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Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich ersuche Sie, den Ausdruck „Unsinn“ zurückzunehmen.

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (fortsetzend): Nein, den Ausdruck „Unsinn“ werde ich nicht zurücknehmen.

Präsidentin Doris Bures: Dann erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Ross­mann: Den habe ich hier, an dieser Stelle, schon so oft verwendet! – Abg. Neubauer: Das heißt ja nicht, dass er deswegen gut war!) – Nein, Herr Abgeordneter! (Abg. Ross­mann: Frau Präsidentin, und ich werde ihn auch in Zukunft weiter verwenden! – Ruf bei der FPÖ: Das hört eh keiner!) – Herr Abgeordneter, wissen Sie, es macht einen Unterschied, ob man meint, irgendein Sachverhalt wäre ein Unsinn, oder ob man das einer Person vorwirft. Deshalb werde ich Ihnen, wenn Sie es nicht zurücknehmen, da­für einen Ordnungsruf erteilen, weil Sie es als persönlich diffamierenden Vorwurf ver­wendet haben, nicht als Bewertung irgendeines Sachverhalts. Das ist der Unterschied. Deshalb würde ich Sie bitten, das als persönlichen Vorwurf an die Frau Ministerin zu­rückzunehmen.

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (fortsetzend): Nein! Ich habe vorher vom Sach­verhalt gesprochen. Ich habe das lange erläutert, Frau Präsidentin, und ich werde aus genau diesem Grund diesen Ausdruck nicht zurücknehmen: Es ist mir darum gegan­gen, zu unterstreichen, dass das, was die Frau Ministerin in Bezug auf die Frage, wer Arbeit schafft, gesagt hat, ein ökonomischer Unsinn ist, und dabei bleibe ich. (Ruf: ... des Hauses unwürdig! – Ruf: Ein garstiger Mensch! – Abg. Höbart: Die Arbeiterkam­mer schafft keine Arbeitsplätze!)

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Rossmann, dann werde ich Ihnen für diesen Vorwurf und dieser sozusagen auch damit verbundenen persönlichen Diffamie­rung – nicht wegen des inhaltlichen Zusammenhangs, darauf habe ich hingewiesen! – auch einen Ordnungsruf erteilen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

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Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (fortsetzend): Das können Sie, Frau Ministe­rin, gerne tun. (Abg. Neubauer: Das ist keine Ministerin!) Diesen Ordnungsruf akzep­tiere ich, aber ich sage Ihnen, dieser Ordnungsruf ist nicht gerechtfertigt. (Abg. Neu­bauer: Das ist keine Ministerin! – Heiterkeit des Abg. Wurm. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zur Frage der Armut: Ja, die Armut geht natürlich zurück, aber auch hier gilt: Sie geht nicht deshalb zurück, weil es jetzt eine türkis-blaue Regierung gibt, die Armut ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Wenn wir uns aber anschauen, wie viele Men­schen in Österreich nach wie vor in Armut leben oder von Armut bedroht sind, dann sind das immer noch mehr als 1,2 Millionen Menschen in diesem Lande. Das heißt, jeder siebente Österreicher oder jede siebente Österreicherin lebt in Armut oder an der Armutsgrenze. Sie haben ja beispielsweise mit der Sozialhilfe Neu für Familien durch­aus auch einiges dazu beigetragen, dass Familien mit Kindern aus dieser Armutssitua­tion nicht herauskommen.

Mein Credo in der Politik, und das habe ich schon oftmals auch an dieser Stelle ge­sagt, besteht nicht darin, ein Nulldefizit anzustreben, sondern null Armut. Das muss ein gesellschaftspolitisches Ziel sein. (Beifall bei JETZT.) Darum geht es, das ist der Sinn meines wirtschaftspolitischen Wirkens.

Wenn hier an dieser Stelle viel davon die Rede war, dass es eine Steuerentlastung ge­geben hat, so muss ich sagen: Es wurde der gesamte Budgetspielraum, ja sogar mehr als der gesamte Budgetspielraum, dafür verwendet, Entlastungen durchzuführen – ver­teilungspolitisch nicht gerecht, darauf werde ich noch eingehen –, das hat aber den Ef­fekt, dass es kein Geld mehr zur Bekämpfung der Armut, zur Bekämpfung des Klima­wandels, zur Bekämpfung des Pflegenotstands in unserem Land gibt. Ich frage daher die Vertreterinnen und Vertreter der FPÖ und der ÖVP, wie sie das zu finanzieren ge­denken.

