19.26

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Ich danke Abgeordnetem Obernosterer dafür, dass er das jetzt in einer sehr klaren und auch emotionalen Art und Weise vorgetragen hat, denn er hat wirklich den Kern der Sache getroffen. Frau Abgeordnete Krisper, seien Sie mir nicht böse: Sie machen mir ein bisschen den Eindruck, als ob Sie irgendwo im Netz Ihrer Vorurteile ein wenig gefangen wären, wenn Sie versuchen, da alles miteinander zu vermanschen und jedes Klischee herauszuzerren. Ich muss Ihnen sagen, eines haben Sie vergessen: die berittene Polizei. Die ist diesmal in Ihrem ganzen Wust an möglichen Dingen nicht vorgekommen, die haben Sie ausgelassen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Man kann natürlich alles mit allem vermanschen, die Aussagekraft von solchen Vor­trägen ist dann allerdings tatsächlich enden wollend.

So, und damit zur Sache selbst: Wissen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sehe das wie Abgeordneter Obernosterer: Wenn es um Hilfsaktivitäten geht, wenn es um Katastrophenhilfe geht, dann gilt für mich das Prinzip der Neutralität.

Ich glaube, Sie haben ein bisschen den falschen Eindruck. Glauben Sie wirklich, dass es, wenn es um Hilfe im Katastrophenfall geht, egal, wer wem von welcher Seite her hilft, um die Hilfe für irgendwelche Bonzen und Politfunktionäre geht? Oder geht es vielleicht in diesen Fällen um die Hilfe für die ganz einfachen Leute, für die Bevöl­kerung, möglicherweise irgendwo draußen am Land, für die kleinen Leute, für die einfachen Bürger, und zwar völlig egal, wie diese Leute zum jeweiligen Regime stehen? Die wollen Sie dafür strafen, dass es jetzt irgendwo eine politische Situation gibt, die sicherlich kritisierenswert ist? Und das tun Sie vor dem Hintergrund, dass Sie genau wissen, dass diese ganze Problematik mit der Ukraine explizit bei der Unterzeichnung dieses Vertrags ausgeklammert ist.

Ja, so gescheit waren wir auch, Frau Abgeordnete Krisper, dass wir darauf Bedacht genommen haben und dass wir die Maßnahmen, die wir setzen, selbstverständlich so gesetzt haben, dass das alles im Einklang mit den Sanktionen der Europäischen Union steht, die es eben im Zusammenhang mit der Ukrainekrise beziehungsweise mit der Eskalation auf der Krim gegeben hat. Das haben wir sehr wohl berücksichtigt. Sie wissen das natürlich auch ganz genau.

Ich denke, gerade weil wir hoffen, dass eine solche Situation niemals eintritt, dass wir von Naturkatastrophen oder auch – und vergessen wir das bitte nicht! – von tech­nischen Katastrophen verschont bleiben, die eine Dimension annehmen können, bei der wir alleine sehr, sehr rasch überfordert sind und vielleicht auch die Ressourcen der Europäischen Union nicht mehr ausreichen, weil wir alle hoffen, dass wir das niemals brauchen, sollten wir alles unternehmen, um im Fall der Fälle auch gesichert eine entsprechende Unterstützung zu erhalten.

Ich halte das für sehr, sehr verantwortungsbewusst, und ich halte es auch für verant­wortungsbewusst, dass man sich nicht nur darauf verständigt, im Fall der Fälle mitei­nander zu kooperieren, sondern auch im Versuch der Prävention gemeinsame Wege geht.

Frau Krisper, halten Sie sich fest! Ich war vor ein paar Wochen tatsächlich in Russland, ja, ich bin dort hingefahren und habe mit dem zuständigen Minister für Katastro­phen­schutz gesprochen. Ich habe ein Bild von der Leistungsfähigkeit dieses Ministeriums in Moskau erhalten. Weil man das so abtut, glauben Sie mir eines: Es gibt sehr, sehr schnell Situationen, in denen wir darauf angewiesen sein könnten, eine solche Hilfe in Anspruch zu nehmen, etwa wenn es um die Frage von Transportkapazitäten auf dem Luftweg geht, die auch auf Ebene der Europäischen Union begrenzt sind, wo es eine Frage ist, ob uns immer alles zur Verfügung steht, wenn wir es brauchen, oder ob wir manchmal über die Grenzen der Europäischen Union hinausdenken müssen, um sehr rasch Ressourcen zu organisieren, die wir zum Hilfseinsatz für unsere Bevölkerung brauchen.

Die Luftfrachtkapazität, die Russland anbieten kann, ist ein solcher Faktor. Hoffentlich werden wir das nie brauchen, wir werden auch immer zuerst bei unseren europäischen Partnern fragen, aber Sie werden verstehen, dass der Luftweg von Russland ein kürzerer ist als der Luftweg von den USA. Da muss man zuerst den ganzen Atlantik überqueren, bis uns irgendein amerikanisches Flugzeug im Fall der Fälle zu Hilfe kommen könnte. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Eine zweite Komponente spielt auch noch eine Rolle. Es ist ja nicht so, dass das eine Einbahnstraße wäre, sondern auch Russland hat Interesse an Know-how, das wir in Österreich haben – klein, aber fein möchte ich sagen. Wir stehen auch nicht an, den Russen dann Unterstützung zu geben, wenn es etwa um den Bereich der Alpinunfälle, wenn es etwa um den Bereich des Bergrettungswesens geht, damit wir dort beim Aufbau entsprechend unterstützen können und im Falle von Lawinenabgängen, von Lawinenkatastrophen unsere Spezialkräfte zum Einsatz bringen können.

Es ist also ein Geben und ein Nehmen, wie in vielen Bereichen. Ich finde es schade, dass man so etwas zu einem Politikum macht – Politikum verstehen Sie jetzt bitte so im schlechtesten Sinn des Wortes –, weil man glaubt, dass die Tagespolitik und Dinge, die durchwegs zu kritisieren sind, dann dieses wirklich fundamentale Element der gemeinsamen Unterstützung irgendwie aushebeln können – noch dazu, wenn man weiß, dass die von Ihnen geäußerten Bedenken in diesem Vertrag berücksichtigt wor­den sind.

Jetzt ist schon aufgezählt worden, dass es natürlich auch andere Staaten gibt, die mit Russland solche Abkommen haben; es sind 40 an der Zahl. Frau Krisper, können Sie mir die nennen, die diesen Vertrag aufgrund der Ukrainekrise wieder aufgekündigt haben? Welche sind das? – Keiner! Kein einziger der europäischen Staaten hat den Vertrag wieder aufgekündigt, weil sie alle sehr wohl wissen, dass es im Fall der Fälle Situationen geben kann, in denen man einen starken Partner in diesem Bereich braucht – nicht, weil man es möchte, sondern weil es eine Notwendigkeit ist. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich denke, dass wir mit diesem Abkommen nicht das machen, was Sie uns vorwerfen – dass man da politisch leichtfertig agiert oder dass man irgendjemandem ein Geschenk macht –, sondern dass wir das tun, was die Bevölkerung von uns erwartet: dass wir uns darauf vorbereiten, dass wir im schlimmsten Fall der Fälle eine breite Basis haben, was Hilfe und Unterstützung betrifft, und gleichzeitig darauf hoffen und alle Vor­kehrungen dafür treffen, dass dieser schlimmste Fall niemals eintritt. Das halte ich für eine verantwortungsvolle Politik. Das halte ich für eine zukunftsweisende Politik. (Bei­fall bei FPÖ und ÖVP.)

19.32

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Dr.in Alma Zadić. – Bitte.