15.46

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung. Es wäre nicht Österreich, wenn nicht die Dinosaurierparteien ÖVP, SPÖ und FPÖ zuerst über die Finanzierungs­konzepte sprächen (Ruf bei der FPÖ: Da seid ihr in Richtung Mauspartei unterwegs!), bevor sie über effiziente Modelle der Pflegestrukturen sprechen. Es wird auch gleich eine Festlegung getroffen; man hat sich im Rahmen des Pflegeforums des Sozial­ministeriums gleich festgelegt, was alles ganz sicher nicht in Frage kommt.

Es kommt eine Versicherungslösung nicht infrage, und das zieht sich von der SPÖ bis hin zur Wirtschaftskammer durch, auch Herr Gleitsmann hat gesagt, es komme über­haupt nicht infrage. Man hat sich gleich einmal einzementiert, bevor man überhaupt darüber nachgedacht hat, was ein Pflegesystem leisten soll, was es können soll, was es bieten soll, anstatt sich das vorher zu überlegen: Wenn es das und das können soll, dann organisieren wir es auf diese Weise und finanzieren es in einem dritten Schritt.

Wenn wir bis 2060 mit einer Verdoppelung der Pflegeausgaben rechnen müssen, wer­den Sie mit dem Zugang, den Sie hier gewählt haben, nicht weit hüpfen. Da kann der Herr Bundeskanzler das Wort bestmöglich in seine Rede einbringen, es wird an den Tatsachen auch nichts ändern.

Die Parlamentsdinosaurier haben es auch nicht geschafft, mit ihren Landesfürsten darüber zu reden, wie die Pflegestrukturen ausschauen sollen. Man hat es bei der Ab­schaffung des Pflegeregresses gesehen. Damals hat ja die ÖVP behauptet, die Abschaffung des Regresses koste 100 Millionen Euro im Jahr. Man musste kein Experte sein, um zu sehen, dass diese 100 Millionen Euro nicht reichen, aber man hat es behauptet. Es langt jetzt auch vorne und hinten nicht. Die Länder haben dem ganzen Salat im Bundesrat zugestimmt – einstimmig hat der Bundesrat die Abschaf­fung des Pflegeregresses beschlossen! –, und nachher sind dieselben Länder gekom­men und haben gesagt: Oh, mimimi, uns reicht das Geld nicht!

Es geht aber immer nur ums Geld, die Strukturen werden gleich belassen, und man schüttet noch mehr Geld in Strukturen, von denen wir sehen, sie funktionieren so auf Dauer nicht. Keiner ist bereit, an diesen Strukturen etwas zu ändern.

Jetzt ist der Pflegeregress abgeschafft und wir beobachten interessanterweise einen Run auf die Pflegeheime. Wir sehen bereits, dass beispielsweise die Zuschüsse für die 24-Stunden-Betreuung zurückgehen, weil weniger Menschen zu Hause und mehr in den Heimen sind. Bei den Ländern laufen die Kosten aus dem Ruder, aber Klubobmann Wöginger sagt: Das Wichtigste ist Pflege daheim vor stationär. Dann frage ich mich: Wo? Bei der Pflege daheim gibt es den Regress natürlich nach wie vor. Wenn jemand Pflegeleistungen zu Hause in Anspruch nimmt, gilt der Regress nach wie vor, nur im Heim gilt er nicht. Es ist von dieser Bundesregierung auch eine Erhöhung des Pflegegeldes ab Stufe 4 angekündigt worden. Ja, aber ab Stufe 4 ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man bereits im Heim ist. Diejenigen zu Hause sind in den allermeisten Fällen in Pflegestufe 1, 2 und 3. Sie bekommen keine Erhöhung. Was soll da daheim vor stationär bedeuten? – Das sind doch alles leere Floskeln. Es wird einem beim Zuhören schlecht. (Beifall bei den NEOS.)

Für die Zuhörerinnen und Zuhörer: Warum haben die Menschen nichts davon, wenn ab Pflegestufe 4 erhöht wird? – Das geht eins zu eins an die Länder, denn wenn die Menschen ab Stufe 4 aufwärts in den Pflegeheimen sind, bekommt das Pflegegeld der Träger des Heimes und nicht der Pflegebedürftige. Damit stopfen die Regierungs­par­teien nur wieder jenes Loch, das sie bei der Abschaffung des Pflegeregresses selbst aufgerissen haben. Den Menschen aber wird erklärt: Oh, wir tun so viel für Pflege daheim vor stationär! – Das Gegenteil ist der Fall: Es ist ein großes Hilfspaket für die finanzmaroden Länder. Nur Floskeln kennzeichnen diesen Pflegemasterplan, der An­fang des Jahres im Ministerrat beschlossen worden ist. Es ist also eine super Zusam­menfassung der Istsituation. Wenn man sich fragt, was da kommt, bleibt überhaupt nichts übrig.

Jetzt kommt eine Studie zur Finanzierung der Pflegevorsorge. Gut, ich kann nichts gegen eine Studie einwenden. Die Ministerin hat in der Fachzeitschrift „Österreich“ verkündet, was sie zur Pflege macht, nämlich ein Pflegetelefon. (Oh-Rufe bei NEOS und SPÖ.) – Oh, ein Pflegetelefon! (Heiterkeit bei Abgeordneten der NEOS sowie des Abg. Leichtfried.) Ja, also erstens hat das Bürgerservice des Sozialministeriums, das jetzt zurück umgetauft wird, bis vor Kurzem noch Pflegetelefon und Sozialtelefon ge­heißen, und zweitens haben natürlich ganz viele Bundesländer schon ein eigenes Pflegetelefon, und jetzt kommt noch ein Bundespflegetelefon dazu. – Also davon haben natürlich die Bürger total viel! (Beifall bei den NEOS.)

Was auch super wird, ist die Imagekampagne: Stellen Sie sich vor, eine Imagekam­pagne! Stellen Sie sich vor, Sie sind Krankenpfleger und jetzt kommt eine Image­kam­pagne: Ja, da geht es Ihnen besser! (Heiterkeit bei Abgeordneten der NEOS und der SPÖ.) Wenn Millionen hinausgeworfen werden und irgendeine FPÖ-nahe Agentur etwas entwerfen darf, wenn dann fett in den Medien inseriert wird und wir eine freund­liche Berichterstattung für die Regierung bekommen, hilft Ihnen das als Pflegekraft total. So funktioniert diese Regierung: eine gigantische Propagandamaschine, wo das Geld immer nur in die eigenen Taschen und in die Taschen der Parteigänger gespült wird. Die Bürger interessieren Sie Nüsse.

So, und jetzt soll daraus ein Pflegekonzept entstehen? – Im Leben nicht! In dieser Legislaturperiode, geschätzte Damen und Herren, werden Sie das leider nicht sehen! (Beifall bei den NEOS.)

15.52

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.