14.13

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Liebe Damen und Herren! Eigentlich sollte mit dieser Gesetzesnovelle einfach nur klargestellt wer­den, dass die bestmögliche medizinische Versorgung für alle Bürger und Bürgerinnen in diesem Land sichergestellt werden soll. Aber es gibt noch mehr: In den Erläu­terungen wurde nämlich zudem festgelegt – das ist in dieser Vorlage, die heute im Plenum unverändert zur Beschlussfassung kommt, unverändert festgeschrieben –, dass die Länder zukünftig die Möglichkeit haben sollen, die Einhebung von Sonder­klas­segebühren für jene Leistungen vorzuschreiben, die bisher stationär erbracht wurden.

Weiter: „Der Einhebung solcher Sondergebühren haben adäquate Leistungen gegen­über zu stehen.“ Jetzt ist meine Frage: Was sind diese adäquaten Sonderleistungen? (Abg. Belakowitsch: Einbettzimmer beispielsweise!) Was soll künftig in der Ambulanz ermöglicht werden, wenn eine stationäre Behandlung bisher die Hotelkomponente beinhaltet hat, das heißt zum Beispiel ein Einbettzimmer, frei wählbares Essen und freie Arztwahl? All das ist im ambulanten Bereich so nicht möglich. (Abg. Belakowitsch: Sicher! Na selbstverständlich!) Was ist Ihrer Meinung nach die adäquate Gegenleis­tung, für die die Einhebung der Sondergebühren im Ambulanzbereich möglich sein soll?

Es ist jetzt schon viel spekuliert worden, auch in den Referentenbesprechungen zwischen den Fraktionen sind viele Beispiele genannt worden, die jeglicher Grundlage entbehren: Fast Lane im Ambulanzbereich ist diskutiert worden; Sonderambulanzen am Nachmittag für die, die es sich leisten können; das Wort Kaffeejetons für Unfalloper ist gefallen; Rufbereitschaft für Wahlärzte nachts um 3 Uhr. – Das sind allesamt Vor­schläge, die ich – und ich denke, das sehen da draußen viele Bürgerinnen und Bürger auch so – zu 100 Prozent ablehnen kann, weil ich dagegen bin, dass wir in einem gesundheitsspezifischen Bereich – in einem Bereich, in dem Leute einen Bedarf ha­ben, weil sie krank sind, weil sie Hilfe brauchen – solch diametrale Ansprüche anlegen und dementsprechend auch unterschiedlich unterstützen.

Ich habe mich dann einmal schlau gemacht, was Sonderklasse bedeutet, und habe im Internet meine Daten eingegeben und mir eine dementsprechende Versicherung auswerfen lassen. Ich bin selbst nicht sonderklasseversichert, deshalb kenne ich mich auch nicht wirklich aus, was das alles bedeutet. Dann ist mir aufgeschlüsselt worden, was ich alles erhalte (eine Tafel mit der Überschrift „Produkte und Prämien“ in die Höhe haltend): Das sind auf der einen Seite die freie Arztwahl auch bei SpezialistIn­nen, flexible Behandlungs- und Operationstermine, Kostenübernahme der modernsten Behandlungsmethode und weitere Zusatzbausteine, frei wählbar für Privatpatienten im Krankenhaus.

Jetzt frage ich Sie – wenn Sie davon sprechen, in der Ambulanz überhaupt zum ersten Mal die Einhebung von Sondergebühren zu ermöglichen –: Was davon wird in diesem Bereich kommen? Was davon wird zukünftig möglich sein? Was davon wird zukünftig zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft beitragen? Die Patientenanwaltschaft warnt diesbezüglich, sie schreibt: Wir möchten darauf hinweisen, dass die Wartezeiten in den Ambulanzen – Kollegin Povysil hat es selbst ausgeführt – bereits jetzt 8 Stunden betragen. – Zitatende.

Es werden bereits Securitymitarbeiter eingesetzt, weil es dort eine emotionale, hoch­kochende Stimmung gibt. Sie wollen, wie die Patientenanwaltschaft schildert, noch weitere Ressourcen aus diesem Bereich abziehen.

Dann geht Bundeskanzler Kurz her und sagt, nein, das wird es mit ihm nicht geben. Jemand, der immer vorgibt, Economyclass zu reisen und jetzt vor der Herausforderung steht, plötzlich eine Businessclass in der Ambulanz vorzufinden, sagt, das wird es mit ihm nicht geben. Es wird eine gesetzliche Regelung geben, aber wir sehen keine gesetzliche Regelung. Uns liegt heute keine gesetzliche Regelung vor, die all das zurückschrauben würde, zurücknehmen würde. Sie wollen einen Entschließungsantrag beschließen, Sie bringen ihn heute ein: Das ist ein Wunsch ans Christkind – ganz ehrlich –, weil dieser Entschließungsantrag das Gesetz nicht abändert, weil dieser Ent­schließungsantrag die Bezeichnung Möglichkeit in den Erläuterungen nicht abän­dert.

