13.51

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich jetzt in der Abendsonne dieser kurzen Legislaturperiode von Ihnen verabschieden und den Weg im Europäischen Parlament fortsetzen. Dieser Neuwahl sind jetzt einige erste Male im Parlament vorangegangen, und es wäre zwar typisch österreichisch, aber eigentlich auch ein bisschen verantwor­tungslos, würde man diese Gelegenheit nicht auch nutzen, um grundsätzlich darüber zu sprechen, welche festgefahrenen Prozesse und Muster uns in der österreichischen Politik oft daran hindern, wirklich gute Dinge auf den Weg zu bringen und das Leben der Menschen zu vereinfachen.

Spricht man in der österreichischen Politik über Fehleranalyse, hört man relativ oft zy­nisch, der Leidensdruck sei noch nicht groß genug. Aber ist das wirklich so? – Bei vie­len Dingen wissen wir gut genug, dass gerade im Parlament oft frischer Lack über die kaputte Karosserie gestrichen worden ist und man sich damit zufriedengegeben hat. Man hat oft den Eindruck, dass das, was in Österreich gut funktioniert, trotz der Politik super funktioniert, und nicht aufgrund der guten politischen Entscheidungen. Fragt man Menschen, was denn die Politik für sie tun kann – UnternehmerInnen, LehrerInnen, El­tern, WissenschaftlerInnen –, dann sagen ganz viele, es wäre eigentlich ganz nett, wenn einem die Politik nicht auch noch Steine in den Weg legen würde. Wir sind hier eben leider ganz oft nicht im Geschäft, den Weg aufzubereiten, sondern im Geschäft, Steine in den Weg zu legen. (Beifall bei den NEOS.)

Das ist eigentlich sehr schmerzhaft für die österreichische Politik, denn meiner Mei­nung nach könnte man das schon ändern, vor allem auch, indem wir endlich anfangen, hier im Parlament Politik zu machen, indem wir auch einen lebendigen Parlamentaris­mus pflegen. Wenn sich niemand mehr hinter seiner Partei oder hinter seinem Klub verstecken kann und sich keine Regierung mehr hinter der Realverfassung verstecken kann, dann können wir gute Dinge bewegen.

Der österreichische Nationalrat, und das waren jetzt meine Erfahrungen in den letzten Jahren, ist schon eher durch Scheinparlamentarismus als irgendetwas anderes ge­prägt. Ich glaube, wir sollten darüber reden, wie wir das ganz grundsätzlich ändern könnten; ich würde es für eine gute Sache halten. Geben wir dem Parlament mehr Ressourcen, damit es wirklich Politik machen kann! Gerade die Reaktionen in den letz­ten Wochen, dass man quasi Angst vor dem freien Spiel der Kräfte hat, zeigen ja, dass wir alle irgendwie wissen, dass niemand so richtig darauf vorbereitet ist. Wenn man ein emanzipiertes Parlament haben möchte, dann brauchen die einzelnen Abgeordneten mehr Ressourcen, um auch gut arbeiten zu können. Wenn man ein emanzipiertes Par­lament haben will, dann braucht es einen stärkeren Legislativdienst, damit man nicht für jede Kleinigkeit ein eigenes Ministerium zur Hand haben muss.

Will man ein emanzipiertes Parlament haben, braucht es vor allem auch den Willen aller Parteien, ihre Abgeordneten arbeiten zu lassen, anstatt vor allem Kontrolle walten zu lassen, denn dann können auch alle mehr sein als nur Abnicker. (Abg. Vogl: So schaut’s aus bei euch?) – Ich rede nicht von meinem Klub, aber ich weiß, dass es in diesem Haus oft so ist, dass man kurz davor ist, Angst davor zu haben, dass die eige­nen Abgeordneten plötzlich selbstständig denken können. Ich glaube, es würde wahn­sinnig viel Tolles herauskommen, wenn viele tolle Abgeordnete in diesem Haus mehr Möglichkeiten haben, eigene Politik zu machen. (Beifall bei den NEOS.)

Ich habe in ganz vielen Ausschüssen, vor allem in jenen, in denen ich Mitglied war – das waren der Ausschuss für Gleichbehandlung, der Ausschuss für Wissenschaft und der Ausschuss für Forschung –, erlebt, dass man sich immer wieder wirklich bemüht hat, Allparteienanträge, gemeinsame Initiativen zu beschließen. Ich habe selbst einige Anträge durchbringen können. Worauf ich wirklich stolz bin, ist der Antrag zur Lösung der Kettenvertragsproblematik, den wir beschlossen haben. Es wäre natürlich noch lei­wander gewesen, wenn wir in diesem Haus die Ressourcen hätten, so einen Vorschlag auch legistisch hinzubekommen, anstatt darauf zu warten und einen Antrag zu formu­lieren: Bitte, Herr Minister, machen Sie das! Genauso ist es bei vielen anderen The­men. Ich habe in diesen Ausschüssen nicht nur erlebt, dass es oft sehr humorvoll war und ein nettes Miteinander gab, sondern dass man sich wirklich bemüht hat, die Argu­mente des anderen und der anderen zu verstehen. Ich glaube, es würde dem Parla­ment guttun, wenn mehr Ausschüsse und mehr SprecherInnenrunden wie jene für Gleichbehandlung, für Wissenschaft und für Forschung funktionieren würden. (Beifall bei den NEOS.)

Ein großes Dankeschön gilt natürlich vor allem auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbei­tern der Parlamentsdirektion, die immer außerordentlich professionell arbeiten. Wenn es einen Teil dieses Hauses gibt, der wirklich bereit dafür ist, ein Arbeitsparlament zu werden, dann ist es die Parlamentsdirektion. Ich würde mich wirklich für Sie freuen, wenn Sie die Chance bekommen, Ihr volles Potenzial zu entfalten. (Beifall bei den NEOS.)

Das allergrößte Dankeschön gilt natürlich meinem Parlamentsklub, den tollen Mitarbei­terinnen und Mitarbeitern, meinen ReferentInnen, meiner parlamentarischen Mitarbei­terin, meinen großartigen Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen, die mich immer an­gespornt haben, besser zu werden, und von denen ich sehr viel lernen konnte, und natürlich auch der besten Chefin, die mich sehr oft gefordert, aber vor allem gefördert hat. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

13.56

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Drozda. – Bit­te schön, Herr Abgeordneter.