21.49

Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Heinz-Christian Strache: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ja, das ist ein wesentliches Thema, wo man vielleicht auf ein paar Dinge, die da ab­seits des Themas eingeworfen worden sind, ganz kurz eingehen sollte.

Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff hat bemängelt, dass ich in meiner Selbstbe­stimmtheit etwas tue, was er nicht mag und was er ablehnt (Abg. Meinl-Reisinger: Sie können ruhig rauchen!), und dass ich keine Vorbildwirkung habe. Ja, ich nehme zur Kenntnis, dass die Liberalität der NEOS-Abgeordneten doch nicht so weit reicht und man Menschen sogar bis in den privaten Entscheidungsbereich etwas vorschreiben will. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Sie dürfen gerne rau­chen, das ist mir wirklich egal!)

Ich erinnere vielleicht, dass einer meiner Vorgänger als Sportminister Hans Peter Dos­kozil war, der im Übrigen auch Raucher war. Ich sage, es tut nichts zur Sache, was er privat macht, weil es nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun hat. (Abg. Meinl-Rei­singer: Es ist uns egal, ob Sie rauchen oder nicht!) Weil Sie es angesprochen haben, glaube ich, ist es doch wichtig festzuhalten: Es geht natürlich um die freie Wahlent­scheidung mündiger Bürger, die das für sich selbst entscheiden sollen. Ob das ein Spitzensportler ist oder ein Breitensportler ist: Ob jemand raucht oder nicht raucht, ist ausschließlich private Angelegenheit der jeweiligen Person.

Lieber Hermann, du hast heute gesagt, da ist viel zu tun. Da hast du vollkommen recht, das aber ausgehend von der Ausgangsposition, die ich als Sportminister übernommen habe. Wir hatten doch die letzten zwölf Jahre vor meiner Amtszeit Sportminister, die etwas hinterlassen haben. Das, was sie hinterlassen haben, ist ja messbar, genauso wie messbar sein wird, was wir in den nächsten Jahren, in dieser Legislaturperiode im Bereich des Sports weiterbringen werden; das ist ja alles messbar. Messbar ist, dass in den letzten zwölf Jahren viele Minister den Sport leider als lästiges Beiwagerl mitge­nommen haben und den Sport nicht wirklich als einen wesentlichen gesellschafts­politischen Wert erkannt und erfasst haben.

Leider ist in den letzten Jahren vieles in die falsche Richtung gelaufen. Wenn wir von einer täglichen Sport- und Bewegungseinheit sprechen, ist messbar, dass im Bereich des Kindergartens und der Volksschule heute nur 40 Prozent aller Kindergärten und Volksschulen eine durch das Sportministerium finanzierte – und über die Dachverbän­de, die die Ausführung sicherstellen, zum Glück auch ermöglichte – tägliche Bewe­gungseinheit haben.

Das heißt, ich habe von meinen Vorgängern eine nur 40-prozentige Abdeckung der täglichen Sport- und Bewegungseinheit in Kindergärten und Volksschulen übernom­men. Mein Anspruch ist es, diesen skandalösen, fatalen und negativen Zustand in die­ser Periode – bis zum Jahr 2022 – von 40 Prozent Abdeckung auf 100 Prozent Abde­ckung aller Kindergärten und Volksschulen zu verbessern. Daran werden wir dann zu messen sein, das ist vollkommen richtig. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Von dieser realen Grundlage sollten wir auch fair ausgehen und dann auch die Mes­sungen dessen anstreben, was in dieser Periode ganz konkret passiert ist und was weitergegangen ist.

Und ja, wir haben zwei Initiativen, nämlich „Kinder gesund bewegen“ und die „Tägliche Bewegungs- und Sporteinheit“, und wir führen diese beiden jetzt zu einer Gesamtinitia­tive zusammen. Das Ziel ist natürlich eine Neukonzeption, mit der wir mit diesem Schuljahr begonnen haben, nämlich die Initiative „Tägliche Bewegungs- und Sportein­heit“ auf den Bereich der Primarstufe konzentriert sicherzustellen und mit den derzeiti­gen finanziellen Bedeckungsmöglichkeiten dieses Projekt zu ermöglichen. Supplierun­gen sind ab dem Schuljahr 2018/2019 schulseitig zu leisten. Das gehen wir an!

