16.32

Abgeordnete Birgit Silvia Sandler (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Werte Zuseher und Zuseherinnen! Rund 18,4 Pro­zent der österreichischen Wohnbevölkerung leben mit einer oder mehreren Behin­de­rungen. Das sind Menschen, die alleine leben, Menschen, die in Wohngemeinschaften leben, die in Einrichtungen leben oder bei ihren Eltern leben. Das Pflegegeld ist dazu gedacht, dass diese Menschen den finanziellen Mehraufwand, den sie durch ihren psychischen oder physischen Gesundheitszustand haben, zumindest finanziell abge­golten bekommen. Dieser Mehraufwand ist bei verschiedenen Menschen unter­schied­lich: Ältere brauchen in der Pflege andere Unterstützung als Jüngere und Menschen mit Behinderung haben andere Bedürfnisse als Kranke. Das muss individuell abgeklärt und gefördert werden.

Ein trägerunabhängiger Pflegeservice wäre genau solch eine Drehscheibe, die als eine Ansprechstelle fungieren könnte. Menschen mit Behinderung haben dasselbe Recht wie jeder und jede andere, frei wählen zu können, wie, wo und mit wem sie leben wollen. Das ist häufig nur mit spezieller Unterstützung möglich und oft auch nur, wenn das nötige Kleingeld vorhanden ist.

Um auch ihnen ein selbstbestimmtes Leben ohne finanzielle Sorgen zu ermöglichen, braucht es eine klare und transparente Finanzierung. Wir reden von Menschen, die kaum oder ein geringes Einkommen haben; wir reden von Menschen, die meist von vielem, was für andere selbstverständlich ist, ausgeschlossen sind; wir reden von Menschen, die wissen, was es heißt, mit wenig auszukommen; und wir reden von Menschen, die Wertvolles für die Gesellschaft leisten können und auch wollen, wenn man sie nur lässt – wir reden von Menschen, die sich auf keinen Fall eine Pflege­versicherung leisten können.

Für uns ist absolut klar, dass es keine Pflegeversicherung geben kann (Beifall bei der SPÖ), für uns ist klar, dass es gerade für diese Menschen keine zusätzliche Belastung geben kann und für uns ist auch völlig klar, dass es nur mit einem staatlich finanzierten Pflegesystem gehen wird.

Menschen mit Behinderung leisten Wertvolles in der Gesellschaft. Ja, und dazu brauchen sie unsere Unterstützung. Als PolitikerInnen ist es unsere Pflicht, Rahmenbedingungen für alle zu schaffen, um eine echte Teilhabe an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu ermöglichen. Ein bundesweit einheitliches Pflegesystem, das die Qualität und Ansprüche für alle Menschen in Österreich gleich regelt, wäre gerade für Men­schen mit Behinderung eine wichtige Erleichterung. Diese Ansprüche, von denen ich gesprochen habe, sind eben bei Menschen mit Behinderungen andere. Auch die müssen Platz haben. Sie müssen in dieser Diskussion und in einem nachhaltigen Pflegekonzept Platz haben.

Wir brauchen eine Absicherung für ihre persönliche Assistenz im Freizeitbereich, die bedarfsorientiert und bundesweit einheitlich geregelt ist. Wir brauchen bundesweit einheitliche Unterstützung für technische Hilfeleistungen, nicht nur in der Schule oder in der Arbeit, sondern auch in der Freizeit. Wir brauchen spezielle Schulungen für Menschen in der Pflege, die sich um Menschen mit Behinderung in den Senioren­zentren kümmern werden. Wir brauchen eine jährliche Valorisierung des Pflegegeldes in allen Pflegestufen. Und wir brauchen eine bessere Bezahlung und bessere Arbeits­bedingungen für die Pflegekräfte.

Frau Ministerin, stehen Sie bitte zu Seite 119 des Regierungsprogramms, wo steht: „Mit einem klaren Bekenntnis zur Steuerfinanzierung aus einer Hand muss garantiert werden, dass das Geld bei den Menschen ankommt“.

Handeln Sie endlich, Ihre Versprechungen pflegen niemanden! – Danke, Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

16.36

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte.