der Han­delsangestellten – sehr viele Frauen in diesem Bereich sind teilzeitbeschäftigt – mag von vielen nicht bemerkt werden, wenn man einkaufen geht, wenn man Weihnachts­besorgungen macht. Es ist aber für Frauen, vor allem für Frauen, die vielleicht nur eine Teilzeitbeschäftigung angeboten bekommen haben, die selbstverständlich auch vom 12-Stunden-Tag – denn der wirkt sich auch auf Teilzeitstunden aus – betroffen sind, nicht einfach, dass die Kollektivvertragsverhandlungen noch nicht zu Ende sind. Das ist auf der einen Seite eine Chance, auf der anderen Seite kann ich nur sagen: vollste Unterstützung für die Gewerkschaften, die sich sehr bemühen, die Situation der Handelsangestellten zu verbessern und über 3 Prozent Gehaltserhöhung zu erstreiten. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, der Herr Präsident begrüßt immer Gäste. Ich finde das großartig. Ich begrüße jetzt an dieser Stelle die Aktivistinnen und Aktivisten des Frauenvolksbegehrens sehr herzlich bei uns und freue mich, dass Sie heute zuhören. (Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT.) Vor allem auch ein riesiges Dankeschön an diese Aktivistinnen und Aktivisten, die uns auch motiviert haben – und ich hoffe, einige von Ihnen auch motiviert haben –, uns mit diesen neuen Forderungen auseinander­zu­setzen, und die einfach artikuliert haben, was ihre Forderungen sind. 

Das Frauenvolksbegehren haben fast eine halbe Million Österreicherinnen und Öster­reicher unterschrieben – schon vor der Eintragungswoche hat es 250 000 Unter­stüt­zungs­erklärungen bekommen –, es ist eines der größten Bürgerinnen- und Bürger­beteiligungsprojekte im Frauenbereich.

Es geht nicht nur, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen – es sind jetzt leider gar nicht so viele von den Regierungsfraktionen hier; leider haben auch viele Frauen den Saal verlassen (Abg. Zarits  in Richtung Sitzreihen der SPÖ deutend : Bei euch auch!) –, darum – der Bundeskanzler hat es angesprochen, unsere Weltbilder sind unter­schied­lich –, ob man – das Weltbild mancher ÖVP-Frauen besteht einzig und allein in dieser Sorge – Au-pair-Personal steuerlich absetzen kann. Das ist nicht mein Weltbild. Das ist vielleicht ein Teil, der in Ihren Reihen und in Ihren Schichten von Bedeutung ist, aber ich glaube, dass es genauso darum geht (Abg. Rosenkranz: Was soll denn diese ausländerfeindliche Note?), sich den Alleinerziehenden zu widmen und zu schauen, wie die einen Monat lang über die Runden kommen, mit keinem hohen Gehalt und ohne Kinderbetreuung. (Beifall bei der SPÖ.)

Es entspricht auch nicht unserem Weltbild, um auch die FPÖ-Frauen hereinzuholen, dass es hier Politikerinnen gibt, die meinen, dass Frauenhäuser Ehen zerstören wür­den, wenn eine Frau ins Frauenhaus flüchten muss. Auch das ist nicht unser Weltbild, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Lassen Sie uns ganz kurz zurückblicken! Es war noch nie in der Geschichte der Frauenpolitik so, dass Mittel gekürzt wurden. – Nein! Das Budget war immer ein kleines, und wir haben immer versucht, mit Querfinanzierungen alles aufrechtzuer­hal­ten, was Frauen benötigen, wenn sie Hilfe brauchen, wenn sie Hilfe anonym und gratis benötigen. Diese Frauenministerin, die wir jetzt haben, verschiebt Gelder von einem Topf in den anderen; sie fehlen dann in dem einen Topf und reichen in dem anderen Topf gerade einmal dazu, dass der Betrieb aufrechterhalten werden kann.

Ich glaube, dass die Österreicherinnen und Österreicher, die dieses Frauenvolks­begehren 2.0 unterschrieben haben, damit rechnen können, ja, müssen, dass wir uns zumindest drei Mal im ersten Halbjahr 2019 mit diesen neuen Forderungen aus­ei­nandersetzen werden, und zwar nicht in einem einzigen Ausschuss, wie ein Vor­schlag auch schon gelautet hat. Wir lassen nicht zu, dass man diese neuen Forde­rungen in irgendeiner Schublade verräumt. Wir wollen – und das sind wir den Unter­zeichnern schuldig – diese neuen Forderungen so diskutieren, dass den Frauen das Bild vermittelt wird, dass wir es ernst nehmen, dass wir in diesem Hohen Haus mit diesen Forderungen demokratisch umgehen und dass wir den guten Willen zeigen, für diejenigen, die es bitter nötig haben, auch Verbesserungen vorzunehmen. (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

100 Jahre Frauenwahlrecht haben wir schon begangen, und wir können noch das ganze nächste Jahr dazu nützen, es zu begehen. Die Kollegin vor mir hat schon beschworen: Wir Frauen, wir wollen und sollen doch zusammenhalten!, und das jetzt ist ein Aufruf für die halbe Million, die dieses Frauenvolksbegehren unterstützt haben: Seien wir hier in diesem Hohen Haus doch bereit, dass wir bis Mai – wir haben vier Monate Zeit – die Forderungen hier diskutieren und das eine oder andere in Umsetzung bringen; gerne auch das, was noch im Regierungsprogramm steht, denn es ist noch nichts umgesetzt worden, was Frauenangelegenheiten betrifft.

Wir haben noch keine einzige Verbesserung beschließen können, die den Frauen wirklich hilft. Wenn Sie den Familienbonus auch noch hundertmal erwähnen, es bleibt dabei, in der Regel kassieren ihn die Männer, und die Frauen müssen sich darum streiten, ob sie die Hälfte bekommen. (Abg. Zarits: Stimmt ja nicht!) Das passiert nicht automatisch, Sie müssen es genau lesen. (Beifall bei SPÖ und JETZT. – Zwischenruf der Abg. Winzig.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht um unterschiedliche Einkommen – Sie als Unternehmerin werden hoffentlich gut zahlen –, es geht um die Hälfte aller Plätze in politischen Funktionen, die Frauen brauchen. Wir haben es geschafft, aber es fehlt noch einiges. Es geht darum, dass Frauen Respekt erwarten dürfen und Wertschät­zung erwarten können. (Abg. Rosenkranz: Auch in Tirol!) Es geht um bezahlte und unbezahlte Arbeit, darum, dass sie besser und gerechter verteilt wird. Und es geht um die Gesundheit von Frauen. (Abg. Rosenkranz: Auch grüne Landesräte in Tirol haben sich Respekt verdient!) Es geht darum, dass Frauen sich den Respekt verdient haben, über ihren eigenen Körper bestimmen zu können, wie sie wollen, und nicht, wie es ihnen irgendein Gesetz vorzuschreiben gedenkt.

Ich glaube, dass das wichtige Bereiche sind, die wir in den nächsten vier Monaten – und ich appelliere wirklich an alle Parteien hier in diesem Hohen Haus – in drei eigenen Sitzungen des Gleichbehandlungsausschusses mit Expertinnen und Experten, mit den Aktivistinnen und Aktivisten des Frauenvolksbegehrens, mit Vereinen, mit Frauen­organi­sationen abhandeln werden, denn die sind tagtäglich mit Frauen zusammen, die Hilfe benötigen, und die wissen wirklich, was Frauen dringend brauchen. (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

12.43

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Schimanek ist zu Wort gemel­det. – Bitte.