Für das Schuljahr 2018/2019 besteht Wahlfreiheit zwischen den beiden Initiativen, da­her kann in Abstimmung mit dem betreuenden Landesverband zwischen der Umset­zung von „Kinder gesund bewegen“ und der Umsetzung von „Tägliche Bewegungs- und Sporteinheit“ unabhängig von Region und der Entscheidung umliegender Schulen gewählt werden. Das ist einmal der erste richtige Ansatz. So wird sichergestellt, dass zumindest in der Primarstufe über Initiative des Sportministers durchgängig eine quali­tativ hochwertige Bewegungseinheit angeboten und von den Schulen beziehungsweise Betreuungseinrichtungen genutzt wird.

Mit der Mehrinvestition, die wir vornehmen, haben wir den Zielanspruch, von heute 40 Prozent bis 2022 auf 100 Prozent Abdeckung zu kommen. Das ist eine Riesenleis­tung, weil es sogar mehr als eine Verdoppelung der Ausgangsposition wäre; nur um das noch einmal festzuhalten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Eine Ausrollung der täglichen Bewegungs- und Sporteinheit auf den kompletten Pflicht­schulbereich ist dann natürlich das weitere Ziel. Wenn man so will, ist das – bei dem Ausgangszustand, den ich vorgefunden habe – das Meisterstück, die Kür, das Sahne­häubchen. Auch dort werde ich nicht nachlassen. Und ja, es ist unser Anspruch, und da sind wir in Verhandlungen mit dem Bildungsministerium und mit dem Gesundheits­ministerium, ab dem Jahr 2020 auch die Ausweitung von der Primarstufe auf die Pflichtschulen beginnen zu können; natürlich von der realpolitischen Ausgangsposition ausgehend, dass dort heute nichts vorhanden ist und wir in Zukunft nicht gleich 100 Prozent abdecken werden. Um dort auf Dauer eine 100-prozentige Abdeckung si­cherstellen zu können, benötigt das Sportministerium pro Jahr ein Plus, ein zusätz­liches Budget von 55 Millionen Euro. Jeder, der das Sportbudget kennt, weiß, dass das natürlich eine unglaubliche zusätzliche Summe ist, und daher wird das nur als Quer­schnittsmaterie nach Verhandlungen mit dem Bildungsministerium, mit dem Gesund­heitsministerium und natürlich auch im Zusammenhang mit einer großen Steuerreform möglich werden. Ich habe den Anspruch, die negativen Entwicklungen der letzten 20 Jahre in diesem Bereich nachhaltig zu korrigieren.

Jeder Euro, den wir bei den Kindern von klein auf – vom Kindergarten bis zum Ende des Pflichtschulsystems – einsetzen, spart uns auf Dauer 5 Euro im Gesundheitssys­tem.

Da bin ich genau bei dir, da hast du vollkommen recht: Jede zusätzliche Investition er­spart uns und unserer Gesellschaft auf Dauer Geld, und deshalb ist sie so notwendig und so wichtig, und deshalb kämpfe ich wie ein Löwe dafür, dass wir da endlich auch nachhaltig etwas weiterbringen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Auch die Einbindung österreichischer Athletinnen und Athleten als Vorbilder an den ös­terreichischen Schulen soll im Rahmen der Initiative „Mach den ersten Schritt“ erfolgen und vertieft werden. Ich sage, das sind die Helden, das sind die Vorbilder, und wenn man diese an die Schulen bringt, dann werden die Kinder – mit großer Aufmerksam­keit – vielleicht erst recht verstärkt für Bewegung gewonnen werden können. Das alles soll in Absprache mit den Sportfachverbänden im Rahmen der neuen Initiative „Kinder gesund bewegen“ passieren.

