10.15

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT): Herr Präsident! Frau Bundeskanz­lerin! Werte Bundesregierung! Zuerst muss ein Missverständnis, das von der ÖVP lau­fend verbreitet wird, korrigiert werden: Das Volk wählt nicht die Bundesregierung (Abg. Wöginger: Das habe ich nicht gesagt!), und zwar weder theoretisch noch praktisch (Abg. Rosenkranz: Ist nicht allein die ÖVP, da gibt’s mehr!), vielmehr wählen die Bür­ger und Bürgerinnen ihre Vertretung ins Parlament, und wenn sich im Parlament eine Mehrheit findet, eine Regierung zu unterstützen, dann kann diese mit dieser Unterstüt­zung arbeiten.

Vor 20 Monaten haben wir gewählt, und es hat sich eine Mehrheit gefunden, die eine Regierung unterstützt hat, aber diese Mehrheit ist vor etwa einem Monat verloren ge­gangen, und das ist ein ganz normaler demokratischer Prozess. Das ist so in einer De­mokratie, und wer das grundsätzlich infrage stellt, stellt auch die Demokratie infrage.

Meine Damen und Herren, das Parlament kann aber natürlich auch etwas anderes: Es kann Gesetze beschließen. Gerade jetzt, in diesen Wochen, kommt das Parlament drauf, dass es auch Gesetze beschließen kann, die nicht von der Regierung diktiert werden, die nicht von irgendwelchen Lobbys und Geldgebern im Hintergrund vorgege­ben werden und bei denen keine Koalitionsvereinbarungen das freie Spiel der Kräfte binden. Das ist lebendiger Parlamentarismus, und wenn dieser als Casinoparlamenta­rismus bezeichnet wird und der Generalverdacht aufkommt, dass es sich dabei jedes Mal um Wahlzuckerln handelt (Abg. Winzig: Was denn?!), dann liegen die, die das behaupten, deutlich falsch. Wahlzuckerln können nämlich – das wurde in der Vergan­genheit oft bewiesen – auch von mehrheitsstabilen Regierungen vergeben werden. Es hat also nichts damit zu tun, welche Mehrheiten im Parlament gerade gegeben sind.

Vor allem aber können in diesen nächsten Wochen und Monaten Gesetze beschlossen werden, die gar kein Geld kosten, die die Steuerzahler und -zahlerinnen gar nicht be­lasten. Das sind beispielsweise Gesetze zum Tierschutz, und das sind vor allem Ge­setze zum Klimaschutz. Wir wissen, dass im Zusammenhang mit dem Klimaschutz die aktuellen Maßnahmen, so, wie sie jetzt vorliegen und von der alten Regierung vorge­geben wurden, nicht reichen, und wir wissen, dass die Zeit drängt und dass wir nicht warten können, bis eine neue Regierung vielleicht neue Klimaschutzziele beschließt – oder auch nicht. Es würde tatsächlich Schaden von Österreich abwenden, wenn wir uns bereitfinden, dahin gehend etwas zu unternehmen.

Wenn ich darauf verweise, dass die eine oder andere Großpartei jetzt plötzlich ihre Lie­be zum Klimaschutz entdeckt hat, dann kann ich nur sagen: Machen wir es! Beschlie­ßen wir die entsprechenden Maßnahmen sofort! Die Anträge liegen vor und die Zeit drängt. Es ist ja so, dass diese Maßnahmen nicht nur nichts kosten, sondern dem Staat sogar Geld ersparen. Das wären Wahlgeschenke, die, glaube ich, allen helfen würden.

Das muss aber – und das Plastiksackerl ist dafür wirklich ein bisschen zu wenig – jetzt gemacht werden, denn wenn man im Wahlkampf auf Plakaten vor irgendwelchen grü­nen Bergen und bunten Wiesen und mit Slogans wie: Wir für unsere Umwelt! Wählt SPÖ/FPÖ/ÖVP! – oder am besten alle gemeinsam –, argumentiert, dann ist das zu wenig. Dann haben wir die Zeit verpasst, ein Wahlzuckerl, das hilft, zu sparen, zum Nulltarif zu verwirklichen.

Genauso effektiv wäre die Gesetzgebung zur Parteienfinanzierung. Das ist ein Gebot der Stunde. Da haben alle Parteien Vorschläge eingebracht – wir wissen das –, aber nur eine Partei, eine Fraktion, nämlich wir, hat die beiden wichtigen, effizienten Geset­zesvorschläge drinnen: Das ist zum einen die Kontrolle durch den Rechnungshof und das sind zum anderen Strafzahlungen und Sanktionen bei Überschreitung der Wahl­kampfkosten. Es ist egal, wer das eingebracht hat, wir müssen es nur beschließen. Wenn ich aber in die Parteien reinhöre, dann höre ich, und das nicht einmal hinter vor­gehaltener Hand: Das machen wir sicher nicht! Wir lassen uns doch nicht in unsere Parteikassen schauen!

Das soll einmal eine Unternehmerin bei einer Steuerprüfung sagen. Ich glaube, dass das ein völlig falsches Argument ist. Warum lassen sich die Parteien nicht prüfen? Wel­chen Grund gibt es dafür?

Meiner Meinung nach gibt es eine Zeitrechnung vor und nach Ibiza, und die An­schauung: Jetzt erst recht!, ist die denkbar schlechteste Einstellung in der Zeit danach. Das bedeutet nämlich, dass justament alles so bleiben soll, wie es ist. Damit wäre jedoch diese einmalige Chance vorbei, und zwar für lange Zeit vorbei, die Chance, zu zeigen, dass wir nicht so sind, wie es in der internationalen Öffentlichkeit den Anschein hat. – Danke. (Beifall bei JETZT.)

10.20

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.