Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir sind in den letzten Tagen mit unglaublichen Videos von Gewalt an Schulen konfrontiert gewesen; wahrscheinlich waren sie sogar nur die Spitze eines Eisbergs. Gewalt entsteht ja nicht in der Schule, sondern meistens im Vorfeld. Es ist klar, wie sehr auch Familien davon betroffen sind und wie sehr die Verantwortung auch bei den Eltern liegt. Ich weiß, dass die Polizei sehr viel Präventionsarbeit macht und immer wieder auch in Schulen geht; es gibt viele Präventionsbeamte, die da tätig sind, es wurden auch neue Lernprogramme entwickelt.

Können Sie uns sagen – und jetzt muss ich leider die Frage genau vorlesen, weil das die Geschäftsordnung so vorsieht –:

119/M

„Welche präventiven Maßnahmen setzen beziehungsweise planen Sie gegen Gewalt an Schulen?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Herr Abgeordneter, es ist richtig, diese Bilder erschüttern jeden, und man fragt sich: Wie kann es so weit kommen? Wenn man sich diese Frage gestellt hat, stellt sich die nächste Frage: Was tun wir, um Dinge und Situationen, wie wir sie jetzt gesehen haben, in Zukunft zu verhindern?

Ich könnte jetzt weit ausholen, und es wäre mir ein innerliches Bedürfnis, das zu tun. Es gehört aber nicht hierher, über ein paar tiefergehende Ursachen, was diese Prob­lematik betrifft, zu referieren. Ich glaube nämlich, dass man einer Gesellschaft insge­samt nichts Gutes tut, wenn man glaubt, den gesamten Bildungsbereich sozusagen ohne jede Form von Autorität gestalten zu können – aber das ist meine persönliche Meinung. (Abg. Heinisch-Hosek: Schwarze Pädagogik! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das Zweite ist die Komponente, die die Polizei dazu beitragen kann: Wir haben in den Reihen der Polizei, wie Sie es gesagt haben, ausgezeichnete Präventionsbeamte – es sind über 400, die Zahl wird weiter aufgestockt, auf über 430 –, mit denen wir die Möglichkeit haben, in die Schulen hineinzugehen. Was es aber braucht, um diese Schulungsaktivitäten dort auch durchzuführen – und das können wir nicht ändern, das liegt dann im Ermessen der Schulbehörde –, ist eine Einladung oder eine Aufforderung seitens der Schule. Es gibt insgesamt 14 solche Präventionsprojekte; eines davon, das bekannteste, ist das große Projekt Under 18. Da kommt man nicht nur einmal in die Schule und hält einen Vortrag, sondern da wird wirklich systematisch im Verbund von Schülern, Lehrern und Eltern gearbeitet, um sozusagen Gewaltprävention auf verschie­denen Ebenen zu betreiben.

Ein Problem, mit dem wir ein wenig kämpfen, ist, dass manche Eltern eine gewisse Scheu davor haben, wenn die Schule ihrer Kinder die Polizei zur Gewaltprävention holt, weil sie offensichtlich einen gewissen Imageschaden befürchten, weil sie meinen, es entstehe dadurch in der Öffentlichkeit das Bild, dass an dieser Schule eben eine gewisse Gewaltgefährdung besteht. Ich glaube, da müssten wir vielleicht auch ein bisserl bewusstseinsbildend wirken, dahin gehend, dass es nicht darum geht, zu re­agieren, sondern dass die Intention dieser Unternehmungen ist, Gewalt von vorn­herein zu verhindern. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Gerstl.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Ja, es ist ja vollkommen falsch, dass man Gewalt unter den Teppich kehren möchte. Es ist ja nicht nur bei Eltern so, dass sie dann besorgt sind und das nicht sagen wollen, sondern wir haben das auch betreffend Lehrer festgestellt.

Mir liegt nun eine Statistik über die strafbaren Handlungen an Schulen im letzten Schuljahr, 2017/2018, vor; diese zeigt, dass in Wien fünfmal so viele strafbare Hand­lungen an Schulen wie in Niederösterreich angezeigt wurden, obwohl diese beiden Bundesländer ziemlich gleich groß sind. Die Statistik zeigt, dass da wirklich Drama­tisches passiert: Es gab in Wien 204 Anzeigen alleine wegen Handlungen gegen Leib und Leben – das muss man sich einmal vorstellen. Also das ist wirklich ein ganz, ganz schwarzer Fleck, und man fragt sich, warum die Wiener Landesregierung das nicht schon früher erkannt hat und an den Schulen in Wien nicht schon früher tätig gewor­den ist.

Die Polizei hat da ja auch ein Projekt entwickelt, eine sogenannte Antigewaltschulung an polytechnischen Schulen in Wien, an denen die Gewalt besonders eskaliert ist.

Können Sie uns sagen, welche Erfahrungen aus diesem Pilotprojekt bisher gewonnen werden konnten?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Ein Satz zu Ihrer einleitenden Bemer­kung: Ich glaube, diese Situation, die Sie sehr treffend beschrieben haben, ist das Ergebnis, wenn man sozusagen einem falschen pädagogischen Konzept anhängt und dann politisch weg- statt hinschaut; dann kommt das heraus, was Sie jetzt in Zahlen und in Statistiken präsentiert haben. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Heinisch-Hosek: ... hat schon begonnen!) Es ist ja wohl auch kein Zufall, dass die Probleme dort am gehäuftesten auftreten, wo die Folgen einer Massen­zuwan­derung auch im Schulsystem am deutlichsten spürbar sind.

Das von Ihnen angesprochene Projekt stößt auf sehr, sehr gute Resonanz, das muss man sagen. Es gibt auf allen Seiten nur Zufriedene, was mich dann auch wieder freut. Ein besonders wichtiger Aspekt für die Schulen ist, dass es im Rahmen des Projektes so eingerichtet ist, dass die Schulen einen ständigen Ansprechpartner haben, der für sie eine Bezugsperson darstellt, und daher die kommunikativen Abläufe im Bereich der Gewaltprävention deutlich verbessert werden konnten.

Insgesamt – Sie haben es angesprochen – haben wir nicht nur eine Problematik, was Gewalttätigkeit betrifft, das heißt Körperverletzungen und ähnliche Dinge, sondern wir haben natürlich auch eine gewisse Problematik rund um Eigentumsdelikte. Ich würde sagen, die Aufteilung ist da im Schulbereich etwa drei Viertel zu einem Viertel. Wir ver­suchen aber auch da, soweit wir das können, ordentlich mit Präventionsver­anstaltun­gen hineinzugehen, haben 300 Veranstaltungen dieser Art durchgeführt und können damit sehr, sehr viele Menschen erreichen.

Die Schulleitung wünscht sich etwas, was von Experten manchmal etwas kritisch hinterfragt wird; Ihnen ist es nämlich am liebsten, wenn dort ein Beamter auftritt, der auch als Polizist erkennbar, nämlich uniformiert ist und damit sozusagen die Staats­gewalt repräsentiert. Das ist wiederum etwas, was manche Pädagogen für nicht zu­kunftsorientiert halten.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zur 6. Anfrage, die Herr Abge­ordneter Klubobmann Leichtfried stellt. – Bitte.