20.56

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Ich könnte jetzt das schärfste Geschütz einer Oppositionspartei auspacken und wirklich 13 Minuten reden. – Das tue ich nicht. Trotzdem will ich den Damen und Herren der FPÖ schon noch einmal zu Gemüte führen, damit sie das auch mit nach Hause nehmen können, was Abgeordneter Strache und die weiteren Abgeordneten damals als Begründung für den sinnvollen Antrag gebracht haben.

„Seit 1920 steht die Ministeranklage in der Verfassung.“ – Na, das wissen wir alle. Sie steht schon länger in der Verfassung, aber es war ein anderes Staatsgebilde.

„Bis dato hat sich kein Mitglied der Bundesregierung deswegen vor dem Verfas­sungs­gerichtshof (VfGH) rechtfertigen müssen.“ – Ja, Kollege Atzwanger hat das im Jahr 1983 in den JBl als „Damoklesschwert aus Papier“ schön beschrieben.

„Minister können nach geltender Rechtslage“ – so die FPÖ damals ganz richtig – „nur dann wegen schuldhafter Rechtsverletzungen vor den VfGH gestellt werden, wenn der Nationalrat sie per Mehrheitsbeschluss anklagt.“

Dazu kommt es nie, und es ist ja auch ganz augenfällig, warum es nicht dazu kommt. Von Kollegen Schambeck angefangen bis zu Kollegen Pernthaler, von Kollegen Atzwanger bis zu Kollegen Welan, alle Welt sieht das, dass hier totes Recht vorliegt und das Instrument der Ministeranklage, das in der Monarchie noch als Schutz vor der Exekutive eingeführt wurde und das Parlament wahrnimmt, keine effektive Wirkung mehr in diesem Land hat.

Jetzt kann man sich zwei Dinge überlegen: Entweder wir machen es so wie bei den Untersuchungsausschüssen und gestalten es als ein Minderheitsrecht – dann bekommt das Parlament Sinn und Zweck –, oder man schafft das tote Recht ab. Kollegen Moser muss man wahrscheinlich nur ganz kurz etwas zurufen und er dereguliert sofort auch unsere Verfassung.

Weiter hat es damals in diesem Antrag geheißen:

„In aller Regel hat die Regierungskoalition im Nationalrat die Mehrheit.“ – Na ja, no na, sonst hätte sie nicht lange Bestand.

„Keine Regierungsfraktion im Nationalrat ist interessiert daran, die eigenen Minister einer Verhandlung vor dem VfGH auszusetzen.“ – Ich glaube nicht, dass sich die Damen und Herren der FPÖ nachsagen lassen wollen, dass Sie heute über weniger Scharfsinn als damals verfügen.

Dann hat die FPÖ noch ein Argument gebracht, das ganz gut ist. Sie haben sich nämlich auf die Meinung des ehemaligen Präsidenten des VfGH Holzinger berufen und geschrieben: „Der VfGH-Präsident forderte in einem Interview in der Tageszeitung ‚Die Presse‘ am 11. Mai 2015, dass es auch der Opposition möglich sein soll, Regierungs­mitglieder beim VfGH anklagen zu können. Was er damit meint ist“ – so H.-C. Strache wohl mit Billigung des gesamten Klubs der FPÖ –, „dass das tote Recht der Minis­teranklage durch ein Minderheitsrecht zum Leben erweckt werden müsse.“

Ich bin gespannt, ob Sie zu Ihrem Wort stehen. Ich glaube nämlich nicht, dass Sie sich gerne – auch auf die Gefahr eines Ordnungsrufes hin –, wenn Sie zu dem nicht mehr stehen, von mir nachsagen lassen wollten, dass Sie feig und opportunistisch geworden sind. (Beifall bei JETZT und SPÖ. – Abg. Rosenkranz – in Richtung des sich zum Sitzplatz begebenden Abg. Noll –: Und Sie haben damals, glaube ich, die FPÖ gewählt, aufgrund dieser Rede heute!)

20.59

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Herr Abgeordneter Scherak ist zu Wort gemel­det. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.