21.55

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Präsidentin, ich bin Ihnen sehr dankbar für diesen Sonderbericht des Rechnungshofes im Zusammenhang mit Rückerstattungen von Kapitalertragsteuern, weil der von mir initiierte Bericht dazu geführt hat, dass es zur Aufdeckung eines Steuerbetrugs auch in Österreich gekommen ist.

Der Reihe nach: Worum geht es dabei? – Dabei geht es um sogenannte Cum-Ex-Geschäfte, die in der Bundesrepublik Deutschland einer der größten Steuerskandale überhaupt gewesen sind. Cum-Ex-Geschäfte sind hochkomplexe, hoch komplizierte Deals, bei denen unter bestimmten Umständen Kapitalertragsteuer, die einmal an den Fiskus abgeliefert wurde, doppelt zurückerstattet wird – Cum-Ex deshalb, weil es dabei um den Dividendenstichtag geht, an dem die Aktieninvestoren oder die Eigentümer wechseln; diese Eigentümerwechsel bieten sozusagen die Chance, Kapitalertragsteuer zweimal zu verrechnen, obwohl sie nur einmal bezahlt worden ist.

Es war genau dieser Skandal in der Bundesrepublik Deutschland, zu dem es auch einen Untersuchungsausschuss gegeben hat, der mich veranlasste, 2015 dies­bezüg­lich eine erste Anfrage an den Finanzminister zu stellen. Er ließ mich damals wissen, „mit hoher Gewissheit“ sei bei sogenannten Cum-Ex-Geschäften kein Schaden entstanden. Und damit beginnt die Chronologie einer Geschichte, die im Dezem­ber 2018 damit endet, dass der Finanzminister im Rechnungshofausschuss bei der Debatte zu diesem Bericht zugeben musste, dass es auch in Österreich zu einem Steuerbetrug gekommen ist.

Bei meiner zweiten Anfrage im Jahr 2016 war sich der Herr Finanzminister schon ein bisschen unsicherer. Er hat damals geantwortet: „Ob es [...] zu einem Schaden in Cum/Ex-Fällen gekommen ist, werden laufende Ermittlungen und Verfahren zeigen.“

Ich habe nicht lockergelassen und habe in den Jahren 2016 und 2017 weitere Anfragen gestellt: Eine Anfrage erging an das Justizministerium, das mir geantwortet hat, dass ein Strafverfahren gegen ein ganz bestimmtes Unternehmen im Zusammen­hang mit Steuerbetrug läuft. Die zweite Anfrage erging an das Finanzministerium, und dort hat sich herausgestellt, dass die Zahlungserstattung an einzelne ausländische Aktionäre gar nicht zurückverfolgt werden kann. Das hat mich sehr skeptisch und stutzig gemacht; ich habe mir gedacht, jetzt wird es aber Zeit, den Rechnungshof in Österreich einzuschalten, und habe damals, noch bei den Grünen, diesen Sonder­bericht initiiert.

Er erschien im Juli 2018, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, und er hat mit zwei Mythen aufgeräumt: Erstens hat er festgestellt, dass tatsächlich ein Schaden entstan­den ist, obwohl er nur Plausibilitätsprüfungen durchführen konnte. Bei einem Unternehmen wurde ein Schaden in der Höhe von rund 1,8 Millionen Euro festgestellt. Andere Plausibilitätsschätzungen haben Schäden in der Größenordnung von 6 Mil­lionen Euro festgestellt, wiewohl der Rechnungshof in seinem Prüfbericht sagt, dass er nicht in der Lage gewesen ist, diesen Steuerbetrug lückenlos zu prüfen, weil die Daten nicht vorhanden sind. Dazu hat das Bundesministerium für Finanzen ge­meint, ein Schaden sei nicht evident. Man wollte also immer noch nicht zugeben, dass ein Schaden entstanden ist. Ausständig waren zu diesem Zeitpunkt 168 Prüfungen, mittler­weile sind es 205 Prüfungen.

Das Finanzministerium hat auch behauptet, dass es einen Zahlungsstopp niemals gegeben hat (Abg. Hanger: Dass es einen gegeben hat!) – Pardon! –, dass es einen Zahlungsstopp gegeben hat. Der Rechnungshof sagte, zu einem Zahlungsstopp ist es niemals gekommen, aber es hat 8 000 Ergänzungsansuchen gegeben. Der Rech­nungshof hat auch festgestellt, dass es eine chronische Unterbesetzung im zustän­digen Finanzamt gegeben hat, ebenso wie eine völlig veraltete IT – und zwar bereits im Jahre 2006. Behoben wurde dieser Mangel im Jahr 2019 durch Finanzminister Löger; das heißt, Molterer, Pröll, Fekter, Spindelegger, Schelling sind dagegen nicht vorge­gangen – das ist in Wirklichkeit schon ein Skandal!

Schließlich war es so, dass der Finanzminister im Rechnungshofausschuss zugeben musste, dass ein Schaden entstanden ist. Er wollte die Höhe des Schadens nicht benennen oder konnte es nicht, hat aber angekündigt, dass er es bis Ende März schaffen würde, den Gesamtschaden zu eruieren. Ich bin neugierig, mit welchen Zahlen er uns konfrontieren wird. Wenn er die Sache nicht lückenlos offenlegt, dann werde ich an dieser Sache dranbleiben, ich werde nicht lockerlassen. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

22.01

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.