14.51

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Unabhängig von gegenseitigen Schuldzuweisungen, was alles im Ge­sundheitssystem nicht funktioniert und wer da tatsächlich die Ursache dafür war oder ist, gibt es jedenfalls einen Sektor, der von allen je an einer Regierung beteiligten Fraktionen stiefmütterlich behandelt worden ist und nach wie vor so behandelt wird. Es handelt sich um die zahnmedizinische Behandlung.

Seit 1956, also seit 63 Jahren, werden bei Zahnbehandlungen die gleichen Leistungen übernommen, Leistungen die damals vom Hauptverband der Sozialversicherungsträ­ger definiert worden sind, und das hätte sich natürlich in der Zwischenzeit ändern müs­sen, weil sich alles verändert hat: die Behandlungen, die Diagnosen, die Prophylaxe­notwendigkeit und die Kosten. Alles hat sich verschoben, nur nicht diese Liste der zu refundierenden Leistungen.

Das heißt, dass in Österreich auf diesem Sektor kein ausreichendes Versicherungs­system vorhanden ist. Auch in der Zeit, als Sie, Frau Ministerin, Geschäftsführerin beziehungsweise in hohen Funktionen im Hauptverband der Sozialversicherungsträger waren, hat sich daran nichts geändert. Egal, ob Rot-Schwarz, ob die schwarze Allein­regierung, die rote Alleinregierung, die Koalition der SPÖ mit der FPÖ oder der ÖVP mit der FPÖ – es hat sich nie etwas geändert. Jahr für Jahr müssen die Versicherten, die ganz brav ihre Krankenkassenbeiträge einzahlen, einen enormen Anteil, nämlich mehr als 50 Prozent der Leistungen, aus eigener Tasche finanzieren. Das machte im Jahr 2017, also vor zwei Jahren, 900 Millionen Euro aus, die eigentlich auf dem Versi­cherungsweg refundiert werden müssten.

Überlegen wir uns das: Ein Versicherungssystem beruht darauf, dass alle einzahlen, damit unabhängig vom Vermögen und von den eigenen finanziellen Möglichkeiten auch die Gesundheit, in diesem Fall die Zahnbehandlung, gewährleistet ist. In den meisten Fällen mag im Gesundheitssystem immer noch ein gewisser Schutz da sein, auch wenn die privaten Leistungen auf bis zu 25 Prozent gestiegen sind; das ist immer noch nicht das, was es in der Zahnbehandlung ist, wo das 50 Prozent ausmacht. Das heißt, dass die Zahnbehandlung zu einem Luxusgut geworden ist, und das heißt auch, dass offensichtlich niemand daran denkt, welche Folgekosten gesundheitlicher Natur eine mangelnde Zahnbehandlung nach sich zieht.

Untersuchungen in Deutschland zeigen, dass 53 Prozent der Erwachsenen über Zahn­fleischprobleme klagen, und dass diese Zahnfleischprobleme sehr häufig Folgekrank­heiten wie Herz-Kreislauf-Probleme oder auch Diabetes nach sich ziehen, ist auch bekannt. So wie in Deutschland ist auch die Zahnfleischbehandlung in Österreich eine Privatangelegenheit, wobei man dazusagen muss, dass in Deutschland aber viele an­dere Bereiche entgolten werden, die bei uns nicht entgolten werden.

Ich kann also sagen – das wissen wir alle, und der Rechnungshof hat auch darauf hin­gewiesen –, dass nicht einmal die grundlegendsten Leistungen übernommen werden: Kunststofffüllungen zum Beispiel – viele Zahnärzte und -ärztinnen machen überhaupt nur noch Kunststofffüllungen, weil sie sagen, Amalgam ist nicht wirklich gut für die Zähne und die Gesundheit –, Kronen, Brücken, Implantate, Zahnfleisch habe ich schon erwähnt, von Prophylaxe will ich noch gar nicht reden. Der Rechnungshof weist darauf hin, wie wichtig die Prophylaxefinanzierung wäre.

Alles in allem kann man sagen: Selbst durchschnittlich Verdienende haben bei größe­ren, gröberen Eingriffen oft große Probleme. Ich denke, es kann nicht sein, dass nur die Reichen gesunde Zähne haben und die weniger Bemittelten nicht. Frau Ministerin, Sie haben die Chance, auch hier etwas zu tun. Sie haben da im Hauptverband nichts unternommen, vielleicht kommt es jetzt. – Danke. (Beifall bei JETZT.)

14.55

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stö­ger. – Bitte. (Abg. Neubauer: Der Pinocchio!)