15.44

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen MMag. DDr. Hubert Fuchs: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf eingangs auf den gemeinsamen Bericht der Steuerreformkommission 2014 näher eingehen, an dem die SPÖ maßgeblich mitgewirkt hat; ich habe mir diesen Bericht heute in der Vorbereitung sehr intensiv angesehen.

In dieser Reformkommission saß als SPÖ-Vertreter unter anderen der damalige Wiener Arbeiterkammerdirektor Mag. Werner Muhm, und in dieser Steuerreformdis­kus­sion 2014 diskutierte die SPÖ damals – Sie werden es nicht glauben – auch eine Anhebung – ich betone: eine Anhebung – des Umsatzsteuersatzes auf Wohnraum­mieten von 10 auf 20 Prozent. (Oh-Rufe bei der FPÖ.) Das heißt, die SPÖ hat damals in Vorbereitung auf die Steuerreform ernsthaft darüber diskutiert, ob sie nicht die Umsatzsteuer auf Miete von 10 auf 20 Prozent erhöhen möchte. (Ah-Rufe bei der ÖVP.) Das hätte zu - -(Abg. Rendi-Wagner: Vor zehn Jahren! ... diskutieren!) – Ja, diskutieren, heute fordern Sie eine Reduktion und damals forderten Sie noch eine Verdoppelung des Mehrwertsteuersatzes. Das ist nicht wirklich glaubwürdig! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Diese von der SPÖ damals diskutierte Verdoppelung des Mehrwertsteuersatzes auf Wohnraummieten hätte zu einem Steuermehraufkommen von 710 Millionen Euro im Jahr geführt. Das heißt, die SPÖ hat damals offenbar ernsthaft überlegt, den Miete­rinnen und Mietern in Österreich 710 Millionen Euro an Mehrwertsteuer abzuknöpfen. Heute stellt sich die SPÖ hin und fordert die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Wohnraummieten. Das ist unglaublich! (Abg. Krainer: Es ist unwahr, was Sie behaupten!)

Auch eine unechte Umsatzsteuerbefreiung auf Wohnraummieten wurde damals in der Steuerreformkommission 2014 diskutiert, aber letzten Endes gemeinsam mit der SPÖ verworfen. Warum? – Weil sich mit dem damit verbundenen Wegfall des Vorsteuerabzugs auch die Kosten für den Wohnbau dramatisch erhöhen würden.

Trotzdem wurde von der SPÖ-Parteivorsitzenden am 24.11., am Parteitag, die Ab­schaffung der Umsatzsteuer auf Wohnraummieten gefordert. Der SPÖ war am Partei­tag offenbar gar nicht bewusst, dass durch diese unechte Umsatzsteuerbefreiung auch der Vorsteuerabzug fallen würde. (Abg. Krainer: Das ist die Unwahrheit! – Abg. Rendi-Wagner: Fake News, lesen Sie den Antrag!) Als die SPÖ dann realisierte, dass ihr Konzept mangels entsprechender fachlicher Vorbereitung ja überhaupt nicht durch­dacht war, schwenkte die SPÖ um (Abg. Leichtfried: Können Sie frei auch reden oder müssen Sie vorlesen?): Nicht der Nationalrat sollte hier eine Umsatzsteuer senken, sondern jetzt ist plötzlich in ihrer Argumentationsweise die Europäische Union unter Aufrechterhaltung des Vorsteuerabzuges am Zug. Das heißt, plötzlich soll nicht mehr der Nationalrat, sondern die Europäische Union die Mehrwertsteuer auf Wohnraum­mieten abschaffen (Zwischenruf des Abg. Krainer) und die Bundesregierung sollte ihren diesbezüglichen Einfluss in Brüssel geltend machen. Warum hat denn das damals eigentlich nicht Ihr eigener Bundeskanzler in Brüssel gemacht, als Sie noch die Gelegenheit dazu gehabt hätten? (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Die SPÖ fordert also in der Opposition Maßnahmen, die sie als Kanzlerpartei nicht umsetzen wollte. Das ist nicht wirklich glaubwürdig. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Im Übrigen ist eine echte Steuerbefreiung, bei der der Vorsteuerabzug aufrecht bleibt, unionsrechtlich nicht möglich, da die Mehrwertsteuersystemrichtlinie keine ent­sprechen­de Bereicherung in diesem Bereich erlaubt. (Abg. Leichtfried: Die kann man ja ändern, wissen Sie das nicht?) – Passen Sie auf, dann kennen Sie sich aus!

