17.35

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT): Frau Präsidentin! Herr Minister Löger! Ich würde gerne auch den anderen Minister begrüßen (in Richtung Bundes­minister Blümel, der noch abseits der Regierungsbank mit Mitarbeitern spricht), aber er ist noch in Gespräche vertieft. Es geht ja nur um eine kulturpolitische Angelegenheit, das muss einen Kulturminister nicht unbedingt interessieren! (Bundesminister Blümel nimmt auf der Regierungsbank Platz.)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Einmal mehr ist es notwendig gewor­den, hier über das Hochhausprojekt am Heumarkt zu sprechen. Herr Minister, es wird Zeit, dass wir in dem Zusammenhang auch Ihre Position ein bisschen genauer unter die Lupe nehmen! Mehrfach schon haben Sie betont, dass Sie alles tun werden, um das Welterbe zu schützen und zu retten, aber Sie tun nichts. Die notwendigen Schritte hätten Sie aber längst setzen können. Sie hätten beispielsweise zum Verfassungs­gerichtshof gehen und Beschwerde einlegen können. Damit hätten Sie nicht nur im Zusammenhang mit diesem Projekt Klarheit geschaffen, sondern Sie hätten auch für zukünftige ähnliche Projekte – und es kommen solche zukünftigen Projekte; es sind auch schon welche im Laufen, zum Beispiel in der Stadt Salzburg – Klarheit schaffen können, ob sich eine Gemeinde über völkerrechtliche Verpflichtungen des Bundes hinwegsetzen kann und darf. Diese Chance haben Sie ignoriert, haben Sie nicht genutzt.

Sie haben auch nichts getan, was Ihre Verpflichtung betrifft, die Ihnen Artikel 16 Bundes-Verfassungsgesetz auferlegt, nämlich dass Sie für den Fall, dass ein Bundesland die Verpflichtungen des Staates gegenüber den völkerrechtlichen Abmachungen nicht einhält, eine Weisung erteilen müssen – nicht können, sondern müssen. Sie haben das bis jetzt nicht getan. Sie könnten es tun, Sie könnten es noch immer tun, aber Sie tun es nicht. Da frage ich mich wirklich: Warum eigentlich nicht? Wenn Sie das Welterbe schützen wollen, dann ist das die effektivste Maßnahme. Das könnte sofort wirken, und es wäre Ruhe.

Ich glaube nicht, dass Sie Wien oder Salzburg oder irgendeine Gemeinde oder ein Welterbe wo auch immer tatsächlich vor den wild gewordenen Spekulanten schützen wollen, und das ist das eigentliche Problem. Mir geht es gar nicht so um dieses eine Hochhaus, mir geht es gar nicht so unbedingt um das Unesco-Welterbe, sondern es geht darum, dass damit für weitere Tätigkeiten von Immobilienhaien eine Schleuse geöffnet wird, die dann keinen Schutzmechanismus mehr vorfinden und bauen können, was sie wollen. Es kann sie niemand mehr aufhalten, denn mit der Begründung, der eine konnte, kann dann der Nächste natürlich auch bauen. Ich glaube immer weniger, dass Sie etwas tun wollen, solange Sie zögern und nichts unternehmen, außer irgendwelche Berichte in Auftrag zu geben, irgendwelche Dreistufenpläne, Prüfungen und, was weiß ich, Dialoge und Workshops und was immer – nein. Sie hätten die effektiven Maßnahmen, setzen sie aber nicht ein, und das ist nicht glaubwürdig.

Ich glaube nicht, dass Sie da etwas unternehmen wollen, weil Sie auch unsere Anfra­gen nicht entsprechend beantworten, die genau in diese Richtung zielen und gehen. Ich habe ganz konkrete Anfragen an Sie gerichtet, sowohl im Kulturausschuss als auch parlamentarisch, wiederholt gerichtet – Sie haben sie entweder falsch beantwortet oder nicht beantwortet oder Sie haben sich hinter irgendwelchen Prüfungen versteckt, die Sie demnächst vornehmen wollen und deren Ergebnisse Sie abwarten werden.

Unsere Fragen sind ganz präzise auf diese konkreten Maßnahmen konzentriert ge­wesen. Da war zum Beispiel die Frage: Wie ist das eigentlich mit der Beurteilung des Bauprojektes seitens des Verfassungsdienstes? – Sie haben dann im Ausschuss ge­meint, Sie wüssten nichts von so einem Prüfungsauftrag. Wenn ich ein Gutachten in Auftrag gebe, wie ich es auch selbst getan habe, dann werde ich dieses Gutachten natürlich veröffentlichen, sobald ich es habe, weil ich daran interessiert bin, dass die Öffentlichkeit transparent erkennen kann, worum es geht, und sich dementsprechend auch eine Meinung bilden kann.

Wenn Sie hingegen eine Prüfung in Auftrag geben, dann halten Sie das verschlossen, geben das nicht der Öffentlichkeit preis, wiewohl Sie von uns darum ersucht und dazu aufgefordert worden sind.

Wir haben daher am 4. Dezember des letzten Jahres eine schriftliche parlamentarische Anfrage an Sie gerichtet, der Kulturausschuss fand am 28. November statt, Sie haben gesagt, Sie wissen nichts von einem Auftrag. Als Antwort auf diese parlamentarische Anfrage haben Sie dann tatsächlich zugegeben, dass dieses Prüfverfahren des Verfas­sungsdienstes bereits seit Mitte Oktober abgeschlossen sei oder gewesen wäre, dass Sie es uns aber nicht zur Verfügung stellen und auch inhaltlich nicht sagen, was da drinsteht. Das, Herr Minister, verstößt eindeutig gegen das Interpellationsrecht der Par­lamentarier, das ist eindeutig eine Missachtung der Auskunftspflicht der Regierung gegenüber dem Parlament.

