20.03

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben im letzten Petitions­ausschuss 34 Petitionen und Bürgerinitiativen behandelt, und davon haben es vier Petitionen und Bürgerinitiativen heute in das Plenum geschafft. Ich möchte dann über etwas anderes sprechen, aber ich möchte noch ganz kurz diese vier Anliegen an­sprechen, damit Sie sich vorstellen können, welche Inhalte wir besprochen haben.

Wir haben über eine Übergangsfinanzierung für Holzkraftwerke gesprochen, das ist als Petition von Regierungsabgeordneten eingebracht worden, und über drei Bürger­initia­tiven, bei denen Bürgerinnen und Bürger zumindest 500 Unterschriften – meistens deutlich mehr – gesammelt haben. Das war erstens eine Bürgerinitiative, die sich für tierversuchsfreie Forschung ausgesprochen hat, zweitens eine Bürgerinitiative, die „Keine Ehe für Alle!“ gefordert hat, und drittens eine Bürgerinitiative, die sich um das ORG-Gesetz und die Sicherung der Zukunftsfähigkeit des ORF bemüht hat.

Was man daran sieht, ist, dass die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger inhaltlich politische Anliegen sind, über die man auch vortrefflich streiten kann. Das Problem des Petitionsausschusses – und das ist es jetzt auch wirklich schon sehr lange; ich selbst bin seit 2014 im Petitionsausschuss als Obmann tätig – ist, dass wir die Funktion eines echten Bürgerausschusses bis heute nicht erfüllen. Ich bin heute Morgen in Vor­be­reitung für diesen Tagesordnungspunkt bei Tisch gesessen und habe darüber nach­gedacht, was wir heute diskutieren sollten. – Natürlich ist es der Inhalt, dass man sagt, jedes Bürgeranliegen soll auch im Plenum Gehör finden; viel mehr noch ist es aber die in der Vergangenheit vergebene Chance und die künftige Chance, die noch vor uns liegt, was man aus diesem Ausschuss machen kann.

Die inhaltlichen Themen, die führen zu Konflikt, die führen zu Diskussion, die führen zu genau dem, wozu das Parlament auch da ist: zum inhaltlichen Austausch und zum Wettbewerb der besten Ideen. Betreffend die Funktionalität des Parlaments, nämlich dass man sagt: Es gibt einen Ort, an dem Bürger- und Bürgerinnenanliegen debattiert werden!, sind wir noch in der Steinzeit. Mein Vorredner von der ÖVP hat angesprochen, dass er sich mit Kollegen aus dem Deutschen Bundestag ausgetauscht hat – ich kann Ihnen versichern, die Mehrheit der europäischen Parlamente ist weiter als wir.

Ein Ausschuss für Bürgerinnen und Bürger, der nicht öffentlich ist, an dem Bürger und Bürgerinnen nicht teilnehmen können, ist kein Ausschuss für Bürger und Bürgerinnen. Ein Ausschuss, in den Bürgerinitiativen eingebracht werden, aber jene, die die Bürgerinitiativen einbringen, nicht vor den Abgeordneten sprechen können, ist auch kein Ausschuss für Bürgerinnen und Bürger.

Ich habe 2014 das erste Mal einen Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung ein­gebracht, dass man versucht, die Spielregeln so zu ändern, dass er tatsächlich, wenn Sie so wollen, ein Experimentierfeld der direkteren Bürgerbeteiligung – direktere Demokratie ist es gar nicht – wäre und Menschen in Österreich, die ein Anliegen haben und 500 Unterschriften sammeln, wirklich in einen geordneten Dialog mit Abgeord­ne­ten treten können. Das Parlament hätte ausreichend Ressourcen – sowohl personell als auch von den Räumen her –, wir haben auch ausreichend Abgeordnete, glaube ich, die zuhören wollen; und ich verstehe nicht, warum wir bis heute keine Lösung gefun­den haben. Wir hatten ursprünglich die Sozialdemokraten und die Konservativen in der Regierung – und da muss ich jetzt auch Richtung SPÖ schauen –: Auch mit SPÖ-Regierungsbeteiligung gab es nicht dieses Mehr an Bürgerbeteiligung.

Ich weiß, die ÖVP hat das damals aus verschiedenen Gründen hintangestellt; es war immer die Sorge, dass möglicherweise gewerkschaftlich organisierter Protest im Pe­titionsausschuss Einzug halten kann – das kann er auch so. Jetzt sind die Frei­heit­lichen in der Regierung, die in der Vergangenheit ein Bündnispartner für mehr Bürger­beteiligung waren. Zum Antrag, den ich jetzt wieder eingebracht habe, habe ich bis jetzt aber wieder nichts gehört.

Es gäbe viele Chancen, und ich weiß, Politik ist das Bohren harter Bretter – aber es ist kein Marmor, es sollte Holz sein, in das man bohrt. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Bei dem, was wir hier an Möglichkeiten haben, nimmt keine Regierung Schaden, nimmt kein Parlament Schaden. Die Einzigen, die Schaden nehmen, wenn wir nichts tun, sind die Bürgerinnen und Bürger, weil wir die Chance, Parlament und Parlamentarismus wirklich aktiver zu leben, und die Chance, dass Menschen wahrnehmen, dass das Parlament sich um ihre Anliegen bemüht, in jedem Plenum aufs Neue vergeben, wenn wir nichts ändern.

Daher mein Plädoyer: Lassen Sie uns gemeinsam den Petitionsausschuss refor­mieren! Lassen Sie uns Chancen für Bürgerinnen und Bürger, die aktiv am Parla­mentarismus teilnehmen wollen, schaffen! Ich bitte um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.08

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Herr Abgeordneter Rosenberger ist zu Wort ge­meldet. – Bitte.