11.16

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Liebe Frau Hartinger-Klein! (Der Redner stellt eine türkis-blaue Tafel mit der Aufschrift „Statt Drei-Klassen-Medizin“, „Beste Medizin für alle!“ und einem Bild, das ein Gebiss zeigt, das in zwei unterschiedliche Teile geteilt ist, wobei auf einer Seite gesunde Zähne und auf der anderen Seite verfärbte Zähne abgebildet sind, auf das Rednerpult.) Herr Abgeordneter Strasser hat völlig recht, die Bauern haben sich eine gute soziale Absicherung verdient, und die Sozialdemokratie hat sie 1973 eingeführt; Bruno Kreisky war es. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe (Ruf bei der ÖVP: Nichts zusammengebracht! – Heiterkeit bei der FPÖ) 2008 von Schwarz-Blau das Gesundheitsministerium übernommen, am 2. Dezember 2008. Ich habe dieses Gesundheitssystem mit einem Schuldenstand von 1 Milliarde und 100 Millionen Euro übernehmen müssen. Schwarz-Blau (Abg. Kassegger: War aber nur bis 2006!) hat sich in dieser Zeit bemüht, Selbstbehalte einzuführen, Ambulanz­gebühren einzuführen (Abg. Belakowitsch: Ich glaube, Kollege Stöger, historisch bringen Sie da jetzt einiges durcheinander!) und immer wieder die Mittel für die Krankenkassen der Arbeiter und Angestellten wegzunehmen. (Abg. Belakowitsch: Sie wissen, dass das nicht stimmt!) Ich habe am 1. September 2014 die Gebietskranken­kassen mit einem jährlichen Plus von 218 Millionen Euro weitergegeben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Deimek: ... Vertragsärzte ... unter jeder Kritik! Da ist leicht sparen, am Patienten!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Hören Sie jetzt genau zu! Was Schwarz-Blau da jetzt machen will, ist, ein neues Verhältnis einzuführen, eine Rückkehr ins 18. Jahrhundert. Sie wollen nämlich wieder ein Verhältnis von Herr und Knecht einführen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Deimek: ... ein Jahr Wartezeit! Das haben Sie zu verantworten!)

Die Knechte, die Arbeiter und Angestellten, dürfen nicht mehr entscheiden, wie ihre Leistungen sind. Nein, das werden wieder die Herren tun. (Abg. Gudenus: Da gibt’s auch Damen, vielleicht!) Die Unternehmer werden entscheiden.

Ich sage das noch einmal: das Verhältnis von Herr und Knecht. Und es war der Erfolg, dass die Sozialversicherung die Demokratie entwickelt hat. Ich habe das vorgestern schon ausgeführt: Es war die Bürgerbewegung, die Europa zu dem gemacht hat, was es heute ist. (Abg. Gudenus: Die Gelben Westen!)

Es sagen alle Verfassungsexperten, dass dieses Sozialversicherungs-Organisations­gesetz verfassungswidrig ist. Das sagen alle (Ruf bei der FPÖ: Alle von der SPÖ!), und ihr könntet darauf auch hinweisen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erinnern Sie sich, ich habe das im Jahr 2003 erlebt: Damals ist Schwarz-Blau angetreten und hat uns das Blaue vom Himmel bei der Pension versprochen. Was Schwarz-Blau tatsächlich gemacht hat, ist – und jeder, der heute ins Pensionsalter kommt, spürt das, jede Frau, die Teilzeit beschäftigt ist, spürt das –, den Durchrechnungszeitraum von den besten 15 Jahren auf die Lebenszeit zu erhöhen! (Abg. Neubauer: ..., dass es heute überhaupt noch Pensionen gibt! – Wo leben denn Sie? Sie haben doch keine Ahnung!)

Und das hat dazu geführt, dass Schwarz-Blau die Pensionen für alle massiv reduziert hat. Es wirkt nicht morgen, nein, es dauert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Wo leben Sie? Sie haben doch keine Ahnung!)

