19.21

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Werte Frau Präsidentin! Werte Regie­rungsmitglieder! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Hohen Haus! Liebe Zusehe­rinnen und Zuseher! Herr Kollege Riemer, du hast einen ganz wichtigen Satz gesagt: Wer redet noch darüber? – Das ist genau das Thema, wenn es um Atommüll geht, wenn es um Atomkraft geht. Wir müssen jede Gelegenheit nützen, um darüber zu re­den, und das war auch der Grund, warum unsere Fraktion entsprechende Anträge ein­gebracht hat, das ist auch der Grund, warum wir heute hier stehen und einen ge­meinsamen Antrag unterstützen. Es ist wichtig, dass wir über alle Parteigrenzen hin­weg über dieses Thema reden (Abg. Neubauer: Das war nicht immer so!), und es ist vor allem auch wichtig, dass wir dieses Thema gemeinsam über die Ländergrenzen tragen. Dass wir in Österreich atomfrei sind, das ist unbestritten, aber rund um uns pas­siert vieles.

Frau Bundesministerin, es geht gerade um die Atommüllendlager. Ich möchte Sie da­ran erinnern, es gibt in Europa und weltweit bereits Atommüllendlager, aber wir haben daraus gelernt. Ich erinnere an Kyschtym, wo der größte Atommüllendlagerunfall pas­siert ist, neben Tschernobyl und Fukushima der drittgrößte Atomunfall überhaupt in der Geschichte. Damals wurden 20 000 Quadratkilometer verseucht; daran erinnert sich heute niemand mehr.

Ich erinnere aber auch an viel nähere Ereignisse, das sind jene, die sich in Asse II be­ziehungsweise in Morsleben ereignet haben. Das sind Atommüllendlager, die Ende der Sechziger-, Anfang der Siebzigerjahre in Deutschland errichtet worden sind. Damals waren sich alle sicher, dass die Atommüllendlager ausreichen – sie werden ausrei­chen, um uns Jahrtausende davor zu schützen, verstrahlt zu werden oder dadurch in irgendeiner Form beeinträchtigt zu werden. Aber drei Jahrzehnte später hat man alle diese Sicherheitsprognosen revidieren müssen, weil man draufgekommen ist, dass ge­rade diese Atommüllendlager – obwohl man sie damals als sicher beschrieben hat – nicht funktionieren. Wenn man bedenkt, dass allein das Spaltprodukt Plutonium über 24 000 Jahre Halbwertszeit hat, dann bedeutet das, wir müssen uns betreffend die Atommüllendlager einem Thema stellen, wo es um ein ganz hohes Sicherheitsbedürf­nis der Menschen geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Tschechien bei der Ausweisung von Standorten so nah an Österreich heran­rückt, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann – da dürfen Sie mir nicht böse sein – schreien wir nach einem Schutzkorridor, dann ist uns dieser wichtig, weil die Menschen diesseits und jenseits der Grenze große Sorge haben. Sie haben Sorge, in Zukunft noch sicher in ihrer Region leben zu können, sie haben Sorge, beeinträchtigt zu sein. Sie haben nicht nur vor der Endlagerung, sondern auch vor den Transporten bis zum Endlager Sorge.

Frau Bundesminister, Sie haben schon im Ausschuss zugesagt, sich intensiv dafür ein­zusetzen, und darum möchte ich Sie heute auch ersuchen. Ich ersuche Sie vor allem, den Druck zu erhöhen. Ich weiß, dass diplomatische Gespräche und Regierungsge­spräche auf dieser Ebene oft sehr schwierig sind, dass es oft schwierig ist, den Partner jenseits der Grenze davon zu überzeugen, dass es wichtig ist, gewisse Standards ein­zuhalten, auch gewisse Zonen einzuhalten und nicht zu nah an die Grenze heranzu­rücken. Aber trotzdem: Man darf nicht aufgeben! Jedes Wort in diese Richtung, jede Tat in diese Richtung, ein Atommüllendlager in Grenznähe zu verhindern, ist ein Erfolg, den wir alle hier verzeichnen können, den Sie verzeichnen können, den wir als Ge­samtheit verzeichnen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich rufe Sie als Vertreterin der Bundesregierung daher auf, gemeinsam mit uns jede Chance, jede Gelegenheit zu nützen, tagtäglich über dieses Thema zu reden, die Men­schen zu informieren, Transparenz zu schaffen und dem tschechischen Partner, wenn es darum geht, Atommüllendlager zu errichten, ganz klar die Botschaft auszurichten: Du musst Transparenz gewährleisten, du musst Sicherheit gewährleisten und du musst Atommüllendlager errichten, die nicht an unserer Grenze stehen! – Das ist uns beson­ders wichtig.

Liebe Frau Kollegin Diesner-Wais, ich stimme Ihnen zu, da braucht es natürlich einen Schulterschluss, aber diesen muss man auch gemeinsam tragen und mit Tempo tra­gen, und bei diesem Thema waren Sie in Ihrer Region leider etwas zu langsam. (Beifall bei der SPÖ.) Ich danke dafür, dass es jetzt gelungen ist – Kollegin Diesner-Wais, du sitzt auch in diesem Ausschuss –, diesen Antrag gemeinsam zu entwickeln, ihn ge­meinsam zu tragen, weil wir eines brauchen: eine sichere Zukunft in unserem Öster­reich, in unserem Europa. Was wir nicht brauchen, ist unsichere Atomenergie. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.26

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Nun hat sich die Frau Bundesminister zu Wort gemeldet. – Bitte sehr, Frau Bundesminister.