Von unserer Seite wird es hierfür keine Zustimmung geben, weil ich mich strikt gegen eine Sonderklasse im Ambulanzbereich ausspreche. Ich finde, es ist ein Bruch mit dem aktuellen System. Wenn Sie nämlich sagen, dass es gesetzlich so festgelegt ist, dass es keine Bevorzugung geben darf, keine Sonderbehandlung geben darf, wie es auch im § 16 des KAKuG drinnen steht, dann frage ich Sie, warum Sie deshalb trotzdem diese Lücke in den Erläuterungen aufmachen. – Danke. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Frau Abgeordnete, Sie wollten, glaube ich, einen Antrag einbringen.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (fortsetzend): Vielen Dank! Da ich weiß, dass bei der Sonderklasse betreffend die Finanzierung einiges im Argen liegt, bringe ich ganz zum Schluss noch folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „intransparente und benachteiligende Sonderklasse in Spitälern“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, das veraltete, intransparente und nicht mehr leistungsgerechte, sowie auch für einige Ärztegruppen und das sonstige Gesundheits­personal benachteiligende, System der derzeitigen Sonderklassen zu reformieren, und es – an modernen Gesichtspunkten eines allgemeinen hochwertigen Gesundheitssys­tems für alle Menschen orientiert neu aufzusetzen.“

*****

Ich bitte um Zustimmung, wenn Sie es mit einem Gesundheitssystem, das alle gleicher­maßen fördert, ernst meinen. – Danke. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.18

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen

betreffend intransparente und benachteiligende Sonderklasse in Spitälern

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt  7: „Bericht des Gesundheitsaus-schusses über die Regierungsvorlage (374 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten geändert wird (KaKuG-Novelle 2018, 439 d.B.)

Begründung

Die Diskussion um einen Passus in den Erläuterungen der KAKuG-Novelle (374 der Beilagen), in dem ausdrücklich „adäquate Leistungen“ zu Sondergebühren in der Am­bulanz vorgesehen werden, um Spitäler mit zu finanzieren und Ärztegehälter aufzubes­sern, zeigt, dass das bestehende System der Sonderklasse in Spitälern fragwürdig ist.

Die Einnahmen aus Zahlungen von Privatversicherungen werden zu rund 15 Prozent als Zuschuss für Spitäler und zu rund 85 Prozent für die Ärztinnen und Ärzte verwendet. Den Einnahmenverlust aus dem Verlust von Sonderklassegebühren im stationären Bereich beziffert die niederösterreichische Landesregierung in einer Stellungnahme zur KaKuG-Novelle mit 600.000 Euro. Somit wird die Realität einer 2-Klassen-Medizin in den Stationen der Spitäler offensichtlich, die nicht nur die Hotel-Komponente mit Essensauswahl und Einzelzimmer beinhaltet, sondern auch den Wahlarzt und den Anspruch auf eine besondere Behandlung bei Untersuchungen.

Eine Sonderbehandlung im Ambulanzbereich bricht aber mit dem Grundsatz, dass es eine hochwertige medizinische Grundversorgung für alle Menschen geben soll. Freie Arztwahl, eine bessere Behandlung mit den modernsten Behandlungsmethoden und Geräten für Sonderklassezahler und kürzere Wartezeiten für einige wenige darf es im Ambulanzbereich – gleich welcher Art – nicht geben. Schließlich gilt die ethische Verpflichtung, jeden und jede ohne Ansehen der Person zu versorgen, für alle diejenigen, die Patientinnen und Patienten versorgen.

Von Seiten der Ärzte wird argumentiert, dass sie ihr teils recht karges Grundgehalt im Spital durch Sonderklassebehandlungen aufbessern müssen. Das ist aber nicht nach­haltig, weil Ressourcen, die der allgemeinen Krankenversorgung dienen, dadurch blockiert werden (Betten, Behandlungstermine, Geräte). Es braucht also ein faires Grund-Gehaltsschema für alle Ärztinnen und Ärzte, das auch öffentlich finanzierbar ist. Die Diskussion über die Sonderklassebehandlungen in den Ambulanzen hat aufge­zeigt, dass das bestehende Gehaltssystem für Ärzte – und für das Personal insgesamt – den heutigen Anforderungen nicht mehr entspricht.

Aber auch die Spitalsfinanzierung krankt. Das Beispiel der medizinisch vertretbaren - und ökonomisch gebotenen - Verschiebungen von Leistungen aus dem stationären Bereich in den ambulanten Bereich der Spitäler führt zu einem Einnahmenentgang der Spitäler - und damit der Länder. Damit wird die bloße Verlagerung von Leistungen für sie offenbar zu einem wirtschaftlichen Problem. Die Bundesregierung ist also auch deshalb aufgefordert, eine Novelle der Spitalsfinanzierung vorzulegen.

Deshalb stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, das veraltete, intransparente und nicht mehr leistungsgerechte, sowie auch für einige Ärztegruppen und das sonstige Gesundheits­personal benachteiligende, System der derzeitigen Sonderklassen zu reformieren, und es – an modernen Gesichtspunkten eines allgemeinen hochwertigen Gesundheitssys­tems für alle Menschen orientiert – neu aufzusetzen.“

*****

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Antrag wurde ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kaniak. – Bitte schön.