16.10

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Wöginger! Sie hätten gleich beginnen können, zu erklären, wo Sie die Belastungen verteilen. Sie behaupten immer, Sie sparen im System. – Im System sparen Sie gar nichts. Im System geben Sie nur Geld für Generalsekretäre und für Ihre aufgeblähten Politapparate aus, und Sie sparen und kürzen bei der sozialen Sicherheit, im Gesundheitsbereich, bei den Leistungen. – Dort sparen Sie. (Die Abgeordneten Wöginger und Winzig: Wo denn?) – Verlangen Sie nicht von anderen, dass sie das machen! Kommen Sie selber heraus und erklären Sie einmal, wo Sie das tun! (Abg. Wöginger: Wo denn?) Das wäre eine ehrliche Politik. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Winzig: Wo? Wo?)

Wenn wir über Steuerpolitik, über Steuerreformen reden, dann muss schon klar sein, was das Zahlen von Steuern überhaupt ist. – Das ist so etwas wie eine Gemein­schafts­kasse, in die alle einzahlen, und dafür sind natürlich zwei Fragen wichtig. Erstens: Wer zahlt wie viel in diese Gemeinschaftskasse ein? Die zweite Frage ist natürlich: Wofür geben wir das Geld aus der Gemeinschaftskasse aus?

Wer zahlt ein? – Da haben wir ein großes Problem, weil nämlich die, die arbeiten gehen, viel zu viel einzahlen und die, die über Kapital und Vermögen Einkommen beziehen, viel zu wenig einzahlen. Das sagt Ihnen jede Statistik, ob von der OECD, vom IWF oder von der Europäischen Kommission. Da können Sie jeden Wissen­schaftler fragen, jeder wird sagen: In Österreich zahlen die, die arbeiten gehen, zu viel ein, die, die über Vermögen und Kapitaleinkommen verfügen, zahlen zu wenig ein. Das ist das erste Problem, das wir haben. (Abg. Neubauer: Warum habt ihr das eigentlich nicht verhindert?)

Das zweite Problem, das wir haben, ist: Die KMUs, die kleinen Betriebe, die mittleren Betriebe zahlen auch viel zu viel ein. Hingegen zahlen die großen Bertriebe, die Konzerne, viel zu wenig ein. Jetzt schaue ich mir an, was Sie für die Steuerreform angekündigt haben. Gehen Sie diese Probleme an? – Sie gehen diese Probleme gar nicht an, überhaupt nicht. In Wahrheit verschlimmern Sie die Probleme. Das ist das, was Sie hier machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe Ihnen eine ganz aktuelle Grafik mitgebracht. (Der Redner stellt eine Tafel, auf der unter der Überschrift „Einkommen 1980–2018“ ein Diagramm mit mehreren unter­schiedlich stark steigenden Kurven, basierend auf Angaben des Ökonomen Thomas Piketty, dargestellt ist, auf das Rednerpult.) Das sind die Ergebnisse einer inter­nationalen Untersuchung. Die Situation in Österreich ist vergleichbar, nicht großartig anders. Da geht es im Prinzip darum: Wie haben unterschiedliche Teile der Gesell­schaft ihr Einkommen vergrößert oder nicht vergrößert? – Die Kurve, die da ganz massiv ansteigt, stellt das Einkommen der 0,01 Prozent Reichsten der Gesellschaft dar, sie haben ihr Einkommen seit 1980 vervierfacht. Das oberste Prozent hat es noch immer mehr als verdoppelt, und die anderen 99 Prozent haben draufgezahlt.

Das ist die Situation, die wir haben, international wie in Österreich. Die Schere geht extrem auseinander, das oberste 0,01 Prozent galoppiert allen davon, das oberste Prozent verdoppelt auf Kosten aller anderen sein Einkommen. Und was macht diese Bundesregierung? – Sie denkt darüber nach, dass die da oben womöglich zu viel Steuern zahlen, weil sie für alles über 1 Million Euro 55 Prozent Steuern zahlen müssen. Da denken Sie darüber nach, dass die zu viel zahlen! Sie machen sich Sorgen darüber, dass die zu viel Steuern zahlen!

Das ist das, was diese Bundesregierung macht. Das sind die Vorschläge, die aus Ihrem Ministerium kommen, und ich sage Ihnen eines: Sie haben nicht verstanden, wo die Probleme in diesem Land liegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Probleme liegen ganz woanders. Wir müssen darüber reden, wie wir für die kleinen Einkommen und für die mittleren Einkommen die Steuern und Abgaben nachhaltig senken (Abg. Hanger: Untere Stufe! Hast du nicht zugehört? – Zwischenruf des Abg. Zarits) und gleichzeitig dafür sorgen, dass die oberen Zehntausend, das oberste Prozent, endlich einen gerechten Beitrag in diese Gemeinschaftskasse einzahlt, end­lich Geld einzahlt. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht darum, dass die KMUs, die fleißigen Unternehmerinnen und Unternehmer in den Klein- und Mittelbetrieben, nicht mehr so viel Steuern zahlen müssen, weil sie heute zu viel zahlen, und dafür die Konzerne und die Großbetriebe endlich einen Beitrag leisten und nicht so wie heute Steuern in Höhe von 1 oder 2 Prozent des Gewinns zahlen. Das sind die Probleme.

Lese ich dazu irgendeinen Vorschlag von Ihnen? – Nein, gar nichts, im Gegenteil: Sie wollen die Körperschaftsteuer nach dem Gießkannenprinzip senken, nur: Die Gieß­kanne hat ganz kleine Löcher für die Klein- und Mittelbetriebe und ganz große Löcher für die Großbetriebe. 80 Prozent von dem, was Sie den Unternehmen geben wollen, bekommen nur die ganz großen Konzerne. (Abg. Vogl: Wie in der Landwirtschaft!) 20 Prozent können sich die kleinen und mittleren Unternehmen teilen.

Das ist die Art und Weise, wie Sie diese Steuerreform vorbereiten, und da sind wir keine Minute dabei, da können Sie keine Minute lang glauben, dass wir mitstimmen. (Abg. Hanger: Du hast dir die Vorschläge nicht angeschaut!) Sie vergrößern die Prob­leme in diesem Land und lösen sie nicht. Da sind wir sicher nicht dabei. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.15

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brückl. – Bitte. (Rufe: Hermann, sag’s dem Kai Jan! – Der nächste Innviertler, der es Ihnen erklären wird!)