16.02

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bun­des­regierung! Herr Bundeskanzler! Pflege berührt und betrifft – in der Vergangenheit, in der Gegenwart und sicherlich noch viel mehr in der Zukunft. Ich glaube, ein Blick in die Vergangenheit lohnt sich.

Ich erwähne noch einmal die Jahreszahl 1993. Sie, Herr Bundeskanzler, waren damals sieben und in der ersten oder zweiten Volksschulklasse – völlig egal. Sie waren sieben und ein Volksschulkind, als ein roter Sozialminister das Bundespflegegeld eingeführt hat. Ich glaube nicht, dass es angemessen ist, zu sagen, in der Vergangenheit sei nichts passiert. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.) Rote Sozialminister und ‑ministerinnen haben immer versucht, das System – so gut es ging – weiterzu­entwickeln und auch zukunftsfit zu machen. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Kurz.) Das Gegenteil wurde gerade behauptet.

Wenn Sie, Herr Klubobmann Wöginger, wie vorhin sagen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch): Wir wollen die beste Lösung für die Menschen in Österreich! – die beste Lösung: 12-Stunden-Tag (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Kurz), die beste Lösung: Kürzungen beim AMS (Abg. Nehammer: Beim Thema bleiben!), die beste Lösung: 1,50-Euro-Stundenlohn-Jobs, die beste Lösung: Kürzungen, Kürzungen, Kürzungen (Zwischenruf des Abg. Wöginger, dann ist das eine gefährliche Dro­hung, wenn Sie sagen: Wir wollen die beste Lösung in der Pflege!, dann kann ich dem, ehrlich gesagt, nicht folgen. (Beifall bei der SPÖ.)

Bevor ich mich zwei Gruppen zuwende, die besondere Beachtung brauchen: Mir fällt auf, es dürfte einen ziemlichen Zwist in der Koalition geben (Zwischenruf bei der SPÖ), einen ziemlichen Zwist insofern, als Herr Klubobmann Rosenkranz sich nicht zu Wort meldet. Sie stehen nicht auf der Rednerliste, aber vielleicht kommt das ja noch. (Abg. Rosenkranz: Haben Sie Sehnsucht nach mir?!) – Herr Klubobmann, nein, sicher nicht! (Abg. Rosenkranz: Na also, dann tue ich Ihnen jetzt einen Gefallen ...!) Ich darf Sie aber zitieren: „Keine Option sei etwa eine Pflegeversicherung nach deutschem Vor­bild.“ Es ist keine Option. Frau Bundesministerin Hartinger-Klein hat auch Ähnliches gesagt. (Abg. Rosenkranz: Wenn Sie mich schon zitieren, dann zitieren Sie mich richtig! Ich habe Sie bei der Veranstaltung nämlich nicht gesehen!) Das heißt, Sie wollen keine Pflegeversicherung. Bei der ÖVP ist das nicht ganz klar, die wollen die beste Lösung. Ich habe schon Beispiele genannt.

Es ist wahrscheinlich so, dass Sie Zeit schinden wollen, weil Sie sich nicht einig sind, ob Sie ein staatlich finanziertes Pflegesystem oder ein Pflegesystem auf dem Rücken der SteuerzahlerInnen wollen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), das im Übrigen 1 400 Euro pro Jahr und Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer kosten würde – lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es gibt nicht nur die zwei Leistungen Pflege daheim oder Pflege im Heim, es gibt dazwischen eine Palette an Möglichkeiten: teilstationäre Pflege, mobile Pflege, Tagespflege, aber auch – diese Gruppe wurde heute schon genannt – 24-Stunden-Betreuung. (Abg. Wöginger: Das Ablenkungs­manöver haut nicht so ganz hin!) Ich bin wirklich zutiefst überzeugt, dass es richtig und wichtig ist, dass sich nicht nur der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband, sondern auch die Gewerkschaft Vida – Vidaflex in diesem Fall – dieser Personengruppe, die schon fast 70 000 Personen in Österreich ausmacht, widmen und diese 24-Stunden-Betreuung auf neue Beine stellen.

Es ist so, dass es rund 600 Agenturen in Österreich gibt, die nicht immer seriös mit den Betreuerinnen – vielleicht auch Betreuern – umgehen. Es wäre ganz wichtig, dass Rechtssicherheit geschaffen wird, dass für Qualität gesorgt wird, dass die Leistbarkeit für Familien im Vordergrund steht und dass die 24-Stunden-Betreuung auf bessere und neue Beine gestellt wird, denn es gibt Knebelverträge, viele intransparente Vorge­hensweisen und kaum Qualitätssicherung. Qualität hat einen Preis, das ist klar, und daher wäre es wichtig, dass man bei der 24-Stunden-Betreuung ganz schnell reagiert, Herr Bundeskanzler, und den Wertverlust von 150 Euro, der seit 2007 besteht, ausgleicht und eine Erhöhung vornimmt.

Es hätte des Weiteren schon längst, auch vorige Woche in der Sozialausschuss­sitzung, erfolgen können (Ruf bei der SPÖ: Unglaublich!), dass man das, was der Herr Bundeskanzler gesagt hat – man wolle die pflegenden Angehörigen besser unter­stützen –, umsetzt und den Rechtsanspruch auf Pflegeteilzeit und auf Pflegekarenz beschließt. Da braucht man nicht auf ein Riesenpaket zu warten, für das Sie Studien in Auftrag geben – womit Sie es das ganze Jahr lang verschleppen –, das hätte man gleich machen können. (Abg. Wöginger: Wir wollen aber ein Paket!) Dazu waren Sie leider, leider nicht bereit. (Beifall bei der SPÖ.)

Die zweite Gruppe: Ich bedanke mich wirklich bei allen Frauen und Männern in diesem Land, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen und die sich, wie es die Frau Klub­vor­sitzende der SozialdemokratInnen, Pamela Rendi-Wagner, gesagt hat, von heute auf morgen vielleicht nicht mehr im Job, sondern außerhalb des Jobs befinden. Ich glaube, es braucht auch da schnelle Hilfen und Lösungen für Personen, die als Angehörige Personen pflegen, die ganz überraschend und schnell krank geworden sind und Pflege benötigen. Das heißt, eine Ausweitung der Pflegefreistellung wäre notwendig. Diese Personen sollen aber auch, wenn akut geholfen werden muss und man nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, Hilfe bekommen.

Man braucht da nicht bis Ende 2019 zu warten, das hätte man schon vorige Woche beziehungsweise heute hier im Parlament beschließen können. Ich sehe nicht ein, warum Sie so lange warten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jarolim: Bravo! Kurz und glasklar!)

16.07

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Gödl zu Wort gemeldet. – Bitte.