21.47
Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Die Umwandlung der ÖBIB in die ÖBAG ist naturgemäß ein großer Schritt nach vorne, aber das ist bei der Art und Weise, wie die ÖBIB ausgestaltet war, auch keine besonders große Kunst – sage ich jetzt einmal.
Was ist das Besondere? – Das Besondere daran ist, dass die ÖBAG jetzt wesentliche Verbesserungen für ein aktives Beteiligungsmanagement für die Republik Österreich mit sich bringt. Das ist mit Sicherheit ein großer Schritt nach vorne. Mit der Neustrukturierung der Bundesbeteiligungen in der ÖBAG möchte die Regierung durch die Entsendung der Aufsichtsräte in die Beteiligungsunternehmungen durch die ÖBAG mehr Kontrolle erlangen. Auch diese Absicht ist sehr zu begrüßen.
Allerdings ist das meines Erachtens nicht ausreichend. Direkt nominierte Aufsichtsräte reichen bei Weitem nicht. Es war ja der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofes Karl Korinek, der immer wieder und wiederholt darauf hingewiesen hat, dass durch Privatisierungen und Ausgliederungen Eingriffs- und Kontrollrechte der Hoheitsverwaltung nicht aufgegeben werden dürfen.
Weil ich diese erweiterten Kontrollrechte und Aufsichtsrechte in den Unternehmungen haben möchte und an sich gerne der Umwandlung in die ÖBAG zustimmen würde, bringe ich auch einen Abänderungsantrag ein. Aufgrund der Länge will ich ihn Ihnen erläutern. Er wird im Moment, so ich das richtig sehe, an Sie verteilt.
Es geht in diesem Abänderungsantrag, wie gesagt, zum einen darum, dass Kontrollrechte und Mitwirkungsrechte der Aufsichtsräte erweitert werden sollen. Wir kennen das ja aus anderen Ausgliederungsgesetzen, beispielsweise bei den Bundesforsten. Dort hat man diese Regelung gewählt, bei der ÖBAG hat man diese Regelung nicht gewählt. Ich verstehe das ganz ehrlich gesagt nicht.
Diese Änderungen finden Sie in einer Verfassungsbestimmung in § 5 Abs. 5. Darin geht es eben um die Informations- und Kontrollmöglichkeiten des BMF und des Vorstands der ÖBAG. Da aber hier in einfachgesetzliche Vorgaben des Aktienrechts eingegriffen wird, haben wir diese Bestimmung als Verfassungsbestimmung vorgesehen und gehen da ganz analog zu den Regelungen für die Bundesforste vor. Das ist aber nicht der einzige Gegenstand dieses Abänderungsantrages.
Der zweite Gegenstand dieses Abänderungsantrages befasst sich mit der Frage: Privatisierungen, ja oder nein? – Sowohl Sie, Herr Staatssekretär, als auch Sie, Herr Finanzminister, haben gesagt, Sie haben Privatisierungen nicht vor – ja, im Moment nicht. Auf der anderen Seite steht sehr wohl in den Begründungen, dass es das Ziel ist, die Werte der Beteiligungen zu steigern. Wertsteigerungen hat man immer dann im Auge, wenn man etwas für den Verkauf herrichten will; also auszuschließen ist das nicht. Um das aber auszuschließen, haben wir in dem Abänderungsantrag vorgesehen, dass es ein Verbot für Privatisierungen gibt, es sei denn, es gibt vorher einen entsprechenden Regierungsbeschluss. Das ist also der wesentliche Teil des Inhalts dieses Abänderungsantrages.
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Warum ist mir das so wichtig? – Es handelt sich bei den Beteiligungen um sehr wichtige strategische Beteiligungen insbesondere im energiepolitischen Bereich, einerseits an der OMV, andererseits am Verbund. Was mich beim Verbund schon stört, ist, dass da die Verwaltung an die ÖBAG übertragen wird – nicht die Anteilsrechte, sondern die Verwaltung. Diesen Akt allein sehe ich schon als mögliche Gefährdung der Verfassungsbestimmung, wonach die Anteile des Verbundes zu mindestens 51 Prozent im Eigentum der Republik Österreich sein müssen. Daher und weil es sich um strategisch wichtige Beteiligungen im energiepolitischen Bereich handelt, ist mir dieses Veräußerungsverbot sehr, sehr wichtig, denn mit diesen Beteiligungen kann eminent Energiepolitik in diesem Land gemacht werden, und das sollte auch so sein.
