19.31

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich schließe mich meinen Vorrednerinnen und Vorrednern an: Das ist ein ausgesprochen profunder Bericht. – Er ist sehr de­tailreich und er ist auch dick – 900 Seiten sind nicht ohne. Er ist leider in einem ge­wissen Sinn auch historisch, weil viele Zeitreihen in diesem Bericht mit 2015, 2016 en­den und sich in den letzten Jahren sehr viel getan hat.

Der Bericht ist aber voll von Detailergebnissen, und die Herausgeber selbst haben die Detailergebnisse akzentuiert. Ich möchte vielleicht auf eines hinweisen: Es gibt ein Detailergebnis hinsichtlich der Fragestellung, welche Faktoren für das Nichterreichen der Bildungsstandards maßgeblich sind. Es fallen da Erstsprache und Migrationshinter­grund deutlich stärker ins Gewicht als der Bildungshintergrund der Eltern.

Ich wundere mich daher über all jene, die von jener Zeit, als es keine Deutschförder­klassen gegeben hat, als einer erfolgreichen Zeit sprechen. All jene müssten eigentlich von diesem Ergebnis, welches genau diese Phase reflektiert, nicht nur überrascht, son­dern auch negativ berührt sein. Das ist also ein ganz wesentliches Ergebnis. Ich bin auch sicher, dass sich durch die Deutschförderklassen an diesem ganz wichtigen Punkt des Nichterreichens der Bildungsstandards etwas ändern wird. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Einen zweiten Befund, den man vielleicht hervorstreichen kann – den selbst die He­rausgeber hervorgestrichen haben und den ich gleichsam geerbt habe –, ist die aus­gesprochen stringente geschlechtsspezifische Differenzierung bei der Schulwahl. Wir haben eine Segregation: Die einen gehen in die technisch-gewerblichen Schulen, sprich HTLs, und die anderen in die sozialberuflichen Schulen. Natürlich ist leicht ausrechen­bar, wie sich dann später berufliche Karrieren und Einkommen entwickeln.

Ich bin sicher, Frau Kollegin Hammerschmid, dass Sie viel getan haben, aber man sieht es halt in den Daten noch nicht. Wir müssen alle daran weiterarbeiten, damit sich diese negative geschlechtsspezifische Segregation aufhört.

Es gibt auch eine gute Nachricht, die ich hervorstreichen möchte, nämlich das hervor­ragende Urteil für die duale Ausbildung. Die duale Ausbildung zeigt eine klare Schnitt­stelle zum Arbeitsmarkt, was die Daten belegen: Wer eine duale Ausbildung macht, hat zu 80 Prozent innerhalb der nächsten drei Monate einen Job, und die Einkommenser­wartung ist ausgezeichnet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Hoyos-Trauttmansdorff ist leider nicht da; ich hätte ihm gerne etwas zu seiner Forderung nach mehr digitaler Kompetenz in den Kindergärten gesagt. Wir brauchen bei der Förderung von und der Forderung nach mehr digitaler Kompetenz eine gewisse Balance. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob der Kindergarten, wo man den Kindern in erster Linie einmal so etwas wie soziale Empathie angedeihen lassen möchte – sie sol­len miteinander sprechen, miteinander spielen und Gemeinsamkeiten entwickeln (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ) –, der richtige Platz dafür ist und ob man gerade den Drei- bis Sechsjährigen schon das Tablet in die Hand drücken soll, zur weiteren – wenn Sie so wollen – autistischen Anerziehung: Ich schaue nur auf das Eigene und nicht auf den anderen.

Ich hätte es ihm gerne selber gesagt, richten Sie es ihm vielleicht aus (in Richtung NEOS), und zwar auch mit dem Hinweis darauf, dass Kindergärten Landessache sind. Wenn er also diese Forderung hat, dann möge er bitte zu den neun Landeshauptleuten gehen, denn dort ist sie richtig platziert. Die Gesetzgebung betreffend Kindergärten ist Landessache, und an der Ausführung sind die Gemeinden beteiligt.

Frau Cox und Frau Feichtinger, Sie haben Gewalt und Mobbing angesprochen. Sie ha­ben sicherlich meine Vorschläge mitbekommen, diese neun Punkte, die noch ausfor­muliert werden müssen. Das ist kein Schnellschuss – eine Maßnahme antwortet auf ein komplexes Problem –, sondern schon so etwas wie ein ausgewogenes Pro­gramm – das kann man aber natürlich als Oppositionspolitikerin nicht zugestehen ‑, welches durchaus eine Chance hat, die Sache wirklich zu tangieren: Prävention, Kon­fliktresilienz in den Schulen stärken, damit Konflikte gar nicht so groß werden, und na­türlich Akutmaßnahmen.

Sie haben nach dem Geld gefragt: Ja, Geld ist schon wichtig, aber Geld folgt dem Kon­zept und bitte nicht umgekehrt – das ist eine ganz wesentliche Sache. Man sollte zu­erst eine Sache ausformulieren und, wenn Sie so wollen, auch monetär bewerten und dann schauen, ob sich das mit den Ressourcen, die im System sind, ausgeht. Fußno­te: Es sind unglaublich viele Ressourcen im System. Die Moderatorin der Sendung „Im Zentrum“ hat gesagt: Ich habe versucht, zu recherchieren, aber das ist ja ein Irrgarten, was es da alles gibt. – Tatsächlich ist es nicht leicht, weil es ganz unterschiedliche Funktionen gibt. Wenn man das also einmal gesichtet hat und dann sieht, man braucht etwas, dann muss man sicherlich handeln, zuerst soll aber bitte sozusagen ein konzep­tionelles Nachdenken erfolgen und dann von mir aus eine finanzielle Forderung folgen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Nochmals unterstrichen: Das ist ein sehr guter Bericht. Ich glaube, wir müssen in Zu­kunft darüber nachdenken, wie wir diesen Bericht aktualisieren. Vieles davon ist im In­ternet wahrscheinlich mindestens genauso gut aufgehoben wie auf dem kostbaren Pa­pier, zumal wenn man auch noch an ökologische Gesichtspunkte denkt. Man muss si­cherlich auch überlegen, wie man manches auf den Punkt bringt, denn auf 900 Seiten nachzuschauen, was das Wesentliche ist, ist eine Geduldsfrage für jeden Leser. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.38

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Niss zu Wort. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.