12.16

Abgeordnete Birgit Silvia Sandler (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Mi­nisterin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich liebe dieses Land, ich liebe die Kultur, die Gebäude und die Landschaft, aber als Frau und als Mann kann man ein Land nur lieben, wenn man auch die Menschen, die hier leben, liebt (Beifall bei der SPÖ), die Alten und die Kinder, die Gesunden und die Kranken, die Reichen und die Armen, aber vor allem jene, die keine Lobby haben, die stumm sind und die nicht gehört werden. – Und Sie, Sie hören sie nicht. Sie hören die Kinder nicht und Sie hören die Menschen mit Behinderung und die Eltern, die sich um diese Kinder küm­mern, nicht.

Ja, ich gebe zu, Sie haben einiges entschärft, weil Sie zur Abwechslung einmal Stel­lungnahmen eingeholt und diese auch eingearbeitet haben, aber dass man das in einer Demokratie besonders hervorheben muss, ist eigentlich ein Armutszeugnis – nur so nebenbei gesagt.

Mehr als die Hälfte der MindestsicherungsbezieherInnen lebt in Familien mit Kindern. Sie erhöhen zwar den Betrag für das erste Kind, aber wenn zwei Personen in einem Haushalt Mindestsicherung beziehen, verlieren die schon 89 Euro im Monat. Ab dem zweiten Kind gibt es deutlich weniger, 129 Euro, und für jedes weitere nur mehr 43 Eu­ro. Damit sind wir wieder bei den 1,50 Euro am Tag. (Abg. Zarits: Die bekommen die Kinderbeihilfe!) Kein Kind sucht sich aus, in welche Familie es hineingeboren wird, und es sucht sich nicht aus, ob es als erstes, zweites oder drittes Kind geboren wird (Beifall bei der SPÖ), und die Windeln kosten gleich viel, für das erste Kind, für das zweite Kind und für das dritte Kind. Kinder sind Kinder und haben alle das gleiche Recht auf alle Chancen. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Wer bei Kindern spart, spart an der Zukunft unserer Gesellschaft. Kinder, die in Armut aufwachsen müssen, haben schlechtere Bildungschancen und damit auch schlechtere Chancen auf ihrem Lebensweg. Sie haben weniger soziale Kontakte, weil sie oft nie­manden zu sich einladen können und deswegen auch nicht eingeladen werden. Sie können an vielen Veranstaltungen und Aktivitäten nicht teilnehmen und werden von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen.

Aber auch Eltern, die sich um ihre Kinder mit Behinderung kümmern, oder Menschen mit Behinderung bleiben von der Kürzung nicht verschont. Zwar gibt es für sie grund­sätzlich einen Bonus von 18 Prozent, aber auch da gibt es Einschränkungen und Hür­den, die Erwerbsfähigkeit muss um mindestens 50 Prozent gemindert sein. Und ja, es gibt eine Kann-Bestimmung, aber Sie wissen ja, kann heißt, es kann sein, es kann aber auch nicht sein. Das stellt für Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Lernschwächen eine fast unüberwindbare Hürde dar und lässt alle, deren Behinderung nicht hoch genug ist, außen vor, obwohl sie wegen ihrer Behinderung einen Mehrbe­darf haben.

Wem geht es besser, wenn Sie denen, denen es schlecht geht, noch etwas wegneh­men? Wem geht es besser, wenn sich Menschen das Nötigste nicht mehr leisten können? – Niemandem. Mit der Abschaffung der Mindestsicherung verschärfen Sie die Lebenssituation von Kindern, vor allem von Frauen und von Menschen mit Behinde­rung.

Das Ziel jeder Reform muss es sein, dass es den Menschen danach besser geht und nicht schlechter. Kinder- und Altersarmut müssen sinken und nicht steigen, sagt Mi­chael Landau in diesem Brief (ein Schriftstück in die Höhe haltend), den Sie wahr­scheinlich nicht gelesen haben. Ich würde mir an Ihrer Stelle die Zeit dafür nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wäre dieses Gesetz eine Deutscharbeit, würde darunter stehen: Thema verfehlt!, denn diese Sozialhilfe ist weder sozial noch eine Hilfe. – Danke und ein steirisches Glückauf! (Beifall bei der SPÖ.)

12.20

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte.