16.17

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Herr Bundesminister! Wir sind uns grundsätzlich, glaube ich, einig, dass die Bundesregierung eines sehr gut kann, nämlich umfassende Ankündigungs- und Showpolitik. Und, Herr Kollege Gödl, weil Sie gesagt haben, es gibt einen breiten Dialog und einen breiten Prozess: Das ist etwas, das ich mir auch wünsche und das wir als NEOS auch selbst gestartet haben. (Zwischenruf des Abg. Gödl.) Ich muss nur auch dazusagen: Im Zusammenhang mit der jetzigen österreichischen Bundes­regie­rung drängt sich halt der Verdacht auf, dass es nicht ganz ernst gemeint ist.

Was wir in den letzten Monaten gesehen haben: Es ist große politische Inszenierung, es ist immer ein bisschen Problembeschreibung – manchmal haben Sie, das muss man dazusagen, bei der Problembeschreibung sogar recht –, es sind dann irgend­welche Punktationen, die gemacht werden, und am Schluss sind es halt leider sehr oft irgendwelche Husch-Pfusch-Gesetze, die nicht sonderlich sinnvoll sind. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gödl.)

Das Gleiche haben wir ja leider Gottes nun auch beim Thema Pflege. Wenn man sich die Ankündigungen anhört: Wir haben den Masterplan Pflege, der im Wesentlichen eine Bestandsaufnahme ist, das Pflegetelefon – das haben wir auch schon gehört; das klingt gut, Frau Bundesministerin, aber etwas, das schon da ist, ein wenig umzu­benennen und dann als großen Erfolg zu verkaufen ist ein wenig skurril – und eine Imagekampagne, von der die zu Pflegenden wenig haben, genauso wenig wie die Pfleger. Deswegen drängt sich natürlich ein bisschen der Verdacht auf, dass das wie­derum nur Ankündigungs- und Showpolitik der Bundesregierung ist und man eben nicht daran interessiert ist, dieses Problem und diese Herausforderungen langfristig zu lösen.

Herr Kollege Gödl, ich stimme Ihnen übrigens auch zu, wenn Sie sagen, wir sollten zuerst darüber diskutieren, wie ein Pflegesystem ausschauen soll, bevor wir über die Finanzierung sprechen – da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Wir müssen schauen, was ein Pflegesystem leisten kann, was es leisten soll und wohin wir überhaupt wollen. Das Problem ist nur: Wir diskutieren in allererster Linie deswegen schon so früh über die Finanzierung, weil eine breite Einheitsfront aus SPÖ, FPÖ, ÖVP und damals auch den Grünen mit der populistischen Abschaffung des Pflegeregresses ohne Gegen­finanzierung im letzten Wahlkampf ein umfassendes Pflegefinanzierungschaos in den Ländern verursacht hat.

Sie sind gemeinsam mit den anderen Kollegen daran schuld, dass wir diese Dis­kussion führen müssen, weil Sie da eingeknickt sind. Das war insbesondere vonseiten der ÖVP einigermaßen absurd. Dass die SPÖ das will, wissen wir, dass die FPÖ das will, kann man sich auch vorstellen, aber Sie sind diejenigen, die schuld daran sind, dass wir den Pflegeregress ohne Gegenkonzept abgeschafft haben. Das ist das große Problem, deswegen müssen wir auch jetzt schon über die Finanzierung diskutieren. (Beifall bei den NEOS.)

Ich sage Ihnen etwas: Natürlich kann man sich jetzt hierherstellen – wie KollegInnen von der SPÖ – und sagen: Na ja, wir finanzieren das dann alles aus dem Steuertopf! – Frau Kollegin Heinisch-Hosek, Sie haben etwas gesagt, was ich ein bisschen skurril fand; Sie haben gesagt, entweder gibt es ein staatlich finanziertes Pflegesystem oder es wird wieder auf dem Rücken der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler passieren. (Abg. Heinisch-Hosek: Ich habe ...beiträge gemeint!) – Also ich gehe davon aus, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler unseren Staat finanzieren; das heißt, egal wie Sie es haben wollen, es ist Fakt, dass sie zur Kasse gebeten werden. (Abg. Heinisch-Hosek: Vermögensteuern zum Beispiel!)

Das erinnert mich ein wenig an den Landeshauptmann des Burgenlandes, Herrn Landeshauptmann Doskozil, der sich die Welt irgendwie so vorstellt: Es gibt einen Bankomaten, da drückt man drauf, und dann kommt das Geld raus. – Das ist einigermaßen schwierig. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ja, liebe Kollegen von der ÖVP, es freut mich, wenn Sie in diesem Zusammenhang klatschen, aber ich habe auch die Sorge, dass Sie es dann sind, die wieder einknicken und genau dieses sozialistische Konzept dann auch umsetzen werden, denn wenn ich Ihrem Koalitionspartner zuhöre, der ja auch davon ausgeht, dass man das alles staatlich finanzieren kann, dass das total unproblematisch ist, dann mache ich mir einigermaßen Sorgen. Es haben alle hier im Haus noch vertretenen Parteien – außer die Kollegen von JETZT, die damals mehrheitlich noch nicht da waren (Abg. Wurm: Neoliberal sind die nicht!) – der Abschaffung des Pflegeregresses zugestimmt, und das war damals das populistische Einknicken während des Wahlkampfs. Darum haben wir jetzt diese großen Probleme.

Herr Kollege Klubobmann Wöginger hat gesagt, das Credo der ÖVP ist, dass daheim gepflegt wird anstatt stationär. Seit Sie den Pflegeregress abgeschafft haben, ist Folgendes passiert: Es kommen immer mehr Leute ins Heim, müssen dort gepflegt werden. Das haben Sie mitzuverantworten, und deshalb müssen wir diese Diskussion jetzt auch ernsthaft führen.

Ja, ich gebe Ihnen im Zusammenhang mit der breiten Einbindung recht. Ich glaube auch, dass wir zuerst darüber diskutieren müssen, was ein Pflegesystem können muss, was wir von der Pflegeversorgung wollen, wie gepflegt werden soll, wo gepflegt werden soll, wie wir es schaffen, dass Menschen in Würde altern können, wie wir es vor allem schaffen, dass diese Menschen weiterhin selbstbestimmt und so gut wie möglich eigenverantwortlich leben können. Ich sage Ihnen aber ehrlich: Was ich mitbekomme und was ja auch im Regierungsprogramm steht, die Vollverstaatlichung der Pflegefinanzierung, das macht mir einigermaßen Sorgen. Sie stellen sich hin, streuen – sehr unseriös, wie die SPÖ – den Menschen Sand in die Augen und erklä­ren: Wir finanzieren das alles, es ist überhaupt kein Problem!

Die Frage, wo das Geld herkommt, kann die SPÖ zwar beantworten, weil sie dann laut nach Erbschaftssteuern schreit, Sie können sie aber nicht beantworten. (Abg. Heinisch-Hosek: Erbschaftssteuern! Erbschaftssteuern!) Da ein Versprechen abzugeben, dass die Menschen am Schluss der Legislaturperiode weniger zahlen müssen, halte ich für einigermaßen unseriös, und ich würde mir wirklich wünschen, dass wir dieses ernsthafte Thema ernsthaft diskutieren und nicht einfach sagen: Ja, am Schluss wird das schon irgendwie gezahlt werden! – So wird es jedenfalls nicht funk­tionieren. (Beifall bei den NEOS.)

16.22

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Rossmann ist zu Wort gemel­det. – Bitte.