13.10

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Also ich bin ja fast fassungslos über die­se megamäßige Dynamik Marke Kurz, die uns allen da heute zuteilwurde. Ich würde ersuchen, Herr Kollege Gerstl – wir haben ja im Ausschuss auch nette Gespräche ge­führt –, dass Sie vielleicht mit Kollegen Stefan, der mehr Durchblick bei diesem Modell hat, einmal eine Aussprache führen, damit wir alle über das Gleiche reden.

Ich weiß, dieser Vorschlag, von dem Sie da gesprochen haben, wurde damals auch tatsächlich zur Diskussion gestellt, nur, wie sich herausgestellt hat, ist eigentlich die Absicht dahinter – und das war im Ausschuss ein (Abg. Haubner: Den eigenen Antrag abgelehnt!) sehr entlarvendes, offenes Statement –, dem Umweltschutz hier entgegen­zutreten, meine Damen und Herren. Das ist Ihr Ziel.

Frau Minister, auch in Ihrer Rede habe ich das leider Gottes vermisst: Die Staatszielbe­stimmung hat den Sinn, dass man etwas, was an sich unterstützungswürdig ist, aber keine – wie andere Anliegen – Lobbyisten hat, in die Verfassung hineinschreibt. Und das trifft auf den Umweltschutz zu, denn wir alle sind natürlich für den Wirtschafts­standort, das ist ja überhaupt keine Frage. (Abg. Lettenbichler: Na, geht ihr mit? Geht ihr mit?)

Ich halte das ja für absolut obskur, dass wir hier überhaupt darüber diskutieren. Jeder in seinem Bundesland überlegt (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Lettenbichler), die Stadt Wien etwa, wir machen natürlich Überlegungen, wie man den Standort stärken kann, das ist Alltag (Abg. Stefan: Wer ist denn gegen den Umweltschutz!? Wer ist denn gegen den Umweltschutz!?); aber beim Umweltschutz, da ist das nicht der Fall, und deshalb muss man das in die Verfassung hineinschreiben, damit nicht vergessen wird, dass es neben den Standortüberlegungen natürlich auch die Umwelt gibt, meine Damen und Herren.

Wenn man sich die Freitagsdemonstrationen anschaut, wenn man sich das anschaut – es gibt leider Gottes einen etwas obskuren Präsidenten in den USA, der das ja über­haupt nicht berücksichtigt –, dann muss man feststellen: Wir sind auf einem Wege, bei dem die Umwelt komplett zerstört wird. Was nützt uns die Standortpolitik, wenn wir kei­nen Standort mehr haben, an dem wir sein können? Das ist keine Übertreibung (Beifall bei der SPÖ) – danke, liebe Kolleginnen und Kollegen –, sondern das ist einfach Realität.

Egal wo man hinschaut – Sie können es sich in Asien anschauen, Sie können es sich in Afrika anschauen –, wir haben diese riesigen Probleme, und diese Probleme sind anzugehen, nicht nur für uns, sondern vor allem für unsere Kinder und für die Zukunft. Wenn Leute wie Stephen Hawking uns empfehlen, innerhalb von 100 Jahren jemanden auf einen anderen Planeten zu bringen, weil er davon ausgeht, dass die Umwelt das hier nicht mehr erträgt, dann muss uns das doch irgendwie zu denken geben. Dann stellen Sie sich hierher und sagen – das ist ja das, was Sie gesagt haben –: Wir brau­chen den Umweltschutz nicht in dem Ausmaß, wie wir ihn jetzt berücksichtigen – was aber ohnehin ein Schmarrn ist! –, sondern wir müssen ihm hier als Kontrapunkt – und das ist ja Gott sei Dank offen gesagt worden – die Standortpolitik, die Wirtschaftspolitik gegenüberstellen! (Zwischenruf des Abg. Gerstl.)

Meine Damen und Herren, das ist etwas derartig Verantwortungsloses, was Sie hier liefern! Das ist wirklich nur mehr durch Frau Minister Köstinger zu toppen, die hier Un­fähigkeit in einem seltenen Ausmaß gezeigt hat.

Sie feiern hier die angebliche Steuerreform ab, die in Wirklichkeit eine Tarifreform ist. Gleichzeitig besteht ein Drohschaden im Ausmaß von 6,5 Milliarden Euro – das ist un­gefähr das Volumen dieser Steuerreform –, der uns aufgrund der Verstöße gegen in­ternationale Vereinbarungen droht, weil wir Umweltschutzmaßnahmen, die eigentlich selbstverständlich sind, hier nicht umgesetzt haben, meine Damen und Herren. Ich meine, da muss ja doch irgendwann einmal jemand erkennen, dass da etwas in die­sem Land falsch läuft! Und wenn man sich jetzt hierherstellt und dagegen argumentiert, dass der Umweltschutz mit dem Totschlagargument Standortpolitik weggeschafft wer­den soll, dann wundern Sie sich noch groß!

Ich muss Ihnen sagen, ich verstehe vieles nicht, was Sie hier, meine Damen und Her­ren von der ÖVP in erster Linie, in der letzten Zeit aufführen. (Abg. Haubner: Das wis­sen wir eh!) Die Diskussion über Glyphosat und Bienentod ist uralt. Es gibt also fast niemanden mehr, der das wirklich haben möchte. In den USA gibt es – das haben wir ja gestern gehört – Schadenersatzforderungen im Ausmaß von 2 Milliarden Dollar we­gen Einsatzes dieser Mittel. Sie stimmen hier im Haus, Sie stimmen in Europa dafür.

Das Gleiche gilt für die Acrylamidverordnung, die Pommes-frites-Debatte. Das hat den Sinn, diese Öle, die schwer krebserregend sind, einzuschränken. Jetzt können Sie na­türlich sagen: Das ist uns wurscht, rein mit dem krebserregenden Öl in die Österreiche­rinnen und Österreicher! – Wir wollen das nicht! Wir wollen hier eine Diskussion haben, die der Zukunft dieses Landes entspricht, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Plessl: Bravo!)

Ich kann Ihnen nur sagen: Das, was die Regierungsparteien hier bieten, ist unter jeder Kritik. Das ist eigentlich ein zänkisches Gehabe, es ist visionslos, es ist perspektiven­los, es ist in einem hohen Ausmaß infantil, und es ist vor allem schädlich für unsere Ju­gend und für die Zukunft. (Zwischenrufe der Abgeordneten Höfinger und Lettenbich­ler.) Sie sollten sich dafür wirklich schämen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordne­ten Bernhard und Loacker. – Ruf bei der ÖVP: Eine peinliche Rede! – Weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

13.15

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Klinger. – Bitte.