16.48

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielleicht ganz kurz zur politischen Einflussnahme, wie sie ja auch schon vorhin von Kollegen Noll kurz angesprochen wurde: Die SPÖ muss sich da wirklich sozusagen selber an der Nase nehmen. Ich kann mich erinnern, vor einigen Jahren hätte Pelinka junior, der Freundeskreissprecher bei Ihnen in der Stiftungsratsfraktion war, quasi als Büroleiter von Generaldirektor Wrabetz inthronisiert werden sollen. Eine viel stärkere Intervention im Hinblick auf Parteipolitik ist fast nicht möglich, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwi­schenruf des Abg. Androsch.)

Ich möchte mich vorab einmal bei der Christlichen Partei Österreichs für diese Initiative bedanken, auch dafür, dass ein Volksbegehren initiiert worden ist, das rund 320 000 Bür­gerinnen und Bürger unterstützt haben, ein Volksbegehren, das die Abschaffung der ORF-Zwangsgebühren fordert und auch heute die Diskussion zu diesem Thema ermöglicht.

Die Kernfrage ist natürlich, ob die ORF-Gebühren, so wie sie heute ausgestaltet sind, im 21. Jahrhundert noch zeitgemäß sind. Das ist ja keine Diskussion, die nur wir hier in Österreich führen, sondern das ist eine Diskussion, die europaweit geführt wird. Sie wissen, dass ein Gutteil der europäischen Staaten auch schon alternative Lösungen zur Gebührenfrage diskutiert und auch schon umgesetzt hat.

Der ORF hat in Österreich in den letzten 20 Jahren rund die Hälfte seiner Marktanteile verloren. Im Jahr 1998 waren es noch 61 Prozent, im Jahr 2018 nur mehr 30 Prozent. Noch erschreckender ist, dass der ORF Marktanteile vor allem bei jungen Menschen verloren hat, da liegt der Marktanteil weit unter 30 Prozent. Es ist also festzuhalten, dass der ORF die Jugend verloren hat, und das ist eine sehr, sehr dramatische Entwicklung. Es zeigt, dass vieles im ORF eben nicht mehr zeitgemäß ist und er mit der Konkurrenz Privater schlicht und einfach nicht mithalten kann. Das wollen wir ändern, sehr geehrte Damen und Herren!

Wenn immer weniger Bürgerinnen und Bürger den ORF konsumieren, dann verstehe ich natürlich, dass viele – bei geringeren Marktanteilen – sagen: Wieso soll ich dann noch zwangsweise Gebühren entrichten, wenn ich diese Programmgestaltung nicht mehr in Anspruch nehme? Das heißt, es gibt vollstes Verständnis von unserer Seite für diese Ansicht der Bürgerinnen und Bürger in Österreich.

Werfen wir einen kurzen Blick auf die Frage der Glaubwürdigkeit bei politischer Berichterstattung im ORF, denn wir wissen aus Umfragen, dass das für die Kon­sumenten des ORF auch ein zentraler Punkt ist, warum sie sich teilweise von diesem ORF abwenden. In einer OGM-Umfrage für den „Kurier“ vom März 2018 sagen 10 Prozent, die Berichterstattung ist sehr objektiv, 33 Prozent sagen, sie ist eher objektiv, und 57 Prozent zweifeln an einer objektiven politischen Berichterstattung.

Vor Kurzem stellte eine weitere Umfrage, die Sora-Umfrage vom März 2019, die Frage an die Beteiligten, ob ORF-Journalisten in sozialen Medien ihre persönliche Meinung zu Themen der österreichischen Politik äußern oder möglichst keine Kommentare abgeben sollten. Sehr geehrte Damen und Herren, eine Überraschung: 53 Prozent wollen, dass Journalisten keine persönliche Meinung abgeben. Die Menschen wollen nicht belehrt werden, Sie wollen sich ihre Meinung selber bilden.

Was erwarten sich die Zuseher? – Ausgewogenheit, Objektivität, Meinungsvielfalt. Jetzt frage ich Sie ganz ehrlich: Glauben Sie nach dem, was Sie in den letzten Jahren gesehen haben, dass der ORF das derzeit erfüllt? (Abg. Neubauer: Nein!)

Da haben wir beispielsweise in Tirol bei den Landtagswahlen erleben müssen, wie der ORF im Bericht eine Klarstellung des FPÖ-Spitzenkandidaten Abwerzger gegen Anti­semitismus einfach herausschneidet und damit unterstellt, Abwerzger hätte nichts gegen Antisemitismus getan. (Abg. Schimanek: Genau!) Brigitte Handlos, Chronik-Chefin des ORF (Abg. Gudenus: Eine schreckliche Person!), äußert in einem Twitter-Post bei Andreas Babler ihre Hoffnung, dass es bald eine Zeit nach Kurz, Kickl, Hartinger-Klein, Faßmann und Co geben soll. Da haben wir einen Armin Wolf, der auf seinem privaten Twitter-Account unverblümt seine politischen Ansichten und Einschät­zungen kundtut. In der öffentlichen Wahrnehmung, muss ich sagen, ist das auch nicht mehr sehr weit von Jan Böhmermann entfernt.

So erfolgt dann naturgemäß auch die Interviewführung, und das, sehr geehrte Damen und Herren, liegt letztlich an Complianceregelungen innerhalb des ORF, die ganz grundsätzlich nicht erfüllt werden – oder teilweise nicht erfüllt werden, denn man darf natürlich nicht jeden ORF-Journalisten in Geiselhaft nehmen, sondern es ist eine bestimmte Gruppe, die das ganz einfach nicht vollzieht. Es wird in der Struktur offenbar auch nicht für diese Hygiene und für eine Umsetzung dieser Wohlverhaltensregeln ausreichend Sorge getragen. Das wäre in keinem anderen internationalen Medienhaus denkbar, weder bei CNN noch bei BBC, und das ist der eigentliche Skandal, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Schellhorn: Das wissen Sie!)

Es ist wirklich schwer, die Bürgerinnen und Bürger davon zu überzeugen, dass sie hierfür Zwangsgebühren zu bezahlen haben.

Schließlich ist die Gebührenfrage auch eine soziale Frage. Wieso sollten Menschen verschiedener Einkommenskategorien stets dieselbe Höhe an GIS-Gebühren bezah­len? Der Kunde zahlt durchschnittlich 300 Euro im Jahr, egal ob Fliesenleger, Lehrer oder Bankdirektor. Eine Staffelung nach Einkommenshöhe wäre sachgerecht, die GIS-Gebühr in der jetzigen Form ist einfach nicht sozial.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Unsere Aufgabe als Volksvertreter ist es letztlich, den Willen der Bürgerinnen und Bürger bestmöglich auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit umzusetzen. Erst im März 2019 haben sich in einer OGM-Umfrage 52 Prozent für die Abschaffung der Zwangsgebühren ausgesprochen. Ich ersuche Sie: Nehmen wir das ernst, ignorieren wir das nicht! Gehen wir mit der Zeit (Abg. Noll: Aber nicht mit der FPÖ!), blicken wir nicht zurück ins 20. Jahrhundert, sondern erarbeiten wir gemeinsam eine Lösung, die tragfähig ist und die auch die Unabhängigkeit des ORF sicherstellt! So wie es in der Vergangenheit mit dem Rotfunk gelaufen ist, sehr geehrte Damen und Herren, soll es in Zukunft nämlich nicht laufen. – Danke sehr. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

16.55

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Yildirim. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.