20.38

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Vizekanzler! Ich kann meinem Vorredner nur beipflichten, es ist eine ein­stimmige Materie. Es ist keine großartige Sache, aber es entlastet jene, die in den Aus­schüssen sitzen, massiv bei ihren Reisekosten. Ich glaube, dass das eine vernünftige Regelung ist.

Lassen Sie mich aber diesen Tagesordnungspunkt auch für ein anderes Thema ver­wenden: Es ist eine etwas unanständige Forderung gekommen, nämlich die Rückfor­derung der Kosten für die Präsidentschaftswahl. Denkt man das zu Ende, dass das von einer Partei, die in der Regierung sitzt, eingeklagt wird, dann muss man sagen: Wenn der Amtshaftungsanspruch anerkannt wird, dann gibt es natürlich die Verpflich­tung zum Regress gegenüber den Beisitzern, wenn man das will – ich weiß es nicht, das fällt ja in den Bereich des Herrn Bundesminister Kickl, vielleicht will er das.

Der Regress gegenüber den Beisitzern ist nicht erlassbar. (Zwischenruf des Abg. Neu­bauer.) Daher halte ist es für unanständig, dass man die Republik klagt, wenn man selber in einer Regierung sitzt. Diesen Anspruch zu stellen halte ich schon für einen moralischen Verfall in dieser Republik. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ich kann über einen moralischen Verfall entscheiden, wenn ich glaube, dass die Moral, die notwendig ist, um in einer Regierung sein zu können, nicht mehr eingehalten wird.

Führt man den Gedanken zu Ende, stört mich aber noch viel mehr, dass man dann jenen, die freiwillig, zum Großteil unentgeltlich dort sitzen, den Regress in den Raum stellt. Das ist eine Art der Politik, die ich grundlegend verabscheue! Das ist pure Arro­ganz der Macht. (Beifall bei SPÖ und NEOS. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Deswegen bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz der freiwilligen Wahlbeisitzerinnen und Wahlbeisitzer“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Inneres werden aufge­fordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine gesetzliche Klar­stellung enthält und sicherstellt, dass die freiwilligen Wahlhelferinnen und Wahlhelfer von einem aufgrund der Klage der FPÖ allenfalls drohenden Regressanspruch der Re­publik Österreich ausgenommen sind.

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Sie haben jetzt die Gelegenheit, zuzustimmen oder dagegenzustimmen – dann wissen wir, dass Kickl das will. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Krainer: Da sind wir jetzt ge­spannt! – Abg. Leichtfried: Da werden sie ja wohl mitstimmen?!)

20.41

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wittmann, Genossinnen und Genossen

betreffend Schutz der freiwilligen Wahlbeisitzerinnen und Wahlbeisitzer

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 16 Bericht und Antrag des Verfassungs­ausschusses über ein Bundesgesetz, mit dem das Parlamentsmitarbeiterinnen und -mitarbeitergesetz geändert wird (468 d.B.)

Das genannte Gesetz regelt die Unterstützung der Abgeordneten und ist daher ein zentraler Bestandteil der parlamentarischen Demokratie auf Bundesebene. Österreich ist eine demokratische Republik. Das ist und bleibt sie nur durch faire und freie Wah­len. Für das Abhalten ebensolcher Wahlen ist die Republik dabei regelmäßig auf das freiwillige Engagement zigtausender engagierter Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Ohne diese Menschen, die bei jeder Wahl aufs Neue die Funktionsfähigkeit aller Wahl­lokale gewährleisten, verliert unsere Republik das Attribut demokratisch.

Nunmehr hat die FPÖ eine Klage eingebracht, mit der sie von der Republik 3,4 Millio­nen Euro Entschädigungen für angebliche Mehraufwendungen für die Verschiebung der Wahlwiederholung der Stichwahl zur Bundespräsidentenwahl erlitten habe. Ein solch dreistes, unverschämtes Vorhaben sucht vergeblich seinesgleichen – in der ge­samten Geschichte der 2. Republik.

Sollte die FPÖ mit dieser Klage erfolgreich sein, so könnte die Republik durch eine Zahlungsverpflichtung und um finanzielle Schäden von sich selbst abzuwenden ver­pflichtet sein, Regressforderungen gegenüber betroffenen Organen geltend zu ma­chen. Dies würde nach Aussagen renommierter Verfassungsexperten auch die freiwil­ligen Wahlbeisitzerinnen und Wahlbeisitzer treffen.

Dass eine durch öffentliche Gelder finanzierte Partei, die ihre Wahlkampfkosten beim Nationalratswahlkampf 2017 um rund 50 Prozent des Erlaubten überschritten hat, eine verlorene Wahl ausgerechnet dazu nutzt, um mit öffentlichen Geldern eine Klage zu finanzieren, die sich letztlich gegen jene Menschen richtet, die durch ihren Einsatz die Demokratie aufrechterhalten, darf nicht sein.

Es ist daher dringend notwendig, die von möglichen Regressforderungen betroffenen Beisitzerinnen und Beisitzer zu schützen. Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Inneres werden aufge­fordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine gesetzliche Klar­stellung enthält und sicherstellt, dass die freiwilligen Wahlbeisitzerinnen und Wahlbei­sitzer von einem aufgrund von Klagen wahlwerbender Gruppierungen entstandenen Amtshaftungsanspruch allenfalls drohenden Regressanspruch der Republik Österreich ausgenommen sind.

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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Antrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt der Herr Vizekanzler. – Bitte, Herr Vizekanzler.