10.57

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon abenteuerlich, wie hier zum So­zialhilfe-Grundsatzgesetz diskutiert wird, zu einem Gesetz, das seinesgleichen sucht, meine Damen und Herren! Es ist ein weiterer Meilenstein dieser Bundesregierung und auch in der Sozialpolitik in Österreich. Wir setzen das um, was wir versprochen ha­ben – auch mit diesem Gesetz! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir folgen damit eigentlich dem Grundsatz in der Sozialhilfelogik: Wir helfen jenen Men­schen, die diese Hilfe auch benötigen, weil sie sich selbst helfen möchten, aber nicht können. Wir können aber jenen, die sich selber helfen könnten, aber es nicht wollen, auf Dauer keine Unterstützung geben. Es ist auch in der Politik unsere Verantwortung, diesem Grundsatz treu und gerecht zu werden – mit einem Sozialhilfe-Grundsatzge­setz, das in Zukunft auch für alle neun Bundesländer gilt, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es ist schon eigenartig, Frau Kollegin Rendi-Wagner, Sie stellen sich hier heraus, kri­tisieren das Gesetz von hinten bis vorne – und nennen keine einzige Zahl! Darum geht es doch eigentlich: Wie viel geben wir den Menschen aus den Steuertöpfen von Län­dern und Gemeinden? Die sind es nämlich, die die Sozialhilfe in Österreich bezahlen.

Für die Einzelperson ändern wir nichts an dem, was es früher gegeben hat. Es ist der Nettoausgleichszulagenrichtsatz. Das, was ein Mindestpensionist in Österreich be­kommt, bekommt eine Einzelperson, auch wenn sie in der Mindestsicherung ist. Das sind 885 Euro netto pro Monat. Es war gut und recht, als der Kollege Hundstorfer sei­nerzeit die 15a-Vereinbarung mit uns abgeschlossen hat – und heute ist es das Teu­felswerk, ist es zu wenig! Immer dann, wenn Sie nicht regieren, gerät die SPÖ aus den Fugen. Sie haben aber auch zu akzeptieren, dass es eine andere Mehrheit hier in die­sem Hause gibt! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Uns geht es um jene, die sich in erster Linie selber nicht helfen können. Es ist eine Überbrückung, wie richtig gesagt wurde. Menschen mit Behinderung, Alleinerziehende werden mit diesem Gesetz bessergestellt. Menschen mit Behinderung bekommen 160 Euro pro Monat mehr. Wir haben einen zusätzlichen Bonus für die Kinder von Al­leinerziehenden – Kollege Loacker hat das richtig angesprochen –, das sind die größ­ten Gruppen, das sind die Einzelpersonen und jene, die alleinerziehend sind. (Präsi­dentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben einen Wiedereinsteigerbonus, das heißt, Leistung muss angerechnet wer­den. Wer arbeitet, darf sich für maximal zwölf Monate einen Teil des Erwerbseinkom­mens zusätzlich behalten. Warum? – Weil wir die Menschen sonst nicht in Arbeit brin­gen, meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, mit welchen Scheuklappen Sie in Ihren Wahlkreisen unterwegs sind. Im Übrigen sagen das auch Ihre Mitglieder draußen in den Regionen, die stehen nämlich zu dem Gesetz, die verstehen, dass wir da eine Hö­he brauchen, die angemessen ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zusätzlich gibt es eine Härtefallregelung, die sehr große Spielräume bietet. Warum? – Weil wir da in der Grundsatzgesetzgebung sind, und daher brauchen wir Spielräume für die Vollzugsbehörden, in diesem Sinne für die Bezirkshauptmannschaften und auch für die Magistrate. Ich bin selber durch die Bundesländer gefahren, vor allem auch durch die westlichen, weil es da spezielle Situationen am Wohnungssektor gibt. Woh­nungen sind in Salzburg, in Innsbruck und in Bregenz teurer, das ist unbestritten; daher haben wir gemeinsam eine Lösung geschaffen, dass die Länder die Möglichkeit haben, da bis zu 30 Prozent dazuzugeben – weil wir das verstehen.

