Dringlicher Antrag
der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten für Wohnzwecke“ (514/A(E))
Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen jetzt zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 514/A(E).
Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.
Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:
Die vergangenen Jahre waren von steigenden Immobilienpreisen und Wohnungsmieten gekennzeichnet, dabei übersteigt die Preissteigerung der Mieten die Zunahme des verfügbaren Haushaltseinkommens.1 Die Mieten stiegen in den vergangenen Jahrzehnten zudem viel stärker als die Inflation.
Die hohen Wohnkosten sind eines der drängendsten Probleme, weil immer mehr des verfügbaren Einkommens dafür aufgewendet werden muss. Geld, das für andere Ausgaben des täglichen Lebens fehlt und auch für zusätzliche Haushaltsausgaben wie Reparaturen oder Instandhaltungen nicht zur Verfügung steht.
Seit 1998 sind die Mieten um 80% gestiegen, das ist doppelt so stark wie die Inflationsrate (+41%, siehe Grafik)
Familien in Innsbruck geben heute bereits bis zu 40% ihres Einkommens für die Miete aus. Die Regierung verschärft allerdings das Problem. Statt einer Mietpreisobergrenze wird es durch die geplante Erhöhung von Lagezuschlägen (siehe Regierungsprogramm) zu massiven Preissteigerungen kommen. In Gründerzeitvierteln wird die durchschnittliche Mieterhöhung zwischen 6% und 30% ausmachen, sollten die Vorhaben aus dem Regierungsprogramm zur Umsetzung kommen.
Quelle: Eurostat
Das Umsatzsteuersystem belastet kleine und mittlere Einkommen stärker, als hohe Einkommen. Es ist daher eine Frage der Gerechtigkeit eine Entlastung insbesondere für kleine und mittlere Einkommen zu ermöglichen.
Quelle: WIFO 2016, 792
Es wäre daher ein wichtiger Beitrag für mehr Steuergerechtigkeit und eine wirksame Möglichkeit der Steuersenkung für kleine und mittlere Einkommen, wenn die Umsatzsteuer auf Mieten entfallen würden. Nach der aktuellen Mehrwertsteuer-Richtlinie darf Österreich für die Vermietung zu Wohnzwecken einen begünstigten Umsatzsteuersatz anwenden, sofern dieser mindestens 10% beträgt.
Auf europäischer Ebene wird gerade eine Änderung des Mehrwertsteuersystems verhandelt, ein Element ist die Einführung von mehr Flexibilität der Mitgliedstaaten bezüglich der Mehrwertsteuersätze. Im Rahmen dieser Verhandlungen muss vorgeschlagen und dann im Ergebnis vorgesehen werden, dass Wohnungsmieten mit Null Prozent Mehrwertsteuer verrechnet werden dürfen, gleichzeitig aber der volle Vorsteuerabzug erhalten bleibt (echte Steuerbefreiung). Dadurch würden sich mehr als 1,6 Mio. Haushalte eine Monatsmiete pro Jahr sparen.
Beispiel Auswirkung Abschaffung der Mehrwertsteuer
Familie mit 2 Kindern, 100 m2, Wien Leopoldstadt, frei vermietet, Altbau.
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Netto |
Umsatzsteuer |
Brutto |
Ersparnis |
Miete |
10.647 |
1.065 |
11.712 |
1.065 |
Alle Werte in € pro Jahr
Quelle: Nettomiete: Wirtschaftskammer Österreich
Gesamtersparnis Miete: 1.065 € pro Jahr – also mehr als eine Monatsmiete
Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert bei den Verhandlungen zur Reform des Mehrwertsteuersystems auf EU-Ebene sicher zu stellen, dass Wohnungsmieten in Österreich einer echten Befreiung (0% USt mit Vorsteuerabzug) unterliegen und danach dem Nationalrat umgehend einen entsprechenden Gesetzesvorschlag zur Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten für Wohnzwecke vorzulegen.“
In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und einem Antragsteller/einer Antragstellerin Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.
1 Arbeiterkammer Wien, „Mieten in Österreich und Wien 2008-2016“, November 2017
2 Rocha-Akis et al. 2016: Umverteilung durch die öffentlichen Haushalte in Österreich
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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Ich erteile nun Frau Abgeordneter Rendi-Wagner als Antragstellerin zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.