20.49

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (FPÖ): Frau Bißmann hat mich jetzt motiviert, etwas aufzuklären. Frau Bißmann hat uns gefragt, ob sich durch das Aufsetzen des Kopf­tuchs etwas verändert hat.

Auch meine Mutter hat zeitweise ein Kopftuch getragen. Das Problem ist nicht das Kopftuch. Es ist auch nicht so, dass wir den Frauen ihre Religionsfreiheit wegenehmen wollen. Es geht um das Symbol. Es geht darum, dass Männer wollen, dass Frauen ein Kopftuch tragen. Es ist ja nicht so, dass wir die Religionsausübung von Frauen ein­schränken, denn Männer wollen, dass Frauen das Kopftuch tragen, und zwar aus zwei Gründen: Erstens wollen sie, dass sie für andere Männer nicht attraktiv sind (Zwi­schenruf bei der FPÖ), da ja ohnehin nicht vorgesehen ist, dass sie sich ihren Mann selbst aussuchen, sondern das meistens der Vater oder sonst jemand bestimmt und es zu einer Zwangsehe kommt.

Und zweitens wollen Männer, wenn sie mit einer Frau verheiratet sind, diese für andere Männer möglichst unattraktiv machen, um ihre eigene Eifersucht in den Griff zu be­kommen. (Ruf bei der FPÖ: Das ist der Grund!) Das ist ja der Hintergrund dieses Kopf­tuchs. Das heißt, wir sprechen nicht von einem Stück Stoff, wir sprechen von der sys­tematischen Unterdrückung der Frau. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wir sprechen davon, dass Männer – und das gab es bei uns vor ein paar Hundert Jah­ren auch – systematisch ihre Töchter, ihre Frauen unterdrückt haben, um sie zu Ge­burtsmaschinen zu machen, um sie gefügig zu halten, und das ist das Problem. Das heißt, wir sprechen von einem System, durch das Frauen systematisch unterdrückt werden.

Atatürk, ein Gründer der Türkei, hat das Kopftuch verboten. Das war kein Muslimhas­ser und das war auch kein Rechter. Der Gründer der Türkei hat das Kopftuch verboten, weil es eben genau mit der Unterdrückung der Frau zusammenhängt. Du kannst kei­nen modernen Staat aufbauen, wenn du die Hälfte deiner Bevölkerung unterdrückst, das geht nicht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

In Wahrheit ist es nicht so, wie Frau Griss behauptet hat, dass wir Frauen und Mäd­chen ausgrenzen. Ganz im Gegenteil! Der Staat reicht diesen Frauen die Hand, denn diese Frauen haben niemanden, der ihnen die Hand reicht. Lesen Sie das Buch „Der Schleier der Angst“ von Samia Shariff. Lesen Sie dieses Buch! Da werden Sie einmal sehen, was da abgeht. Von ganz klein auf wird die Tochter systematisch unterdrückt, zwangsverheiratet, missbraucht und zu einer Geburtsmaschine ohne Rechte, ohne Entfaltungsmöglichkeiten abgewertet, und das ist das Problem.

Was erwarten Sie von einem Vater, von einer Mutter, die ihr Kind mit zehn Jahren verhüllen? Was erwarten Sie von so jemandem? Glauben Sie, dass der ihr dann, wenn die Tochter elf oder zwölf ist, plötzlich sexuelle Selbstbestimmung zugesteht, ihr Ent­wicklungspotenzial zugesteht? Glauben Sie das allen Ernstes? Das ist eben nicht so!

Die Eltern sind ja auch indoktriniert. Es gibt auf der Welt 300 Millionen genitalverstüm­melte Frauen. Wissen Sie, wer diese Frauen genitalverstümmelt? Zu einem großen Teil sind es die eigenen Mütter! Auch in Österreich gibt es 8 000 Frauen, die genital­verstümmelt sind. In Österreich! Und diese Frauen haben Schmerzen beim Sexualver­kehr, haben Schmerzen beim Urinieren und bei anderen Dingen. Diese Frauen in Ös­terreich lassen sich zum großen Teil nicht operieren, um diesen Schmerzen ein Ende zu bereiten, weil sie Angst vor ihrer eigenen Familie haben. So schaut es aus, und das ist das Problem! Das heißt, wir müssen diesen Frauen die Hand reichen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wenn ich einem zehnjährigen Kind die Hand reichen kann, wenn ich als Staat die Mög­lichkeit habe, einem zehnjährigen Kind die Hand zu reichen und zu sagen: Du lebst in einem Land, in dem du dich frei entfalten kannst, in dem du die Möglichkeit sexueller Selbstbestimmung hast, wenn du einmal erwachsen bist, in dem du dir deinen Partner selbst aussuchen kannst, in dem du gebildet wirst, in dem du nicht zwangsverheiratet wirst!, dann werde ich es tun, und genau das machen wir heute. Wenn die SPÖ da nicht mitstimmt, nur weil sie Angst hat, in Wien ihre muslimischen Wähler zu verlieren, dann kann ich nur eines sagen: Sie tragen die Frauenrechte und die Rechte dieser Kinder für politisches Kleingeld zu Grabe, und das ist schäbig! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

20.54

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Yılmaz. – Bitte, Frau Abgeordnete.