10.04

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Mit dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz oder – umgangssprachlich – mit der Mindestsicherung Neu wird ein weiteres Vorhaben des aktuellen Regierungsprogramms umgesetzt. Das vorrangige Ziel dabei ist, die wesentlichen Grundsätze der Sozialhilfe neu zu regeln und österreichweit zu harmonisieren. Es ist notwendig geworden, die entsprechenden Regelungen an die aktuelle Situation anzupassen, weil sich in den vergangenen Jahren doch einiges verändert hat.

Zudem kennen wir alle den Aufwand und die Unübersichtlichkeit, die neun ver­schie­dene Regelungen in unseren neun Bundesländern mit sich bringen. Am eigenen Leib und sehr direkt erfahre ich das bei der persönlichen Assistenz für Menschen mit Behinderungen. Auch diesbezüglich gibt es in den neun Bundesländern ganz unter­schied­liche Regelungen. Eine bundesweit einheitliche Regelung oder Harmonisierung ist keineswegs eine Absage an die Länder. Ganz im Gegenteil: Die Bundesländer spielen hierbei eine wesentliche Rolle, sie haben in der Ausführungsgesetzgebung einiges an Handlungsspielraum und viel an Verantwortung. Ein kleinster gemeinsamer Nenner macht sehr viel Sinn. (Abg. Vogl: Wo ist der gemeinsame Nenner?) Es wird in diesem Bereich nun also erstmals ein Grundsatzgesetz geschaffen, verbunden mit der Einführung einer neuen Statistik zur Sozialhilfe. Nur so können informierte und faktenbasierte Entscheidungen getroffen werden.

Das neue Sozialhilfe-Grundsatzgesetz gewährt besonders schützenswerten Personen­gruppen, wie zum Beispiel Menschen mit Behinderungen oder Alleinerziehenden, Zu­schläge. Die gesetzten Maßnahmen für diese besonders schützenswerten Personen­grup­pen möchte ich an dieser Stelle ganz besonders hervorstreichen. In den vergan­genen Wochen und Monaten wurde leider viel zu oft nach dem Motto: Alles wird schlechter!, Unsicherheit geschürt. Viele Menschen mit Behinderungen haben sich voller Angst und Verunsicherung an mich gewandt. Eine reißerische Schlagzeile wird schnell für bare Münze genommen und leider nicht weiter hinterfragt. Übrig geblieben ist gefährliches Halbwissen, das keinem von uns nützt.

Noch lange bevor die Verhandlungen zur Mindestsicherung Neu tatsächlich begonnen hatten, wussten manche schon alles, und das anscheinend auch noch besser. Ganz besonders schockiert hat mich eine Aussage der vergangenen Tage. Ich zitiere: „Ist es jetzt ein Bonus, behindert zu sein“? – Und das aus dem Mund einer Soziallandesrätin. Solche Ausführungen möchte ich gar nicht weiter kommentieren, denn das ist für mich einfach nur beleidigend. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es sollte allen klar sein, dass Menschen mit Behinderungen einen Mehraufwand und mehr Kosten in ihrem Alltag zu bewältigen haben. Ich finde es mehr als legitim, diese mit öffentlichen Mitteln auszugleichen.

Zurück zur eigentlichen Sache: Menschen mit Behinderungen erhalten in Zukunft einen Mindestsicherungszuschlag von 18 Prozent des Netto-Ausgleichszulagenrichtsatzes, das entspricht 160 Euro pro Monat. Das war ursprünglich eine Kannbestimmung und wurde nun zu einer Mussbestimmung. Das bedeutet also, dass die Bundesländer diese 18 Prozent mehr für Menschen mit Behinderungen zahlen müssen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das Grundsatzgesetz stellt außerdem klar, dass die erhöhte Familienbeihilfe unberührt bleibt. Auch wird den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, für Menschen mit Behin­derungen eigene Bedarfsgemeinschaften einzurichten, denn nur so können die diversen Wohn- und Lebensformen den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderun­gen gerecht gemacht werden. Des Weiteren können Menschen mit Behinderungen von der Haushaltsdeckelung ausgenommen werden. Sie sollen ihre Leistung ungekürzt erhalten. Diese Regelungen im Kontext von Behinderung sind schon alleine deshalb bemerkenswert, weil sie tatsächlich ein Novum sind. In der früheren 15a-Vereinbarung war diesbezüglich überhaupt keine Regelung enthalten.

Was zum Beispiel auch gehörlosen Menschen große Sorge bereitet hat, war das Er­brin­genmüssen eines Nachweises der Sprachkompetenz. Das ist auch geklärt, dieser entfällt, und auch Menschen mit komplexen Kommunikationsstörungen sind vom Nach­weis der Sprachkompetenz ausgenommen.

Abschließend halte ich fest, dass im Bereich Behinderung substanziell nachgebessert und auf die Stellungnahmen der Interessenvertretungen gut eingegangen worden ist. Herbert Pichler, der Präsident des Österreichischen Behindertenrates, hat das be­stätigt. Bei ihm möchte ich mich stellvertretend für alle bedanken, die sich intensiv in den Gesetzwerdungsprozess eingebracht haben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.10

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Muchitsch ist zu Wort gemel­det. – Bitte.