Wenn in diesem Zusammenhang immer wieder von Entlastung die Rede war und wenn Herr Kollege Wöginger gemeint hat, die Menschen spüren das alles, so muss ich sa­gen, viele Menschen spüren von den Entlastungen, die Sie gemacht haben, gar nichts. Erstens einmal gibt es auch im Zusammenhang mit dem Familienbonus gar nicht we­nige Menschen, die nicht lohnsteuerpflichtig und keine AlleinerzieherInnen sind und die daher vom Familienbonus genau null profitieren. (Abg. Belakowitsch: Ja, das können sie auch schwer, wenn sie ...! Das ist ein bisschen schwer! – Zwischenruf des Abg. Bösch.)

Dann gibt es natürlich eine starke Differenzierung zwischen jenen, die keine Lohn- und Einkommensteuerpflicht haben, und jenen, für die Lohn- und Einkommensteuerpflicht besteht. Für die erste Gruppe beträgt der Kindermehrbetrag 250 Euro, für die anderen Gruppen bis zu 1 500 Euro.

Sie, Herr Wöginger, haben hier an dieser Stelle auch gesagt, dass die Menschen et­was von der Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge spüren. Auch das ist falsch (Abg. Wöginger: Warum?), denn Menschen mit einem Einkommen bis 1 381 Euro ha­ben vor der Senkung keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge gezahlt und bezahlen auch nach der Senkung keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge. (Abg. Wöginger: Aber dazwischen!) – Nein, bis dahin gar nicht. Nein, das stimmt nicht! Sie sagen be­wusst die Unwahrheit, und das stört mich an Ihren Ausführungen so. (Abg. Wöginger: Ich habe gesagt, zwischen 1 350 und 1 950! Stimmt das?)

Kommen wir noch, bevor meine Redezeit zu Ende ist, zur Steuerreform, zur Senkung des Tarifs, die etappenweise durchgeführt wird. Da heißt es in dem Antrag, es werden besonders die kleinen Einkommen entlastet. – Auch das ist falsch. Die stärkste Ent­lastung gibt es für Einkommen bei 3 500 Euro. Na, das sind keine kleinen Einkommen mehr! Das sind nicht einmal mittlere Einkommen, denn das mittlere Einkommen für Männer liegt bei 2 500 Euro (Abg. Neubauer: Bei Ihnen ist es ein bisschen höher!) und für Frauen bei 1 700 Euro. Das sind die hohen Einkommen, und diese Entlastung zieht sich dann kontinuierlich weiter bis 6 000 Euro. Diese Gruppen werden schwerpunktmä­ßig stärker entlastet als die Einkommen unter 3 500 Euro, das ist nun einmal ein Faktum.

Dann möchte ich noch die Ungleichverteilung zwischen der großen Gruppe der Lohn­steuerpflichtigen, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf der einen Seite und den Kapitalgesellschaften auf der anderen Seite ansprechen. Für Kapitalgesellschaften ist eine Senkung der Körperschaftsteuer in zwei Etappen vorgesehen. 1,7 Milliarden im Entlastungsjahr 2023, und das ist Geld, das hauptsächlich an Großkonzerne ausge­schüttet wird, denn ungefähr 300 Großkonzerne in Österreich zahlen etwa 50 Prozent der Körperschaftsteuer. Für die vielen kleinen und mittleren Kapitalgesellschaften fällt da zu wenig an.

Dazu kommt dann noch, dass es natürlich ein Gegenfinanzierungsrisiko gibt, das dazu führen kann, dass sich gar nicht wenige unter den Lohnsteuerpflichtigen für den Fall, dass es einen Senkung, eine Ausgabenkürzung gibt, einen Teil dieser Steuerentlas­tung selber finanzieren müssen. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Ich komme zur Schlussfolgerung – weil immer wieder davon die Rede war, dass so­ziale Wärme in dem Land eingezogen ist –: Ich kann von der sozialen Wärme nichts feststellen. Ich sehe weiterhin soziale Kälte durch viele Maßnahmen dieser Regie­rung. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

17.19

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste hat sich Frau Bundesministerin Dr.in Bogner-Strauß zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.