Schwarz-Blau hat auch Regelungen bei den Pensionen nach langer Versicherungs­dauer abgeschafft. Das führt dazu, dass viele Menschen, nachdem sie lange auf der Baustelle gearbeitet haben, lange in der Industrie gearbeitet haben, sie nicht mehr mit 60 in Anspruch nehmen können. Ich sage Ihnen das deshalb, weil Schwarz-Blau mit diesem Gesetz jetzt den nächsten Schritt dazu setzt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Sie machen das in der Art, dass Sie – und ich sage das sehr deutlich – Funktionäre schlechtmachen. Ich war bei einer Veranstaltung, und dort hat jemand gesagt: Funktionäre braucht man, damit etwas funktioniert. – Und damit das System eben nicht mehr funktioniert, will man die Funktionäre nicht mehr haben. Man will das System funktionsunfähig machen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zanger: Zu viele Funktionäre machen auch alles funktionsunfähig!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Stellen Sie sich vor, bei der Feuerwehr gibt es keine Funktionäre mehr! – Es sind die Funktionäre, die darauf achten, dass dann jemand da ist, wenn man jemanden braucht. Das war so!

Deshalb frage ich auch die ÖVP noch einmal: War Herr Karl Donabauer (Ruf bei der ÖVP: Eine Legende!) ein schlechter Kassenobmann? (Nein-Rufe bei der ÖVP.) War Herr Karlheinz Kopf ein schlechter stellvertretender Kassenobmann? (Nein-Rufe bei der ÖVP.) War Herr Fritz Neugebauer ein schlechter Kassenobmann? (Abg. Wöginger: Er ist es noch!) – Schon gar nicht. Warum lassen Sie dann nicht mehr zu, dass Menschen, die hier im Parlament sitzen, auch Kassenobmänner sein dürfen? Warum lassen Sie nicht mehr zu, dass diese Menschen, die jetzt die Verantwortung tragen, auch bei der neuen Entwicklung dabei sein können? Wollen Sie das nicht mehr? Warum tun Sie das? – Das könnten Sie mir erklären. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Gestatten Sie mir, noch etwas zu Herrn Abgeordnetem Wöginger zu sagen! Lieber Gust, du wirst den Menschen in Schärding erklären müssen, was du heute anrichtest! Die Arbeiter und Angestellten werden weniger Leistungen in Anspruch nehmen können. Du wirst ihnen erklären müssen, was es dann bedeutet, wenn man die Gebietskrankenkassenstelle auflösen muss, wenn man keine ärztliche Versorgung mehr hat. Du wirst den Beschäftigten des Roten Kreuzes Oberösterreich erklären müssen, weshalb die notwendigen Mittel für eine vernünftige Versorgung für das Rote Kreuz nicht mehr zur Verfügung stehen; nicht nur für den Krankentransport, sondern auch für die vielen Sozialleistungen, die das Rote Kreuz auch umsetzt.

Ich werde dafür sorgen, dass jeder Österreicher und jede Österreicherin erkennt, wer da die Verantwortung trägt. Lieber Gust Wöginger, ehe der Hahn zwei Mal kräht (Rufe bei der ÖVP: Drei Mal!), hast du die Arbeitnehmer drei Mal verraten! (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Liebe Mitglieder des ÖVP-Klubs, Lois Weinberger und Leopold Kunschak drehen sich jetzt im Grab um! (Beifall bei der SPÖ.)

11.23

Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Herr Präsident Sobotka hat während seiner Vorsitzführung aufgrund einer Reihe von tatsächlichen Berichtigungen, die zum Teil auch Wortmeldungen zur Geschäftsordnung waren und nur in die Nähe von möglicherweise tatsächlichen Berichtigungen gegangen sind, gesagt, dass Wortmeldungen zu tatsächlichen Berichtigungen am Ende dieser Debatte aufgerufen werden.

Da derartige Wortmeldungen meiner Ansicht nach der laufenden Debatte geschuldet sind, werde ich jetzt eine tatsächliche Berichtigung – eine liegt mir vor – zum Aufruf bringen.

Ich werde in der Präsidialkonferenz mit allen Mitgliedern darüber noch einmal ein Gespräch führen, wie wir das in Zukunft handhaben können.

Ich weise jetzt darauf hin, dass wir klare Geschäftsordnungsregelungen haben. Das be­deutet, dass bei tatsächlichen Berichtigungen zuerst die Wiedergabe der zu be­richti­gen­den Behauptung erfolgen muss und in der Folge dann eben der berichtigte Sachver­halt; und es handelt sich dabei um einen Sachverhalt und nicht um eine Meinung.

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In diesem Sinne erteile ich jetzt Ihnen, Frau Abgeordnete Dr.in Belakowitsch, das Wort zu einer tatsächlichen Berichtigung. (Abg. Povysil, die schon auf dem Weg zum Rednerpult war, bleibt in den Bankreihen stehen und drückt mittels Gesten Verwun­derung aus.)