22.29

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Herr Präsident! Frau Präsidentin! Der Einkommensbericht, den wir jetzt um 22.15 Uhr folgende diskutieren, ist eines der zentralsten Dokumente zur Entwicklung der Einkommen, die wir in Österreich haben – nicht zur Entwicklung der Einkommenssituation der Selbstständigen und Gewerbetrei­benden, dort ist es eine Katastrophe, aber dieses Dokument ermöglicht oder würde eine faktenorientierte Politik ermöglichen.

Was steht nun in diesem Bericht drinnen? – Es gibt eine gute Nachricht und viele schlechte Nachrichten. Die gute Nachricht: Die Realeinkommen erholen sich langsam, bis 2017 wohlgemerkt, in diesem Jahr endet der Bericht. Und die schlechte Nachricht unter den vielen schlechten Nachrichten: Die inflationsbereinigten Einkommen haben sich für die ärmsten 10 Prozent der Beschäftigten um fast ein Drittel verschlechtert. Das bedeutet, dass sich die Einkommensschere in Österreich weiter geöffnet hat.

Wer sind nun die Verlierer und Verliererinnen und die Gewinner und Gewinnerinnen? – Die Gewinner sind ganz eindeutig die Beamten. Diese können sich gegenüber 1998 heute über ein Realeinkommen freuen, das um 25 Prozent höher ist als 1998. Schauen wir uns das für die Arbeiterinnen und Arbeiter an, für das ärmste Zehntel der Arbei­terinnen und Arbeiter, so müssen wir feststellen, dass sich diese um 43 Prozent weni­ger leisten können als 1998 – also Beamte plus 25 Prozent, Arbeiterinnen und Arbeiter des unteren Einkommenszehntels minus 43 Prozent. Eigentlich ein Skandal! (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.) Und das soll vor der Öffentlichkeit abge­schirmt werden, aber das sind genau die Dinge, über die man diskutieren muss.

Gleichzeitig – das muss ich auch noch sagen – ist in diesem Zeitraum der Wohlstand Österreichs um 50 Prozent gestiegen. Dass sich diese Menschen des untersten Einkommenszehntels, Arbeiterinnen und Arbeiter, zu Recht an den Rand gedrängt fühlen, ist nur allzu verständlich. Es ist daher auch nur allzu verständlich, wenn diese – sagen wir einmal so – anfällig werden für den Populismus, insbesondere den Rechts­populismus. (Abg. Haider: Der Rechtspopulismus geht ja noch! Aber der Linkspopulis­mus ist das Gefährliche!)

Natürlich kann man etwas gegen diese Ungerechtigkeit tun, aber die Regierung tut ja nichts. Die jetzige Regierung, Herr Kollege, verschärft diese Situation noch einmal insofern, als sie das untere Einkommensdrittel systematisch benachteiligt.

Ich möchte jetzt folgenden Entschließungsantrag betreffend Mindestlohn, der geeignet wäre, diese Situation zumindest ein wenig zu lindern, einbringen:

Entschließungsantrag  

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mindest­lohn“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Regierung soll in Absprache mit den Sozialpartnern sicherstellen, dass eine Arbeitsstunde in Österreich faktisch mindestens mit 10 Euro brutto bzw. ein Monat in Vollzeitbeschäftigung mindestens mit 1.750 Euro brutto entlohnt werden muss.“

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Die jetzigen 1 500 Euro, die bis Jahresende angepeilt werden sollen, reichen nicht aus – reichen deshalb nicht aus, weil es viele Menschen gibt, die ja von dieser Rege­lung gar nicht erfasst werden. Ich denke an die vielen Menschen, die in prekären Arbeitssituationen arbeiten.

Jetzt kann man sich natürlich fragen  und das kann man auch im Bericht nachlesen –: Warum klaffen die Einkommen so auseinander? – Ein Grund für dieses Auseinander­klaffen besteht darin, dass wir eine sehr stark steigende Teilzeitbeschäftigung haben. Sie hat sich von 1998 bis 2017 von 16 auf 28 Prozent erhöht. Die Teilzeitbeschäftigung ist weiblich, das wissen wir: Vier Fünftel aller Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. Die Ursachen sind bekannt, seit Langem im Übrigen. Es sind nicht die Frauen, die freiwillig in Teilzeit arbeiten – nein! Die Ursachen sind, dass sie zum überwiegenden Teil die Kindererziehung und die Pflege älterer Menschen übernehmen. Die Antworten fehlen, seit Jahren im Übrigen, auch jetzt fehlen sie natürlich.

Wo ist der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen? Wo sind die Ganztags­schu­len? (Abg. Zanger: Mütterförderung!) Wo sind die Lösungen für die Pflege, über die wir heute schon diskutiert haben, bei der mobilen Pflege zum Beispiel? Das sind große Heraus­forderungen, die Antworten brauchen, auch im Sinne der Verbesserung der Ein­kom­menssituation und der sich öffnenden Einkommensschere, über die ich gesprochen habe.

Der Handlungsbedarf ist groß, denn niedrige Einkommen heute schlagen sich später auch in niedrigen Pensionen nieder. Wenn wir so weitertun, werden wir in Bälde ein großes Problem der Einkommensarmut im Alter haben. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde

betreffend Mindestlohn

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Allgemeiner Einkommensbericht 2018 – Reihe Einkommen 2018/1 (III-223/516 d.B.) - TOP 19

Begründung

Der Einkommensbericht 2018 zeigt, dass gerade die untersten Einkommensklassen der Arbeiterschaft zwischen 1998 und 2017 von Realeinkommensverlusten betroffen sind und im Lohnwachstum deutlich hinter Angestellten sowie Beamten und Beamtinnen hinterherhinken:

Nur zum Teil ist eine dermaßen ernüchternd ausfallende Entwicklung der mittleren Einkommen auf die ansteigende Teilzeitquote zurückzuführen. Insbesondere die Ungleichheit in der Einkommensentwicklung ist augenscheinlich und zeigt sich auch in den nominellen Beträgen der Bruttojahreseinkommen:

Eine Möglichkeit, der Ungleichheit in den Erwerbseinkommen entgegen zu wirken, ist ein (gesetzlicher) Mindestlohn. Die Wirtschaftskammer verweist hierzu auf eine Ver­einbarung mit dem Gewerkschaftsbund, nach welcher „bis 31. 12. 2019 kein Mindest­lohn in einem Kollektivvertrag (KV) unter 1.500 Euro pro Monat liegen soll.“1 Ein Blick auf die nominellen Bruttojahreseinkommen verrät jedoch, dass diese Zielsetzung in ihrer Höhe unzureichend ist.

Hinzu kommt, dass sie den kleinen, nicht von Kollektivverträgen erfassten Teil der österreichischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen außen vor lässt. Eine Proble­matik, die durch zunehmend aufkommende neue Formen der Arbeit und damit zusam­menhängende Beschäftigungsverhältnisse – insbesondere Plattformarbeit, vom Crowd­working bis zum Minijob – noch wachsen dürfte.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierung soll in Absprache mit den Sozialpartnern sicherstellen, dass eine Arbeitsstunde in Österreich faktisch mindestens mit 10 Euro brutto bzw. ein Monat in Vollzeitbeschäftigung mindestens mit 1.750 Euro brutto entlohnt werden muss.

1 https://news.wko.at/news/oesterreich/position_mindestlohn.html.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Niss. – Bitte.