Dieses Sozialhilfe-Grundsatzgesetz ist ein Gesetz mit Hausverstand, meine Damen und Herren, und das ist auch ein Zeichen dieser Bundesregierung, dass letzten Endes mit Hausverstand gearbeitet wird. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Kommen wir zu den Kindern: Armut, Kinder bekommen kein Geld mehr. – Es ist ei­gentlich mein Grundverständnis, dass von diesem Pult aus nicht ständig die Unwahr­heit gesagt werden darf. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich sehe das aber in Permanenz, seit die SPÖ in Opposition ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Eine fünfköpfige Familie – Eltern mit drei Kindern – bekommt in Zukunft einen Nettobe­trag von 1 640 Euro pro Monat an Sozialhilfe. Dazu kommt die Familienbeihilfe für die drei Kinder mit rund 630 Euro. Das sind 2 270 Euro (Ruf bei der FPÖ: Netto!) netto pro Monat für diese fünfköpfige Familie. (Zwischenruf der Abg. Yildirim.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ, jetzt frage ich Sie eines: Was erzählen Sie Ihrem Tischler, was erzählen Sie der Kellnerin, was erzählen Sie einem Koch, was erzählen Sie jemandem, der 40 Stunden in der Woche in einem Industriebetrieb arbei­tet und dort als Schweißer tätig ist und 2 200 Euro brutto verdient (Abg. Yildirim: Dass er unterbezahlt ist!) und mit seinen Abgaben dafür sorgt, dass diese Sozialhilfe letzten Endes ausbezahlt werden kann? – Die Antwort auf diese Frage sind Sie uns schuldig geblieben! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es sind 1 000 Euro für drei Kinder. Ich fordere nicht nur die SPÖ, sondern auch alle an­deren Organisationen auf, die mit diesen 43, 44 Euro hausieren gehen: Die Familien­beihilfe gehört dazugerechnet! Das gehört zum Einkommen dazu, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Stehen für diese drei Kinder 1 000 Euro zur Verfügung, dann sind es nicht 43 oder 44 Euro, dann sind es 333 Euro pro Kind und Monat, die dieser Familie zur Verfügung stehen. Ich bitte wirklich eindringlich darum, dass endlich einmal klar ist: Das steht in dem Gesetz, das wird so umgesetzt und das bekommen die Familien für ihre Kinder – pro Kind 333 Euro pro Monat. (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir haben aber ein Grundsatzproblem. Angesichts der wirtschaftlichen Situation in Ös­terreich werden wir bei jedem Betriebsbesuch dahin gehend angesprochen: Wir brau­chen Arbeitskräfte, Fachkräfte, wir haben einen Mangel in diesem Bereich! – Das, was wir schon in diesem Gesetz abbilden, ist, dass wir von all jenen, die arbeiten können, erwarten, dass sie auch bereit sind, eine Arbeit anzunehmen. Es ist notwendig, meine Damen und Herren, dass wir das auch sagen: Wer arbeitet, darf nicht der Dumme in diesem Land sein! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zu dieser ganzen Thematik rund um die deutsche Sprache: Jetzt kann man das so oder so sehen, aber eines ist klar, und ich glaube, das ist auch unbestritten: Deutsch ist die Grundvoraussetzung und der wichtigste Faktor dafür, dass man in Österreich am Arbeitsmarkt integriert werden kann. Deutsch ist auch die Voraussetzung dafür, dass das Zusammenleben in unserer Gesellschaft letzten Endes funktioniert. Daher stellen wir diese 300 Euro pro Monat für jemanden, der die deutsche Sprache noch nicht beherrscht, nicht als Geldleistung zur Verfügung, sondern als Sachleistung – als Sachleistung 300 Euro pro Monat für einen verpflichtenden Deutschkurs, weil Deutsch die Grundvoraussetzung für die Integration in Österreich, in die Gesellschaft und auch in den Arbeitsmarkt ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Schellhorn.)

Abschließend: Ich ersuche darum, die Dinge so zu bewerten, wie sie sind. Jeder hat natürlich seine freie Wortwahl, aber etwas Falsches zu behaupten, ist unredlich, vor al­lem vonseiten der Mandatare hier im Nationalrat oder auch im Bundesrat, insgesamt im Parlament. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Bezieher einer Mindestpension sind davon in keiner Weise betroffen, die Ausgleichszulage fällt nicht unter den Titel der So­zialhilfe, und gerade die SPÖ müsste das als jene Partei, die in den letzten Jahren den Sozialminister gestellt hat, wissen. (Abg. Rosenkranz: Das ist ja das Problem ge­wesen!) Die Bezieher einer Mindestpension werden Tag für Tag verunsichert. Ihnen wird in keiner Weise irgendetwas weggenommen, sie sind von diesem Gesetz in Wahr­heit überhaupt nicht betroffen. – Das muss auch einmal gesagt werden! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Und ja, wir haben heute noch zwei Abänderungen, weil wir das auch ernst nehmen. Wir nehmen ein Hearing ernst. Wir waren auch dort, im Gegensatz zu einigen anderen. Wir nehmen das ernst. (Abg. Lindner: Was soll das heißen?) Die Spenden werden nicht angerechnet, weder öffentliche noch private, und Heizkostenzuschüsse können auch in Zukunft von den Ländern bezahlt werden. Uns ist wichtig, das auch klarzustel­len. An und für sich wäre das klar gewesen, aber wenn es - - (Abg. Leichtfried: Nein! Nein!) – Kollege Muchitsch ist wenigstens einer, der sich die Dinge ansieht. Es fällt uns im Gegensatz zu Ihnen (in Richtung SPÖ) kein Zacken aus der Krone, meine Damen und Herren, wir ändern das ab, damit das klargestellt ist und damit diese Verunsiche­rung nach diesem Beschluss hoffentlich auch ein Ende haben wird.

Meine Damen und Herren, dieses Sozialhilfe-Grundsatzgesetz ist notwendig, um den Sozialtourismus in Österreich endlich zu beenden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Die ge­samte Bevölkerung weiß, letzten Endes hat es doch einen Zustrom nach Wien gege­ben, weil hier das Schlaraffenland hinsichtlich Mindestsicherung ausgebrochen ist. Es hat de facto ein bedingungsloses Grundeinkommen gegeben, und damit bringen wir die Menschen nicht in Arbeit. Höchste Arbeitslosenquote, höchste Zahl an Mindestsi­cherungsbeziehern hier in der Bundeshauptstadt – dem setzen wir ein Ende. Wir wol­len jenen Menschen helfen, die Hilfe brauchen, aber jene, die arbeiten können, müs­sen auch arbeiten. – Danke, Frau Bundesministerin, dass wir dieses Gesetz gemein­sam ausgearbeitet haben. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Rosenkranz: Eigentlich wäre jetzt alles gesagt! – Abg. Leichtfried: Das war bis jetzt der kürzeste Applaus!)

11.08

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Da­niela Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.