Der ermäßigte Umsatzsteuersatz, Frau Kollegin, von 10 Prozent ist bereits eine öster­reichische Sonderregelung, die Österreich im Zuge des EU-Beitritts 1995 ausver­handelt hat, um die bereits davor bestehende begünstigte Umsatzsteuer auf Mieten beibehalten zu können und nicht in das System der unechten Befreiung der übrigen Mitgliedstaaten folgen zu müssen.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Hinsichtlich einer Änderung der Mehrwertsteuer­system­richtlinie gilt, dass das ausschließliche Initiativrecht bei der Europäischen Kommission liegt. Das heißt, die Europäische Kommission muss hier eine entsprechende Initiative setzen. (Abg. Leichtfried: Ist das ein Blödsinn!) Weiters gilt in Steuersachen – was Sie vielleicht nicht wissen – das Prinzip der Einstimmigkeit. Das heißt, da kann man gar nichts schnell umsetzen, wie Sie heute hier behaupten. Es gilt das Prinzip der Einstimmigkeit, und wir alle wissen, wie lange es dauert, bis in Brüssel etwas be­schlossen wird. Jedenfalls müssten auf europäischer Ebene langfristige Verhandlun­gen geführt werden, deren Ausgang nicht vorhergesehen werden kann. Keinesfalls eignet sich daher eine echte Steuerbefreiung für eine rasche und kurzfristige Entlas­tung.

Frau Kollegin Rendi-Wagner, wenn Sie mir zuhören würden, würden Sie sich aus­kennen; es nützt Ihnen nichts, wenn Sie mit Ihren Nachbarn reden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Rendi-Wagner: Ich höre immer noch zu, wem ich will!)

Wenn Frau Abgeordnete Rendi-Wagner meint, das sei kurzfristig umsetzbar, es könne rasch, innerhalb von wenigen Wochen beschlossen werden, dann muss ich sagen, sie versteht einfach nicht, wie die Entscheidungsprozesse im Parlament beziehungsweise auf der Ebene der Europäischen Union ablaufen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Leichtfried: Diese Belehrungen sind aberwitzig!)

Selbst dann, wenn Sie heute hier im Nationalrat die Abschaffung der Umsatzsteuer auf Wohnraummieten beschließen würden, was rechtlich gar nicht ginge, hätten wir da einen jährlichen Steuerausfall von 1,2 Milliarden Euro. Ich hätte mir von der SPÖ schon erwartet, dass sie bei einem Steuerausfall in dieser Größenordnung entsprechende Gegenfinanzierungsvorschläge macht; aber wir wissen ja, dass die SPÖ Steuerreformen mit neuen Steuern, neuen Schulden gegenfinanzieren möchte, die wiederum nur die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen belasten würden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Machen Sie sich aber keine Sorgen, diese Bundesregierung wird die Entlastung der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen durch die Steuerentlastungsreform 2020 sicherstellen. Im Rahmen der laufenden Vorbereitung der Steuerentlastungsreform wird eine breite und nachhaltige Entlastung von Beziehern kleiner und mittlerer Ein­kommen in erster Linie durch die Absenkung der unteren Tarifstufen sowie durch eine Abflachung der Sozialversicherungsbeiträge bewirkt werden, und zwar ohne ent­sprechende Leistungskürzung. Und natürlich werden auch im Bereich Wohnen steuer­liche Anreize geprüft, wie es im Regierungsprogramm steht, zum Beispiel ist eine Attraktivierung von Mietkaufmodellen durch eine Verkürzung des Vorsteuerberichti­gungs­zeitraumes von 20 auf zehn Jahre vorgesehen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Diese Koalition wird mit der Steuerentlastungsreform sämtliche Einkommensbezieher, also Arbeitnehmer, Pensionisten und auch Unternehmer, entlasten, und ich gehe davon aus, dass die SPÖ diesen Steuerentlastungsmaßnahmen zustimmen und damit eine höhere Glaubwürdigkeit an den Tag legen wird als mit ihrem heutigen Antrag. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

15.53

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von insgesamt 25 Minuten zukommt.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Becher. – Bitte schön, Frau Abgeordnete. (Abg. Deimek – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Becher –: Ziehen Sie den Antrag zurück, dann reden wir nicht mehr weiter darüber! – Abg. Becher: Sie kennen nicht die Probleme in dieser Stadt und in diesem Land! – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ.)