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Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Papamonat, Familienzeitbonus, Partnerschaftsbonus, Karenz, Kinderbetreuungsgeld – einkommensabhängig oder pauschal –, Väterkarenz und so weiter und so fort: Haben alle noch den Überblick, welche Möglichkeiten es für einen jungen Elternteil gibt, eine Chance zu nutzen, bei der Familie zu sein, wie das abgegolten wird, worauf man verzichtet, welches Risiko man eingeht?

Jede einzelne familienpolitische Maßnahme, jeder Beschluss und jedes Gesetz verfolgt einen Zweck und hat ein Ziel. Die Frage jedoch, ob diese Zwecke und Ziele einander jeweils unterstützen oder konterkarieren oder gegenseitig obsolet machen, ist aus meiner Sicht nie gesamtheitlich evaluiert worden.

Wir haben eine Familienpolitik, die von vielen kleinen und großen Maßnahmen geprägt ist. Wir haben viele Leistungen für unsere Jungfamilien, die schwer überblickbar sind und die man jeweils immer aufeinander abstimmen muss. Das bedeutet, jede Verän­derung in einem Gesetz erfordert wiederum eine Änderung in einem anderen Gesetz. Wir sind von einer einfachen, übersichtlichen Gesetzgebung meilenweit entfernt. Das, was wir in der Familienpolitik machen, ist das Gegenteil einer Deregulierung.

Die Kollegin hat im Hinblick auf den Papamonat tatsächlich ein richtiges Problem ange­sprochen. In der Frage der Lücke zwischen Papamonat und Väterkarenz hat sie näm­lich aus meiner Sicht das Problem richtig festgestellt, aber nicht die richtige Lösung. Die Lösung, die sie jetzt vorschlägt, ist, in dem Dschungel, den ich auch gerade prä­sentiert habe, einen weiteren Baum zu pflanzen, wenn Sie so wollen. Eine Änderung des Väter-Karenzgesetzes – welches übrigens gar nicht im Familienausschuss, son­dern im Sozialausschuss zu beschließen wäre – wäre aus ihrer Sicht der richtige Weg. Das wäre eine weitere Einzelmaßnahme und es würde weiter für weniger Transparenz und weniger Klarheit sorgen und nicht für mehr Familienfreundlichkeit.

Ich stelle in den Raum: Denken wir einmal etwas anders, denken wir nicht im beste­henden System. Hätten wir eine grüne Wiese, die wir zweifellos gerade nicht haben: Welches wäre das richtige Angebot für Menschen, die eine Familie gründen wollen? Wir als NEOS sind der Überzeugung, dass es eine einfache und klare Lösung, die alles beinhaltet, braucht, einen Individualanspruch für jeden Elternteil.

Was bedeutet dieser Individualanspruch? – Wir stellen uns 18 Monate für jeden Eltern­teil vor, in der Mehrzahl der Fälle können Vater und Mutter bei einem einkommens­abhängigen Kinderbetreuungsgeld jeweils 18 Monate zu Hause bleiben. Der Anspruch ist aber nicht auf den zweiten Elternteil übertragbar. Das heißt, es müssen sich beide ausmachen, wer wie lange bleiben möchte. Diese 18 Monate – das ist ein Modell, das in Schweden bereits funktioniert – sind in den ersten sieben Jahren auch auf mehrere Etappen aufgeteilt nutzbar. Das würde die Diskussion um die Väterkarenz, um den Papamonat obsolet machen, weil die Familie einfach selbst entscheiden kann: Nutze ich ihn nach der Geburt, nutze ich ihn, wenn das Kind in den Kindergarten kommt, nutze ich ihn bei der Einschulung? – Das würde sich sehr gut treffen.

In Schweden hat man eine sehr erfolgreiche Phase der Familienpolitik hinter sich. Dort ist es selbstverständlich, dass die Väterbeteiligung mehr oder weniger schon ein ge­sellschaftliches Muss ist. Ein Beamter kann im Staatsdienst nur dann erfolgreich sein, wenn er seine Väterkarenz auch ausgeschöpft hat. Ein Mann hat dort sozusagen als Teil seines Jobs Vater zu sein. Es ist nicht mehr so, dass das System der Familien­leistung die Verantwortung automatisch der Frau überträgt. Es ist dort eine Verant­wortung von beiden, und genau dorthin wollen wir NEOS auch. Wir glauben, dass die Menschen in unserem Land schon so weit sind. Wir glauben an die Wahlfreiheit, des­wegen gibt es keine Vorschrift, wer jetzt wie viel nutzen soll, aber es soll beiden in gleichem Maße möglich sein.

Lassen Sie uns in der Familienpolitik einen neuen Weg beschreiten! Wir geben 10 Pro­zent unseres Staatsbudgets für Familienleistungen aus. 10 Prozent, und dennoch haben wir noch immer nicht die richtigen Antworten. Das geht besser. Wenn Sie einen besseren Weg gehen wollen, haben Sie die Unterstützung der NEOS. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Cox und Zadić.)

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