Zu verhindern, dass da mutwillige Änderungen durchgeführt werden, war eines der wesentlichen Motive für meinen Abänderungsantrag. Zweites wesentliches Motiv war die Stärkung der Kontrollrechte durch den Aufsichtsrat. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)
21.52
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Abänderungsantrag
des Abgeordneten Mag. Rossmann und Kollegen
zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ÖIAG-Gesetz 2000, das Bundesimmobiliengesetz und das Finanzmarktstabilitätsgesetz geändert werden (367 d.B.), in der Fassung des Berichtes des Finanzausschusses
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird in Artikel 1 (Änderung des ÖIAG-Gesetzes 2000) wie folgt geändert:
a) In Ziffer 4 lautet die erste Zeile:
‚4. § 1 Abs 2 lit a bis f lautet:‘
b) In Ziffer 4 entfällt der Punkt am Ende (lit e) und wird durch einen Beistrich ersetzt.
c) In Ziffer 4 wird nach lit e eine lit f eingefügt:
‚f) die Kontrolle der Beteiligungsgesellschaften und das Einholen von Informationen und Berichten; beide Aufgaben erfolgen im Sinne des Art 20 Abs 1 und Art 52 Abs 1 und 2 B-VG für den zuständigen Bundesminister.‘
d) Nach Ziffer 12 wird eine Ziffer 12a eingefügt:
‚12a. Die Überschrift des § 5 lautet:
„Qualifikation, Wahl und Pflichten von Aufsichtsratsmitgliedern der Beteiligungsgesellschaften“ ‘
e) Ziffer 17 lautet:
‚17. § 5 Abs 5 lautet:
„(5) (Verfassungsbestimmung) Für Personalentscheidungen, welche eine Vorstandsposition in einer Beteiligungsgesellschaft betreffen, und für strategische Entscheidungen oder solche, welche wesentliche Veränderungen für einen erheblichen Teil der Belegschaft mit sich bringen oder einen erheblichen Teil des Unternehmensvermögens betreffen, sind von den von der ÖBAG entsandten Aufsichtsräten rechtzeitig Weisungen des Eigentümervertreters über das Stimmverhalten einzuholen. - Sämtliche Berichte aus den Beteiligungsgesellschaften gem. § 81 AktG sind unverzüglich dem Vorstand der ÖBAG und dem Eigentümervertreter weiterzuleiten. - Der Eigentümervertreter kann jederzeit von den Aufsichtsräten der Beteiligungsgesellschaften der ÖBAG, welche von der ÖBAG nominiert wurden, Informationen oder Berichte über alle Themen und Fragen anfordern, welcher einer Berichtsanforderung oder Überprüfung durch Aufsichtsräte iS des § 95 Abs 2 und 3 AktG zugänglich sind. Solche Informationen oder Berichte sind ohne Verzögerung an den Eigentümervertreter und den Vorstand der ÖBAG zu übermitteln.“ ‘
f) Nach Ziffer 17 wird eine Z 17a eingefügt:
‚17a. § 5 Abs 6 entfällt.‘
g) Ziffer 18 lautet:
‚18. § 6 samt Überschrift lautet:
„Vorstand
§ 6. (1) Die Geschäftsführung der ÖBAG obliegt dem Vorstand.
(2) Der Vorstand führt die Geschäfte der Gesellschaft unter eigener Verantwortung nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung sowie einer Geschäftsordnung, welche der Aufsichtsrat beschließt. Neben den in diesem Gesetz und in der Satzung festgelegten Aufgaben hat der Vorstand bezüglich der Beteiligungsgesellschaften insbesondere die Eigentümerinteressen in den Hauptversammlungen und Generalversammlungen wahrzunehmen und Verträge mit Dritten, welche die ÖBAG eingegangen ist, zu verwalten. Die Beteiligungsgesellschaften haben der ÖBAG alle für die im Gesetz oder im Gesellschaftsvertrag zur Erfüllung ihrer festgelegten Aufgaben erforderlichen Informationen unter Einhaltung der aktienrechtlichen und börsenrechtlichen Bestimmungen zur Verfügung zu stellen. Vor den Hauptversammlungen und Generalversammlungen der Beteiligungsgesellschaften sind rechtzeitig Weisungen des Eigentümervertreters über das Stimmverhalten einzuholen.
