18.58

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren auf der Zu­schauergalerie und vor den Fernsehschirmen! Ja, ich freue mich sehr, dass wir heute die Gelegenheit haben, den Nationalen Bildungsbericht hier auch zu diskutieren, denn es handelt sich dabei um eine wirklich sehr, sehr umfassende und gute Zusammen­schau über das österreichische Bildungswesen. Er inkludiert Fakten, Zahlen, Daten, empirische Erhebungen, wissenschaftliche Beiträge und gibt uns vor allem auch ob­jektive Handlungsempfehlungen für unser politisches Wirken mit.

Daher war es uns von der Sozialdemokratie sehr, sehr wichtig, diesen Bildungsbericht nicht im Ausschuss, wie eigentlich vorgesehen, endzuerledigen und abzusegnen, son­dern diesen Bericht hier herein ins Plenum zu bringen und darüber sprechen zu können.

Das ist auch ein Zeichen der Wertschätzung für die Wissenschafterinnen und Wissen­schafter, nämlich die ganz, ganz vielen, die an diesem Bericht mitgearbeitet haben, denn es ist ein 900 Seiten starker Bericht, der es wirklich wert ist, darin zu blättern und vor allem auch darin zu lesen. Es ist ein Daten- und Wissensschatz, würde ich sogar meinen. Vielen, vielen Dank dafür! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Bericht, liebe Kolleginnen und Kollegen, war für mich und ist für mich hand­lungsleitend, denn es geht um evidenzbasierte Bildungspolitik, die wir auch gestalten sollen. Und es ist das Gebot der Stunde, mit Fakten auch entsprechend zu arbeiten.

Der Bericht spannt einen breiten Bogen und adressiert einmal mehr sehr zentral die Bedeutung der Bildungsvererbung in Österreich. Es ist quasi immer noch vom Bil­dungshintergrund der Eltern abhängig, wie die Bildungskarrieren der jungen Menschen in diesem Land aussehen. Er sagt aber auch sehr klar, wo die Reise hingehen soll, was zu tun wäre. Mein Vorredner hat es schon kurz angerissen: Dringender Ausbau ganztägiger Schulen ist ein Gebot der Stunde, aber auch neue Lehr- und Lernformen, die die Talente unserer jungen Menschen in den Mittelpunkt stellen und besonders entwickeln, bis hin zur Forderung nach den besten Pädagoginnen und Pädagogen für jene Klassen und Schulen, in denen sich ganz besondere Herausforderungen stellen, bis zum Thema Digitalisierung; auch das war heute schon kurz Thema. Das ist also ein Potpourri an Ansatzmöglichkeiten für unser politisches Wirken. (Präsidentin Kitzmüller übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte mich aufgrund der Kürze der Redezeit auf das Thema moderne Unter­richtsmethoden und moderne Lehr- und Lernformen konzentrieren. Reines Auswendig­lernen, reiner Frontalunterricht qualifiziert und rüstet unsere Kinder und jungen Men­schen nicht ausreichend für die Herausforderungen, vor denen wir als Gesellschaft, aber auch in den Arbeitswelten stehen. Das geht zu wenig weit.

Es braucht einfach wesentlich mehr Kompetenzen und Fähigkeiten wie Selbstwirksam­keit, Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Digitalisierung, Kreativität und Neugier sowieso, um diese jungen Menschen zu qualifizieren und zu rüsten. Vor allem Lernen zu lernen ist das Gebot der Stunde, und der Bericht zeigt diesbezüglich Modelle auf: selbstgesteuertes Lernen, kooperatives Lernen, Projektarbeiten, themenspezifische Ar­beiten, differenzierte Aufgabenstellungen auf unterschiedlichen Niveaus innerhalb der Klasse. Das sind erfolgreiche Modelle, die es schon gibt, die es auszudehnen gilt. Di­gitalisierung ist ein wunderbares Werkzeug, um diese Binnendifferenzierung und diese neuen Lehr- und Lernmethoden ganz besonders zu unterstützen.

Was dieser Bericht auch sagt: Er begreift die Heterogenität im Klassenzimmer als Chance. Kompetenzentwicklung sei in einer heterogenen Klasse zielführender, wird anhand von Kompetenzmessungen bei unterschiedlichen Schülergruppen festgestellt. Leistungsschwächere SchülerInnen würden bessere Lernergebnisse erzielen, leis­tungsstärkere SchülerInnen profitieren speziell in der sozialen Entwicklung. Moderne Pädagogik macht das wunderbar möglich.

Diese Binnendifferenzierung ist ein wesentlicher Eckpfeiler unserer Mittelschulen, und von denen soll sie getragen werden. Leider werden diese pädagogischen Ziele der Bin­nendifferenzierung, der neuen Lehr- und Lernformen, durch die Handlungen, die durch diese Regierung gesetzt werden, aber immer weiter zurückgeschraubt und immer mehr verunmöglicht. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Wovon spreche ich? – Wiedereinführung von Leistungsgruppen in den Neuen Mittel­schulen, eine schleichende Abschaffung des Teamteachings. Die Schlechterstellung der mitverwendeten Bundeslehrerinnen und -lehrer – auf dieses Thema kommen wir heute noch zu sprechen – wird das Thema Teamteaching immer unattraktiver machen und immer weiter reduzieren. Dieses ist aber ganz wichtig, damit diese differenzierten Lehr- und Lernformen gelingen können. Das ist ein ganz, ganz bedauerlicher Rück­schritt, der ganz schwer hinzunehmen ist.

Wir müssen doch unsere SchülerInnen unterstützen, ihre Potenziale fördern, ihre Ta­lente zum Blühen bringen. Dazu brauchen wir eine gemeinsame Anstrengung in die richtige Richtung. Es geht um Chancengerechtigkeit und es geht auch um autonomes Gestalten an den Schulstandorten, weil die Pädagoginnen und Pädagogen sehr genau wissen, wo sie hingreifen müssen.

Ich bitte Sie, Herr Bildungsminister, unterstützen Sie das Vermitteln dieser Kompeten­zen an den Schulen, unterstützen Sie die Pädagoginnen und Pädagogen in ihrem Han­deln, denn sie wissen, was sie tun. Es braucht Ihr Commitment und Ihr Vertrauen in die Pädagoginnen und Pädagogen, in eine autonome Schule, um neue Lehr- und Lernme­thoden wirklich zum Wirken zu bringen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

19.04

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hauser. – Bitte.