15.03

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Kolleginnen und Kollegen! Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich mache etwas Unkonventionelles: Ich komme ohne vorbereitete Rede hier ans Pult und lasse mich von den Eindrücken und den Emotionen dieser Debatte leiten. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Ich sage das, was ich jetzt hier sagen möchte, von der Position aus, dass ich für mich Folgendes in Anspruch nehme: Wann immer ich an dieser Stelle gesprochen habe, ha­be ich versucht, neutral zu sein, über Parteigrenzen hinweg zu denken und mich auch auszusprechen. Mitunter wurde ich in meinem eigenen Klub gefragt, warum ich das oder jenes eigentlich gesagt habe. Von dieser Position aus und nachdem ich diese De­batte sehr genau mitverfolgt habe – ich habe Ihre Reden wirklich in Betracht gezogen und mir die Argumente angehört –, sage ich, wie der Lateiner so schön sagt, sine ira et studio: Ihr Misstrauensantrag ist völlig ungerechtfertigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Er ist ungerechtfertigt gegenüber dem Herrn Bundeskanzler, der eigentlich, umgekehrt, gerade in den letzten Tagen bewiesen hat, wie sehr er für dieses Amt qualifiziert ist (Beifall bei der ÖVP); er ist völlig ungerechtfertigt gegenüber den Mitgliedern der Bun­desregierung, die bisher eine tadellose Arbeit geleistet haben (Beifall bei der ÖVP), und völlig unverständlich gegenüber den neuen Mitgliedern der Bundesregierung, die, kaum ein paar Tage im Amt, vollkommen über jeden Verdacht erhaben, bestens quali­fiziert für dieses Amt sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Mir fiel folgender Gedanke ein: In der jüdischen Liturgie gibt es in den Pirke Avot, das sind die Sprüche der Väter, ein Kapitel, das mit den Worten LaKol Sman – alles hat seine Zeit – anfängt. Ich habe in der Politik lernen müssen, dass es eine Zeit des Zwis­tes, des gegenseitigen Beinstellens gibt, der Trickserei – das gehört dazu, ist zwar nicht meines, aber wohl Teil der Politik. Es muss aber auch eine Zeit der Besonnenheit geben, es muss eine Zeit der Staatsräson geben, es muss eine Zeit geben, in der man über Parteigrenzen hinweg Vernunft regieren lässt – eine Haltung, wie sie unser Bun­despräsident Van der Bellen in den letzten Tagen in wirklich hervorragender Weise bewiesen hat. Es gebührt ihm wirklich nochmals größter Respekt und Anerkennung für diese Haltung. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn diese Haltung des Bundespräsidenten noch nicht genug wäre – und ich wende mich jetzt direkt an die Kolleginnen und Kollegen, ich gehe sogar noch weiter: an die Freunde der Sozialdemokratie –, wenn das noch nicht genug wäre, dann würde ich euch bitten, zu berücksichtigen, dass jeder politische Kommentar in den letzten 24 be­ziehungsweise 48 Stunden nur Kopfschütteln für euch und für euren Misstrauensantrag übrig hat. (Beifall bei der ÖVP.) Ich glaube, ihr handelt nicht im Sinne der Demokratie; ich glaube, ihr handelt nicht im Sinne der Republik Österreich; ich glaube, dass euch die Geschichte und vor allem die Menschen in Österreich dafür zur Rechenschaft zie­hen werden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Ich verhehle nicht, dass ich auch eine persönliche Enttäuschung empfinde. Ich bin mit einigen von euch auch persönlich befreundet. Alle die, die meine Geschichte kennen, wissen, dass ich nicht in einer Partei sozusagen groß geworden bin. Es verbindet mich auch persönlich, freundschaftlich sehr viel mit einigen KollegInnen von der Sozialde­mokratie. Daher würde ich jetzt noch einmal diesen Appell an euch richten, das noch einmal zu überdenken.

Eines ist aber sicher – und da möchte ich die Worte des Bundeskanzlers wiederho­len ‑: Wie auch immer diese Abstimmung ausgeht, wir stehen dazu. Es lebe die Demo­kratie! Es lebe die Republik Österreich! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

15.08

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Nikolaus Sche­rak zu Wort. – Bitte.