13.54

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren im Plenum, auf der Galerie und vor den Fernsehbildschirmen! Im Unterschied zu meiner Vorrednerin wird mir als Ärztin und Politikerin jetzt wirklich warm ums Herz, wenn ich sehe, was die Frau Ministerin in diesem Jahr an Reformen und Neuerungen im Gesundheitssystem gebracht hat. Beginnend bei der Sozialversicherungsreform über das Ärztegesetz, das wir gerade besprochen haben, bis hin zum Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, das jetzt zur Diskussion steht. Österreich hat hochqualifizierte - - (Abgeordnete der SPÖ halten ein Transparent mit der Aufschrift: „Beste Medizin für alle statt VIP-Klasse für Reiche!“ in die Höhe sowie türkis-blaue Tafeln mit der Aufschrift „Statt Drei-Klassen-Medizin“, „Beste Medizin für alle!“ und einem Bild, das ein Gebiss zeigt, das in zwei unter­schiedliche Teile geteilt ist, wobei auf einer Seite gesunde Zähne und auf der anderen Seite verfärbte Zähne abgebildet sind.)

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Frau Abgeordnete, darf ich Sie ganz kurz unter­brechen? Vielen Dank für die schönen Plakate (in Richtung SPÖ), die Sie sich Mühe gegeben haben zu entwerfen, aber wir haben sie schon einmal gesehen. Ich bitte darum, sie wieder einzupacken. – Danke schön. (Ruf bei der ÖVP: Das habt ihr schon gehabt! – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Sie werden nicht besser! – Abg. Rädler: Höher halten! Höher! – Ruf: Der Vorteil ist, dass man den Krainer nicht sieht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist schon genug, es haben schon alle gesehen. Vielen Dank.

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (fortsetzend): Wie die Frau Präsidentin gesagt hat, wäre es sehr schön, wenn Sie das wieder einpacken würden. Danke. Wir haben es gesehen und zur Kenntnis genommen. (Abg. Krainer: Es ist die Wahrheit, die tut Ihnen weh – das verstehe ich schon!)

Nun, wir sind auch bei der Spitalshäufigkeit Weltmeister, nicht nur in der Qualifikation unserer Spitäler. Das heißt, wir haben sehr viele Patienten, die zuerst ein Spital auf­suchen, bevor sie andere Gesundheitseinrichtungen in Anspruch nehmen. Die Medizin entwickelt sich allerdings weiter und die Spitalsaufenthalte werden kürzer. Es ist möglich, mehr medizinische Leistungen im ambulanten, im niedergelassenen Bereich durchführen zu lassen und nicht ins Spital zu gehen und dort Tage und Wochen zu verbringen. Diesem Umstand trägt die Novelle dieses Krankenanstalten- und Kuran­stal­ten­gesetzes Rechnung, und sie ermöglicht auch die Umsetzung des Österreichi­schen Strukturplans Gesundheit 2017.

Was hat dieser Gesetzentwurf in sich? Was will er bewirken? – Die Organisations­formen werden auf der einen Seite in den Spitälern flexibler, die Spitalsaufenthalte kürzer, die Öffnungszeiten sind flexibler, die Zusammenarbeit zwischen Spital und nie­der­gelassenem Arzt wird besser geregelt, die Aufenthalte werden planbar und dem regionalen Bedarf angepasst. Auf der anderen Seite werden über ambulante Erstversorgungseinheiten die Patienten im Krankenhaus mit einer schnellen Entschei­dung entweder aufgenommen, kurz beobachtet oder, wenn wirklich notwendig, ins Spital aufgenommen und dort auch behandelt.

Der Wandel der Medizin zeigt auch Folgendes: Früher haben viele Fächer vor sich hin gearbeitet – ich bin Radiologin, ein Radiologe ist früher vor einem Bild gesessen und hat das befundet –, heute hingegen arbeitet man interdisziplinär. Es kommen Radio­logen, Chirurgen, Internisten, viele Fächer zusammen, um sich das Krankheitsbild eines Patienten gemeinsam anzuschauen und dann gemeinsam für diesen Patienten zu arbeiten und zu handeln. Ihnen ist es jetzt auch möglich, Stationen interdisziplinär zu nutzen, das heißt, man kann einen Patienten mit einem chirurgischen Problem nicht mehr nur auf der Chirurgie aufnehmen, sondern auch auf anderen Abteilungen, je nachdem, wie es gerade notwendig ist.

Wir sprechen über Krankenhäuser und über Aufenthalte im Krankenhaus: Diese wer­den kürzer, wir achten aber auch darauf, dass bei einem längeren Krankenhaus­aufenthalt die Krankenhauskeime genau angezeigt und beobachtet werden, damit der Aufenthalt nicht durch einen Keim, den man sich im Krankenhaus holt, noch zusätzlich verlängert wird.

Das heißt, die Verlagerung von stationär nach ambulant, die Ermöglichung kürzerer Aufenthalte, die Möglichkeit für ältere Patienten, nach Hause gehen zu können, für Patienten, denen es gut geht, sind zum einen politischer Wille, zum anderen aber auch eine Entwicklung und eine medizinische Tatsache.

Da hat man nun in den Erläuterungen zum Gesetz die Zusatzversicherungen in die Pflicht genommen, ihre Leistungen, die sie vorher schon im stationären Bereich er­bracht haben, nun auch ambulant zu erbringen. Wie muss man sich das vorstellen? – Wenn Sie zum Beispiel früher wegen einer Operation des grauen Stars zwei Tage im Spital gelegen sind, so können Sie das jetzt ambulant durchführen lassen. Sie haben also eine halbe Stunde oder Stunde die Operation, ruhen sich dann aus, sind bei guter Gesundheit und können dann nach Hause gehen. Im einen Fall würde Ihre Zusatzversicherung, so Sie eine haben, zahlen, im anderen Fall zahlt sie nicht.

Wenn sie nicht zahlt, dann entgeht dem Spital ein unglaublich großer Kostenbeitrag. Zum Beispiel würde das für die Finanzierung der Krankenanstalten in Oberösterreich ein Defizit von 3 Millionen Euro bedeuten. Wir haben 1,8 Millionen zusatzversicherte Patienten, und diese zusatzversicherten Patienten finanzieren das Gesundheitssystem mit 880 Millionen Euro mit. Das heißt, allein bei den Krankenanstalten finanzieren 10 Prozent der Patienten 30 Prozent aller Leistungen mit. Das können wir uns nicht entgehen lassen, das brauchen wir auch als finanzielle Leistung für die Kranken­anstalten.

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Ich muss leider sagen, Sie haben Milliarden – 1,8 Milliarden Euro – im Bereich des Krankenhauses Nord einfach ver­schleudert, und in Ihren Ambulanzen warten die Patienten 8 Stunden lang. (Abg. Leichtfried: Aber keine Businessclass, wie Sie möchten! – Zwischenruf des Abg. Krainer.) Man wartet in Wien dank Ihrer sozialdemokratischen Gesundheitspolitik 8 Stunden (Abg. Krainer: Deshalb kommen alle aus den Bundesländern her!), und daher, meine Damen und Herren, gibt es überhaupt keine Kritik, die man in diesem Fall von Ihrer Seite annehmen kann. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Krainer: Wie viele Wiener fahren nach Niederösterreich?)

Sie haben 1,8 Milliarden Euro beim Krankenhaus Nord verschleudert! Meine Damen und Herren, stellen Sie sich das vor! 8 Stunden Wartezeit in der Ambulanz! (Abg. Klaus Uwe Feichtinger: Ist ja noch gar nicht eröffnet!) Uns ist es ein Anliegen, die Krankenanstalten in ihrer finanziellen Situation und ihrer Struktur so zu gestalten, dass sie wirklich dafür da sind, Patienten schnell, qualifiziert und gut zu behandeln. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da die Sozialdemokratie massive Verunsicherung der Patienten betreibt (Abg. Kucher: Das habt schon ihr gemacht! – Abg. Leichtfried: Jetzt verteidigen Sie endlich die Businessklasse! Wir möchten hören, warum ...!) – wie sie es ja schon bei der Sozial­versicherungsreform gemacht hat, wie sie es jetzt auch wieder bei den Kranken­anstalten macht –, möchte ich hier einen Entschließungsantrag einbringen (Abg. Leichtfried: Wieso machen Sie keine Gesetzesänderung?), der Ihnen noch einmal versichern soll, dass wir darauf achten, dass ein zusatzversicherter Patient – wie ich es jetzt schon drei Mal im Rahmen einer tatsächlichen Berichtigung gesagt habe – nicht besser behandelt wird als ein Patient der allgemeinen Versicherungsklasse. (Abg. Leichtfried: Der Herr Kurz hat gesagt, es kommt eine Gesetzesänderung!)

Daher bringe ich folgenden Antrag ein (Abg. Rendi-Wagner: Wo ist die Gesetzes­änderung?):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Dr. Brigitte Povysil, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Keine Benachteiligung von Patent/innen der allgemeinen Gebührenklasse beim Zugang zu medizinischen Leistungen in LKF-finanzierten Krankenanstalten“ (Abg. Leichtfried: Sagen Sie, warum das nur ein Unselbständiger Entschließungs­antrag ist, der keine Rechtswirkung hat? Das ist ein Fake-Antrag! – Abg. Gudenus: Ein Entschließungsantrag!)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, werden ersucht, im Rahmen der Zielsteuerung Gesundheit einschließlich eines geeigneten Monitoring sicherzu­stel­len, dass auch im spitalsambulanten Bereich in LKF-finanzierten Krankenanstalten keine Unterschiede bei der Behandlung (insbesondere Umfang und Qualität) sowie beim Zugang zur medizinischen Leistung (insbesondere Terminvergabe und Warte­zeiten) zwischen Patient/innen der allgemeinen Gebührenklasse und Patient/innen mit Sondergebührenverrechnung gemacht werden und die Mitglieder des Gesundheitsaus­schusses über das Ergebnis zu informieren.

Erforderlichenfalls soll eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erfolgen.“ (Abg. Leichtfried: Und freuen Sie sich auf die Businessclass für Reiche?)

*****

Meine Damen und Herren! Lassen Sie sich nicht scheu machen! Lassen Sie sich nicht panisch machen! Wir achten darauf, dass es da keine Unterschiede gibt. Die Frau Ministerin wird das monitoren (Abg. Leichtfried: Das auch noch! Um Gottes willen!), darf und muss dann uns als Abgeordneten zur Verfügung stehen und uns berichten, wie es wirklich abgelaufen ist, sodass mit Sicherheit nichts passieren kann.

Es ist ein politisches Spiel, nicht mehr und nicht weniger, und es hat nichts, absolut nichts mit medizinischen Tatsachen zu tun. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.04

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabi Schwarz, Dr. Brigitte Povysil

Kolleginnen und Kollegen

Betreffend: Keine Benachteiligung von Patent/innen der allgemeinen Gebührenklasse beim Zugang zu medizinischen Leistungen in LKF-finanzierten Krankenanstalten

Eingebracht in der NR-Sitzung am 13. Dezember 2018 im Zuge der Beratungen zur Regierungsvorlage 374 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten geändert wird (KAKuG-Novelle 2018) idF des Ausschussberichts 439 d.B.

Mit der gegenständlichen Novelle des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (374 d.B.) wird einmal mehr die Patientenversorgung in Österreichs Kran­kenhäusern in den Mittelpunkt gestellt. So werden in Zukunft die Formen für Organi­sationseinheiten flexibilisiert und vereinfacht. Ein besonders wichtiger Schwerpunkt ist auch die Dokumentation und Bekämpfung sogenannter Krankenhauskeime, welche gerade für ältere und geschwächte Patientinnen/Patienten eine Gefahr darstellen kön­nen, da sie hoch infektiös sind und starke Resistenzen aufweisen.

Im Zuge der Begutachtung dieser Novelle wurde von einigen Bundesländern, der Stadt Wien, der Österreichischen Ärztekammer und dem Verband der Versicherungs­unter­neh­men Österreichs eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Einhebung von Sonderklassegebühren im ambulanten Bereich gefordert. Dies vor dem Hintergrund des ab 2019 verpflichtend anzuwendenden spitalsambulanten Abrechnungsmodells im Rahmen der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung. Dieses sieht vor, dass bisher stationär abgerechnete tagesklinische Fälle sowie Eintagesaufenthalte ab 1. Jänner 2019 ambulant erbracht und abgerechnet werden. Dadurch wird die medizi­nisch und gesamtwirtschaftlich begründete Verlagerung bisher stationärer Leistungen in den ambulanten Bereich unterstützt, was ein wesentliches Thema der Zielsteuerung-Gesundheit ist.

Die genannten Stellungnahmen begründen den Vorschlag im Wesentlichen damit, dass Patientinnen/Patienten, die bisher im stationären Bereich durch Zuzahlungen Sonderklasseleistungen in Anspruch nehmen konnten, dies auch weiterhin bei ambu­lanter Behandlung nutzen können sollen. Ein Verbot von Sondergebühren würde dazu führen, dass zusatzversicherte Patientinnen und Patienten in den Bereich der privaten Krankenanstalten abwandern und so dem öffentlichen Gesundheitswesen wesentliche Einnahmen entgehen.

In rechtlicher Hinsicht ist dazu festzuhalten, dass § 27 Abs. 4 KAKuG in der seit 1996 geltenden Form, der durch die nunmehr vorliegende Novelle nicht geändert wird, schon bisher die Festsetzung von Sondergebühren für den spitalsambulanten Bereich ermög­lichte.

Im Zusammenhang mit der öffentlichen Diskussion über eine Zwei-Klassen-Medizin wird weiters ausdrücklich festgehalten, dass es gemäß § 16 KAKuG in öffentlichen oder gemeinnützigen Krankenanstalten keinen Unterschied bei medizinischen und pflegerischen Leistungen sowie beim Zeitpunkt der Behandlung zwischen Patient/innen der allgemeinen Gebührenklasse und Patienten mit Sondergebührenverrechnung ge­ben darf. Sowohl die medizinischen und pflegerischen Leistungen als auch der Zeit­punkt der Behandlung ergibt sich ausschließlich auf Grund des Bedarfs der/des jeweiligen Patientin/Patienten.

Auch in Zukunft muss gewährleistet sein, dass es für alle Patientinnen und Patienten keine Unterschiede bei der Behandlung sowie beim Zugang zur Behandlung (Zeitpunkt der Behandlung) im spitalsambulanten Bereich gibt.

Die Landesgesetzgebung als Ausführungsgesetzgeber wird demnach erforderlichen­falls sicherzustellen haben, dass die Benachteiligung von Patienten und Patientinnen der allgemeinen Gebührenklasse bei der Behandlung und beim Zugang zu medizi­nischen Leistungen auch im Ambulanzbereich von LKF-finanzierten Krankenanstalten zuverlässig vermieden wird. Jedenfalls ausgeschlossen müssen nicht medizinisch indizierte Differenzierungen (z.B. „fast lane“) oder dgl. in Unfall-, Notfall- bzw. Akutambulanzen sein.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, werden ersucht, im Rahmen der Zielsteuerung Gesundheit einschließlich eines geeigneten Monitoring sicherzu­stellen, dass auch im spitalsambulanten Bereich in LKF-finanzierten Krankenanstalten keine Unterschiede bei der Behandlung (insbesondere Umfang und Qualität) sowie beim Zugang zur medizinischen Leistung (insbesondere Terminvergabe und Warte­zeiten) zwischen Patient/innen der allgemeinen Gebührenklasse und Patient/innen mit Sondergebührenverrechnung gemacht werden und die Mitglieder des Gesundheitsaus­schusses über das Ergebnis zu informieren.

Erforderlichenfalls soll eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erfolgen.“

*****

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte.