15.00

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Frau Präsidentin! Geschätzte Minis­terin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, worüber wir hier reden: Es geht um Gewaltschutz, es geht um echte Chancengerechtigkeit und es geht um Selbstbestimmung. Ich bin davon überzeugt, dass wir alle in diesem Raum uns zu diesen Zielen bekennen, dass jede Person hier in diesem Raum für sich, für ihre Freundinnen, für ihre Töchter auch echte Chancen­gerechtigkeit haben möchte. Wir alle wollen doch, dass endlich Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass Frauen eine echte Wahlfreiheit haben, ob sie arbeiten wollen oder ob sie sich um die Kinderbetreuung kümmern wollen, und dass Rah­menbedingungen dafür geschaffen werden, dass Frauen einen gerechten Anteil an Geld, an der Macht und an der Arbeit in Österreich bekommen. (Beifall bei JETZT.)

Wenn es nun von manchen heißt: Ja, diese Wahlfreiheit, die gibt es ja schon längst, und Frauen in Österreich sind doch schon längst gleichgestellt!, dann kann ich Ihnen sowohl aus persönlicher Erfahrung als auch aus zig Gesprächen mit Gleichaltrigen, aber auch durch Statistiken belegen, dass das in Österreich nicht so ist.

Reden wir doch über den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit – die Frau Ministerin hat es angesprochen –, reden wir doch über diesen Gender Pay Gap und darüber, wie eklatant dieser in Österreich ist. Schauen wir uns doch den europäischen Schnitt an, dann merken wir, dass Österreich unter den Spitzenreitern ist, was die Kluft zwischen Männern und Frauen betrifft. Wir alle müssen uns die Frage stellen, warum das so ist. Wir alle müssen gemeinsam daran arbeiten, diese Lohnschere zu reduzieren. (Beifall bei JETZT sowie der Abgeordneten Leichtfried und Lindner.)

Ich bin vor Kurzem auf eine Studie gestoßen, die ich gerne mit Ihnen teilen möchte, weil es viele Freundinnen von mir betrifft, weil es mich betreffen wird und weil es im Allgemeinen viele Frauen betrifft. (Die Rednerin hält eine Tafel in die Höhe, auf der ein Kurvendiagramm zur Entwicklung des Einkommens im Vergleich von Frauen und Männern in Österreich und Deutschland vor und nach der Geburt des ersten Kindes zu sehen ist.)

Es ist eine Langzeitstudie, die besagt, dass Frauen und Männer mehr oder weniger gleich einsteigen, was den Lohn betrifft, dass es aber ab der Geburt des ersten Kindes zu einem eklatanten Unterschied kommt: Der Lohn der Frau reduziert sich um fast 51 Prozent. Dieser Unterschied – das ist das Spannende – bleibt in den darauffol­gen­den zehn Jahren eklatant, er bleibt bei 51 Prozent weniger als noch vor der Geburt des Kindes. Im Vergleich dazu das Männereinkommen: Dieses bleibt unverändert, und zwar unabhängig davon, wie viele Kinder es in der Familie gibt.

Da müssen wir uns die Frage stellen: Wie gehen wir mit dieser Statistik um, denn diese in der Statistik ausgewiesenen Fakten sind am Ende des Tages auch dafür verant­wortlich, dass wir einen Gender Pay Gap haben. (Beifall bei JETZT sowie der Abge­ordneten Friedl und Leichtfried.)

Unsere männlichen Kollegen sind doch auch Väter, auch sie wollen das Recht und die Möglichkeit haben, in Karenz zu gehen und sich um ihre Kinder zu kümmern. Die Realität in Österreich schaut aber leider anders aus. Dafür sind viele Faktoren verantwortlich; ich möchte kurz auf zwei Faktoren eingehen. Erstens: Männer gehen in Österreich nach wie vor weniger oft in Karenz, im Vergleich zum Jahr 2006 sogar noch weniger. Zweitens: Es fehlt an ausreichenden, flächendeckenden und kostenfreien Kinderbetreuungsplätzen in ganz Österreich. Diesen zwei Faktoren müssen wir uns widmen, denn dann schaffen wir es vielleicht, diese Statistik zu verändern (die Tafel mit dem Kurvendiagramm erneut in die Höhe haltend) und diese eklatante Lohnschere auszuhebeln. (Beifall bei JETZT sowie der Abgeordneten Leichtfried und Schatz.)

Danke noch einmal an alle und danke auch an alle Mitwirkenden des Frauen­volks­begehrens, denn ihr seid dafür verantwortlich, dass wir über diese Themen reden und dass wir nicht aufhören, über diese Themen zu reden, bis es endlich Chancen­ge­rechtigkeit für alle gibt. – Danke. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.04

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Angelika Kuss-Bergner zu Wort gemeldet. – Bitte.