(3) Die Geschäftsführung der ÖBAG hat dafür Sorge zu tragen, dass in allen relevanten Verträgen und Regelwerken der Beteiligungsgesellschaften, insbesondere in Gesellschaftsverträgen, Satzungen und Syndikatsverträgen, die Aufgaben und Rechte des § 5 Abs 5 und dieses Paragraphen berücksichtigt werden.
(4) Die Satzung und die Geschäftsordnung können nähere Regelungen zur Geschäftsführung festlegen.
(5) Der Vorstand ist unter Einhaltung der aktienrechtlichen und börserechtlichen Bestimmungen verpflichtet, dem Bundesminister für Finanzen jederzeit über alle wesentlichen Angelegenheiten und Entscheidungen der ÖBAG zu berichten, über Aufforderung dem Bundesminister für Finanzen sämtliche Informationen unverzüglich zur Verfügung zu stellen und vierteljährlich einen schriftlichen Bericht zu allen wesentlichen Fragen der ÖBAG sowie zum Beteiligungsmanagement gemäß §§ 7 und 7a zu erstatten. Darüber hinaus berichtet der Vorstand unter Einhaltung der aktienrechtlichen und börserechtlichen Verpflichtungen einmal jährlich schriftlich der Bundesregierung über alle wesentlichen Angelegenheiten und Entscheidungen der ÖBAG.
(6) Die Funktion des Vorstands ist gemäß Stellenbesetzungsgesetz, BGBl. I Nr. 26/1998, auszuschreiben. Die Funktion des ersten Vorstands ist vom Aufsichtsrat unverzüglich nach seiner Wahl auszuschreiben. Bis zur Bestellung des ersten Vorstands führt ein vom Aufsichtsrat unverzüglich nach seiner Wahl zu bestellender interimistischer Vorstand die Geschäfte; dessen Bestellung unterliegt nicht dem Stellenbesetzungsgesetz.“ ‘
h) Ziffer 20 lautet:
‚20. § 7 Abs 3 lautet:
„Die ÖBAG ist berechtigt, zur Aufrechterhaltung ihres zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestehenden Einflusses und, soweit dies zur Einhaltung bestehender Verträge erforderlich ist, an Kapitalerhöhungen bei Beteiligungsgesellschaften teilzunehmen. Die ÖBAG darf ein Unterschreiten der Beteiligungsschwellen von 25, 50 oder 75 Prozent der Anteile am stimmberechtigten Grundkapital nur zulassen, wenn dafür ein Beschluss der Bundesregierung vorliegt. Für den Erwerb weiterer Anteile an bestehenden Beteiligungsgesellschaften bedarf es eines Beschlusses der Bundesregierung, wenn dadurch Beteiligungsschwellen von 25, 50 oder 75 Prozent der Anteile am stimmberechtigten Grundkapital überschritten werden.“ ‘
Erläuterungen zum Abänderungsantrag
ALLGEMEINES
Mit dem ÖIAG-Gesetz idF ÖBAG-Gesetz 2018 wird die Verwaltung des größten Teiles des Bundesvermögens neu festgelegt. Darüber hinaus handelt es sich um Beteiligungen, die zum Teil für die Infrastruktur der Republik von erheblicher Bedeutung sind.
Bereits seit langem wird in der Rechtswissenschaft und der Staatsrechtslehre darauf hingewiesen, dass durch Privatisierungen/Ausgliederungen Eingriffs- und Kontrollrechte der Hoheitsverwaltung nicht einfach aufgegeben werden dürfen1. Besonders Korinek machte deutlich, dass im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung Art 17 B-VG den Staat nur zu öffentlichen Zwecken zum privatwirtschaftlichen Verwaltungshandeln ermächtigt. Dies ergibt sich aus der systematischen Interpretation des Art 17 in Zusammenhang mit den Grundrechten, dem verfassungsrechtlichen Effizienzgebot, und auch dem demokratischen Prinzip.
Teilweise wurde darauf Rücksicht genommen, etwa im Bundesforste-Gesetz. Dort wird für wichtige Liegenschaftsgeschäfte eine Weisung des zuständigen BM an die von ihm nominierten Aufsichtsräte vorgeschrieben (teilweise in Verfassungsrang, teilweise einfachgesetzlich), und die Aufsichtsräte haben ein Vetorecht. Sowohl in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage als auch im Ausschussbericht wird auf die Wichtigkeit der Substanzerhaltung hingewiesen. Die Bundesregierung erwähnt das Vetorecht in § 9 Bundesforste-Gesetz im Zusammenhang mit der Verantwortung des BMF gemäß Bundesfinanzgesetz2.
Die Mehrheitsbeteiligungen an Post und Verbund (Übernahme der Beteiligungsverwaltung), und die qualifizierte Beteiligung an der ÖMV betreffen deutlich mehr Mitarbeiter und Vermögen als bei den Bundesforsten. Die Infrastruktur der genannten Unternehmen ist für Österreich ebenso bedeutsam.
Weil für alle wichtigen ausgelagerten Unternehmen des Staates die Kontrollmöglichkeiten im Sinne des Art 20 Abs 1 B-VG und die Kontrollrechte des Parlaments gem Art 52 Abs 1 u 2 B-VG gegeben sein sollten, wird die Ergänzung der Regierungsvorlage in dieser Hinsicht beantragt.
IM BESONDEREN
Zu a) bis c) des Antrages:
Es wird den wesentlichen Aufgaben der Gesellschaft die Kontrolle der Beteiligungsgesellschaften und das Einholen von Informationen und Berichten hinzugefügt. Dies ist im Sinne der zitierten Verfassungsbestimmungen.
Zu d):
Es werden nur die „Pflichten“ in die Überschrift des § 5 integriert, siehe den übernächsten Punkt.
Zu e):
Mit dieser Verfassungsbestimmung in § 5 Abs 5 werden die Informations- und Kontrollmöglichkeiten des BMF und des Vorstandes der ÖBAG in § 5 Abs 5 definiert. Da hier in einfachgesetzliche Vorgaben des Aktienrechtes eingegriffen wird, sollte diese Regelung in Verfassungsrang erfolgen, analog zur Vorgangsweise beim Bundesforste-Gesetz. Damit ist für den BMF die Informationstiefe wie bei den Aufsichtsräten der Beteiligungsunternehmen gewährleistet. Darüber hinaus kann der BMF in wesentlichen Entscheidungen (strategische Entscheidungen oder solche, welche wesentliche Veränderungen für einen erheblichen Teil der Belegschaft mit sich bringen oder einen erheblichen Teil des Unternehmensvermögens betreffen) den Aufsichtsräten Weisungen erteilen.
Zu g):
Diese Sätze des ÖBIB-Gesetzes in § 6 Abs 2 sollten beibehalten werden, es gibt keinen Grund, die Informationsbereitstellung bzw die Einholung von Weisungen vor den Hauptversammlungen und Generalversammlungen der Beteiligungsgesellschaften zu eliminieren.
Im neuen Abs 3 des § 6 wird sichergestellt, dass die durch diesen Antrag geschaffenen Verpflichtungen in allen relevanten Verträgen und Regelwerken der Beteiligungsgesellschaften, insbesondere in Gesellschaftsverträgen, Satzungen und Syndikatsverträgen gespiegelt werden.
Zu h):
Diese Einfügung in § 7 Abs 3 hat mit dem bisherigen Thema keinen direkten Berührungspunkt. Es entbehrt jedoch der Logik und des Gedankens der Substanzerhaltung, keine Genehmigung bei Unterschreiten der hier genannten Beteiligungsschranken einholen zu müssen.
1 Vgl Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung (1993) S 35 ff u 191; auch Kucsko-Stadlmayer, Verfassungsrechtliche Schranken der Reduzierung und Ausgliederung von Staatsaufgaben, in: ÖJK (Hrsg), Kritik und Fortschritt im Rechtsstaat (1998) zB S 187; Novak, Verfassungsrechtliche Grundsatzfragen, in: Funk (Hrsg), Die Besorgung öffentlicher Aufgaben durch Privat-rechtssubjekte (1981) S 41 ff.
2 428 d.B. XX. GP, S 238.
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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag des Abgeordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen auch schriftlich überreicht wurde und genügend unterstützt ist. Er steht somit mit in Verhandlung.
Im Hinblick auf seinen Umfang wurde der Antrag gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigt und verteilt. Im Übrigen wird dieser Antrag auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.
Zu Wort gemeldet hat sich nun der Herr Bundesminister. – Bitte schön.