Ich frage mich nur: Warum wollen Sie uns nicht sagen, was da drinsteht? Warum enthalten Sie uns das vor? Sie begründen das, indem Sie sagen, Sie warten noch damit, Sie brauchen das als Ultima Ratio für den Fall, dass es ganz brenzlig wird.

Ja wann, Herr Minister, wird es denn Ihrer Meinung nach brenzlig? – Es besteht wieder die Möglichkeit, dass der Welterbestatus durch die Unesco Ende Juni endgültig verloren geht. Jedes Jahr findet einmal eine solche Sitzung statt. Auch heuer könnte es sein, dass es zu spät ist. Die Ultima Ratio ist Ihrer Meinung nach wann? Wenn der Welterbestatus bereits gefallen ist? – Dann ist es zu spät.

Dann haben Sie noch geschrieben, dass Sie sämtliche Gutachten prüfen wollen, die zusätzlich hereinkommen könnten, unter anderem auch das von mir in Auftrag gege­bene, das von Professor Öhlinger ganz deutlich beantwortet worden ist. Sie ha­ben darum ersucht, dass Sie dieses Gutachten bekommen, ich habe es Ihnen gege­ben, das hätte ich nicht tun müssen, das war freiwillig. Sie hätten auch die Verpflich­tung gehabt und haben Ihre Verpflichtung nicht eingehalten. Jetzt haben Sie gesagt, Sie wollen dieses, mein Gutachten prüfen, und ich frage Sie: Wie lange brauchen Sie eigentlich für diese Prüfung? – Wir erinnern uns, dass heute Klubobmann Wöginger und Sie, Herr Klubobmann Rosenkranz, im Zusammenhang mit den Anträgen zur Kar­freitagsregelung gemeint haben, ein paar Stunden Zeit müssen für fünf Seiten genü­gen, damit sich die Juristen das anschauen können. Jetzt gibt es dieses Gutachten von mir aber schon seit sechs Wochen, glaube ich; ich denke, das ist Zeit genug für die Juristen. (Abg. Rosenkranz: Das ist eh super!) Sie haben seitens der Regierung sicher Zeit genug gehabt, das zu prüfen. Oder geben Sie dann für dieses Gutachten neuerlich ein Gutachten in Auftrag, um das zu prüfen? Und was ist dann mit der Prüfung der Prüfung des Gutachtens?

Irgendwann einmal muss es doch genug sein. Ich würde sagen, es ist genug und Sie hätten jetzt Handlungsbedarf. Sie wissen auch, Herr Minister (Bundesminister Blümel schaut auf sein Smartphone) – falls es Sie überhaupt interessiert, das weiß ich nicht genau, sonst interessiert es vielleicht irgendjemand anderen in diesem Saal –, dass ich das Welterbe schützen möchte. Sie hätten in mir einen potenten Verbündeten. Ich glaube nur, dass Sie mich nicht brauchen, weil Sie andere Verbündete haben, und zwar Verbündete, die Sie im Wahlkampf finanziell unterstützt haben – Verbündete, von denen ich sagen würde, dass sie gar kein Interesse daran haben, das Welterbe zu schützen.

Ich frage Sie: Wie viele Prozent an Spenden hat denn die ÖVP seitens der Immo­bilienbranche im letzten Wahlkampf erhalten? Waren das 30 Prozent oder 40 Prozent? Und wie viele Prozent werden es im kommenden Wiener Wahlkampf sein, die Sie veranlassen, dass Sie hier nicht tätig werden? Anders kann ich mir das nicht vorstellen. (Abg. Rosenkranz: Wie der Schelm denkt, so ist er!) Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein wild gewordener Spekulant, vorbei an Flächenwidmung, vorbei an Völker­recht, vorbei an Verfassungsrecht, vorbei an den Interessen der Bevölkerung, vorbei an laufenden Ermittlungen zu diesem Grundstückskauf, weiterhin mit seinen Deals schalten und walten kann, wie er möchte. Die Staatsanwaltschaft ist ständig hinter ihm her, aber sämtliche Fraktionen unterstützen ihn, wo immer es geht.

Das sind Scheingefechte in Wien, wenn die NEOS mit der ÖVP und der FPÖ Anträge stellen. Sie könnten hier im Bund, Sie könnten als Regierungsfraktionen sehr wohl auch darauf einwirken, dass sich hier etwas ändert.

Sie, Herr Rosenkranz, haben gesagt, Sie seien gierig wie ein Löschblatt auf mein Gutachten, dann könnten Sie endlich etwas unternehmen. Sie haben dieses Gutach­ten, getan haben Sie nichts. Für mich stellt sich wirklich die Frage, wie es gehen kann, dass, obwohl sämtliche Fraktionen, SPÖ, Grüne, Volkspartei, FPÖ, uns das Welterbe erhalten wollen, das aber doch Scheinversprechungen sind. In Wirklichkeit geht es darum, dass alle hier mit einem Immobilienhai und mit einer Branche unter einer Decke stecken, die kein anderes Interesse hat, als dieses Welterbe zu zerstören, damit ge­baut werden kann, was gebaut werden muss, damit diese Leute Geld verdienen, unabhängig davon, wie es unserem Weltkulturerbe geht. – Ich danke sehr. (Beifall bei JETZT.)

17.45

Präsidentin Doris Bures: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Mag. Blümel gemeldet. Herr Bundesminister, Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht über­schreiten. – Bitte.