9.33

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier eine Aktuelle Stunde der ÖVP zur Frage der Steuerreform. Das ist total interessant, denn die Regierung weiß noch gar nicht genau, wie diese Steuerreform irgendwann, in zwei, drei, vier Jahren, aussehen wird. (Abg. Hauser: Hast nicht aufgepasst? – Abg. Winzig: Das nennt man Strategie!) Das ist wie der Fall, als irgendjemand einmal zu einer Vernissage von einem Künstler eingeladen war. Dieser hat eine leere Leinwand aufgehängt und gesagt: Ich weiß zwar noch nicht genau, was ich male, aber ich habe mir schon die Größe des Bildes überlegt und die Leinwand schon bespannt. – Das ist das, worüber wir reden: eine leere Leinwand! (Beifall bei der SPÖ.)

Im Wahlkampf haben Kurz und Strache gesagt: Wir werden das größte Bild malen, 12 mal 2 Meter!; der andere hat gesagt: 14 mal 2 Meter! – Was ist rausgekommen? – Ein kleines Miniaturbild kommt jetzt raus. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wissen aber noch nicht einmal, was drin ist. (Abg. Neubauer: Das ist eine Frage des Intellekts!) Das ist offensichtlich das, was die ÖVP unter aktuell versteht: eine leere Leinwand, und jeder kann sich jetzt überlegen, was für ein schönes Bild da drin sein könnte. Das ist eh nett, hat aber mit Politik nichts zu tun und hat auch mit aktuell nichts zu tun.

Reden wir über den Inhalt, denn ein bisschen etwas wissen wir ja darüber (Abg. Wöginger: Ah geh! Schon? Schon was in dem Bild?), wie Steuerreformen strukturell entstehen. Es ist relativ einfach. Es gibt die kalte Progression. Was bedeutet das? – Das bedeutet, dass die, die arbeiten gehen, Arbeitnehmer, auch Pensionisten (Abg. Steinacker: Pensionisten gehen arbeiten?) und kleine Unternehmer durch die kalte Progression jedes Jahr ein bisschen mehr Steuern zahlen. Das ist Teil des Systems, da wird ein Gefäß mit Geld gefüllt, sage ich einmal, und das ist normalerweise das Volumen einer Steuerreform. In der Vergangenheit hat man das Volumen manchmal auch vergrößert, verkleinert hat man es nie. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Das, was die Regierung jetzt macht, ist: Sie nimmt dieses Gefäß und gibt ein bisschen etwas den Arbeitnehmern, ein bisschen etwas den Pensionisten, ein bisschen etwas den kleinen Unternehmern. Was macht sie dann noch? – Den Rest gibt sie den oberen Zehntausend und den Großkonzernen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Deimek: Ich habe gedacht, das wissen wir nicht?)

Das ist das, was diese Regierung machen wird: das Geld von den Arbeitnehmern, Pensionisten und kleinen Unternehmern nehmen und Großunternehmen geben – das ist Ihre Steuerreform! (Abg. Hauser: Du widersprichst dir ja selber! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) Take from the poor and give to the rich – das ist die Politik, die Sie machen, meine Damen und Herren! Das ist Ihre Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie tun nichts dafür, dass jene, von denen wir alle wissen, dass sie ihre Steuern heute nicht ordentlich zahlen, nämlich die oberen Zehntausend (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch – Zwischenrufe bei der ÖVP), ihre Steuern in Zukunft ordentlicher zah­len. Sie unternehmen nichts dagegen (Zwischenruf des Abg. Hauser), dass inter­natio­nale Großkonzerne in Österreich nach wie vor keine Steuern zahlen, während jeder kleine Unternehmer und Arbeitnehmer seine Steuern pünktlich zahlt, und dass die, die ohnedies auf der Schokoladenseite sind, die Millionäre in diesem Land, keinen Beitrag leisten. Das ist Ihre Politik und dafür sollten Sie sich eigentlich schämen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir aber haben hier eine Aktuelle Stunde, und es gäbe ja einiges Aktuelles, über das man reden könnte. (Abg. Neubauer: Fang endlich an! – Abg. Winzig: Ärztemangel?) Sie wollen jedoch nur vom Aktuellen ablenken.

Was ist zum Beispiel sehr aktuell? – Wir alle wissen, dass zurzeit ein neues Direk­torium bei der Oesterreichischen Nationalbank bestellt wird. Vier Personen werden bestellt, und der Vizekanzler selbst hat vor wenigen Monaten noch gesagt: Das ist ein bisschen unangenehm, weil wir nur noch für drei Arbeit haben. – Ich stelle nun die Frage: Wer ist der vierte Mann? Wer ist der, der ein arbeitsloses Einkommen als Direktor der Oesterreichischen Nationalbank bekommt? – Das wäre interessant zu erfahren!

Kollege Gudenus, Sie werden gleich ans Rednerpult kommen: Sagen Sie uns, wer der vierte Mann ist, der dieses arbeitslose Einkommen von Ihnen bekommt! Ist das der nicht amtsführende Stadtrat Schock, der bisher auch arbeitslos war? Bekommt er jetzt ein anderes arbeitsloses Einkommen ohne jede Leistung? Wer ist der vierte Mann? Das ist eine aktuelle Frage! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Doppelbauer.)

Eine andere aktuelle Frage ist, wie man als Bundesregierung auf die Idee kommt (Abg. Hauser: Das ist unglaublich! Unglaublich! Ihr seid wirklich ...!), in die Geschäftsführung der Oesterreichischen Nationalbank, also eines Unternehmens mit über 1 000 Mit­arbeitern, ausschließlich Leute hineinzusetzen, die noch nie in ihrem Leben ein Unternehmen geleitet haben, die nicht einmal eine Abteilung mit mehr als 15 Personen geleitet haben. (Zwischenruf der Abg. Winzig.) Das könnten Sie vielleicht auch den Österreichern aktuell erklären und nicht über leere Leinwände, über leere Versprechen reden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Pilz und Zinggl. – Abg. Wöginger: Der hat das Sinowatz-Syndrom! – Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

9.38

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Gruppe der Gesundheits- und Kran­kenpflegeschule des Bundesheeres auf der Galerie recht herzlich begrüßen. (All­ge­meiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gudenus. – Bitte.