Heute wurde als einziger Kritikpunkt die Frühtestung angesprochen. Das verstehe ich nicht ganz. Warum? – Man kann natürlich auch einen positiven Zugang dazu haben, nämlich das als eine Art sportmotorischen Pisa-Test zu sehen, mit dem wir bei Kindern in der Volksschule frühzeitig feststellen können, ob sie bereits einen Purzelbaum, ge­wisse Grundbewegungen, eine Rolle rückwärts oder was auch immer machen können oder nicht, weil es da oder dort im Schulbereich noch immer ein Versagen gibt.

Das frühzeitig erkennen zu können, da gegensteuern zu können, ist ein ganz wesent­licher Ansatz. Wenn wir frühzeitig Defizite an den Schulen erkennen und dort ausmer­zen und korrigieren können, gibt es nämlich keine Verlierer, sondern ausschließlich Sieger. Das ist der eine Ansatz neben dem anderen Ansatz. Natürlich werden auch da oder dort Talente erkannt werden, die man wiederum frühzeitig den Vereinen zugu­tekommen lassen kann, mit Vereinen in Verbindung bringen kann. Man kann mit den Eltern reden und sagen: Ihr Kind hat ein spezielles Talent. Es wäre vielleicht gut, wenn Sie Ihr Kind nach der Schule noch in einen Verein geben, damit es dort weiter Sport macht und dieses Talent gefördert wird. – Das alles macht Sinn und ist nicht etwas, das Kinder in eine missliche Lage oder missliche Situation bringt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

So gesehen wäre es wünschenswert, frühzeitig anzusetzen. Wir wissen, dass die jun­gen Männer, die heute bei der Musterung vorstellig werden, im Vergleich zu von vor 20 Jahren oftmals katastrophale Ergebnisse zeitigen. Wir müssen dort mit einer hohen Prozentualität feststellen, dass aufgrund der negativen Entwicklungen im Schulsys­tem – vom Kindergarten beginnend ins Pflichtschulsystem hinein – Kinder offenbar nicht mehr für Bewegung begeistert werden können. Genau das gehört frühzeitig kor­rigiert.

Herr Hoyos-Trauttmansdorff hat zu Recht gesagt, man sollte auch zwischendurch – ich sage, nach 50 Minuten Schulunterricht – Anreize setzen, 5-minütige Bewegungs- und Sportimpulse. Da hat er vollkommen recht. Es zeigen auch alle Studien international, dass Kinder, denen man den Unterricht in Mathematik, Deutsch oder im Bereich der Fremdsprachen gekürzt hat und dafür mehr Bewegung und mehr Sporteinheiten mög­lich gemacht hat, höhere Konzentrationsfähigkeit, mehr Leistungsfreude und auch bes­sere Ergebnisse beim Lernen gezeitigt haben. (Abg. Jarolim: Wer sagt das?)

Das heißt: Alle Studien zeigen uns, dass es in den letzten 20 Jahren falsch gemacht worden ist (Abg. Heinisch-Hosek: Das war Schwarz-Blau I!), und ich hoffe, dass wir mit dieser Regierung auf Basis der Studien die richtigen Anreize und Umsetzungen si­cherstellen werden. Das garantiere ich. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Leichtfried: Gibt es keine Redezeit?)

So gesehen bin ich froh, dass das Parlament so viele Initiativen einbringt, denn es stimmt natürlich, ich war 13 Jahre lang Abgeordneter und habe es als Abgeordneter 13 Jahre lang erleben müssen, dass der Sportausschuss vielleicht einmal pro Jahr getagt hat, dass es niemals Materien zu diesem Thema gegeben hat, dass der Sport immer vernachlässigt wurde, obwohl er einen solch großen gesellschaftspolitischen Stellenwert hat. So gesehen: Danke an alle Abgeordneten für diese richtigen und wich­tigen Anträge! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Wöginger: Es lebe das Parlament! Bravo! – Abg. Wittmann: Wo war der Mittelteil?)

22.01

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Wasser­mann. – Bitte.