15.07

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer und Zuschauerin­nen! Wie wir nun schon mehrmals gehört haben, geht es bei diesem Tagesord­nungs­punkt um die Anrechnung der Karenzzeiten. Ich darf einmal kurz die Zeit zurückdrehen und die Geschichte rund um dieses Thema Revue passieren lassen.

Erst im letzten Herbst wurde hier im Nationalrat der Beschluss gefasst, die Sozial­partner zu beauftragen, die Anrechnung der Karenzzeit im Zuge ihrer KV-Verhand­lungen zu berücksichtigen. In unzähligen Gesprächen und Verhandlungsrunden sind die Sozialpartner diesem Auftrag in den verschiedenen Branchen auch nachge­kom­men und konnten bereits in über 90 Prozent der Kollektivverträge individuelle, für die Branche entsprechende Modelle der Anrechnung von Karenzzeiten umsetzen. Ich darf die Gelegenheit dazu nutzen, den Verhandlungspartnern meinen Dank auszusprechen.

Obwohl die Sozialpartner ihrer Aufgabe gewissenhaft nachkamen, hat die SPÖ über­raschenderweise im Juni – im freien Spiel der Kräfte – einen Antrag zur vollen An­rechnung der Karenzzeit eingebracht. Für mich als Unternehmerin und KV-Verhand­lerin war dies völlig unverständlich, aber es zeigte auch, dass der Gegensatz zwischen moralischem Anspruch und Realität bei der SPÖ nicht größer hätte sein können, denn demokratische Beschlüsse und Entscheidungen scheinen nur von Belang zu sein (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), wenn sie auch im Sinne der SPÖ ausfallen.

Der sonst so vehement eingeforderte und beschworene sozialpartnerschaftliche Weg (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek) wurde mit dem von der SPÖ eingebrachten Antrag 338/A eindeutig verlassen, denn der Antrag hätte folgende gravierende Auswirkungen gehabt (Ruf bei der ÖVP: Tatsachenbericht!): Er hätte einen massiven Eingriff in die KV-Entgeltregelung und auch in die Sozialpartnerauto­nomie dargestellt. Mit dem Antrag hätte die SPÖ die Sozialpartnergespräche und -autonomie für bedeutungslos erklärt.

Es stellt sich also ganz generell die Frage, ob die SPÖ womöglich den Gewerkschaften überhaupt noch eine Rolle zudachte oder sie nur als Erfüllungsgehilfen betrachtete. (Abg. Vogl: Karfreitag ...!) Auf Vertrauen hätte die Gewerkschaft wie auch die Wirt­schaft mit diesem Antrag seitens der SPÖ nicht mehr zählen können. Auch Rechts­sicherheit schien ein Fremdwort zu sein, denn der damalige SPÖ-Antrag hätte rück­wirkend eine völlig überraschende Mehrbelastung für Unternehmer und Unterneh­merin­nen bedeutet – woher das Geld kommt, schien der SPÖ und insbesondere Frau Heinisch-Hosek egal zu sein. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Vogl.)

Nach den SPÖ-Vorstellungen hätten unsere Unternehmerinnen und Unternehmer (Abg. Heinisch-Hosek: Ich freue mich für die Frauen!), die schließlich und endlich das Sozialsystem auch bezahlen, knapp 2,7 Millionen Menschen beschäftigen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek) und stets neue Arbeitsplätze schaffen, wieder voll zur Kasse gebeten werden sollen.

Als Unternehmervertreterin war ich zudem wirklich über Ihre Aussage entsetzt, Frau Heinisch-Hosek, die Sie neulich in der „Presse“ zur Frage der Gegenfinanzierung ge­tätigt haben. Sie haben gemeint, diese „sei zweitrangig. ‚Das müssen wir uns jetzt leis­ten‘“ – wohl wissend, dass Sie selbst keinen einzigen Euro dazu beitragen und dass die im ursprünglichen SPÖ-Antrag enthaltene rückwirkende Maßnahme eine Mehr­belas­tung von bis zu 400 Millionen Euro für unsere Betriebe bedeutet hätte. (Zwi­schenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Klassische SPÖ-Politik: Geld ausgeben, ohne zu bedenken, dass es auch einen Zahler geben muss. (Abg. Heinisch-Hosek: Wer leistet die ...?!)

Liebe Kollegin (Abg. Heinisch-Hosek: Falsche Rede, glaube ich!), unser Zugang ist ein anderer, nämlich ein verantwortungsvoller (Zwischenrufe bei der SPÖ), der einer­seits darauf schaut (Abg. Jarolim: Falscher Tagesordnungspunkt!), dass wir Maß­nahmen setzen, die Menschen brauchen (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), und andererseits darauf, dass sie auch finanzierbar sind. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.)

Wir haben die positive Arbeit der Sozialpartnergespräche anerkannt und weitere Gespräche geführt. Wir sind auch der Meinung, dass die vorhandene Lücke, wie es der Kollege schon gesagt hat, geschlossen werden muss. Daher gab es auch die Ge­spräche für den Dreierantrag, dass es einen Abänderungsantrag gibt, wobei Sie dann doch vernünftigerweise mitbeschlossen haben, dass wir das erst ab August 2019 machen. Ich darf hier auch meinen Dank aussprechen, denn unser Standort Österreich braucht Rechtssicherheit und Verlässlichkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Abschluss gestatten Sie mir aber trotzdem noch einen Hinweis für eventuell kommende SPÖ-Anträge: Wahlkampfanträge können wirklich Nebenwirkungen haben! Wahlzuckerl können den Magen verpicken! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Wir helfen den Frauen, begreifen Sie das nicht? – Zwischenruf des Abg. Wittmann.)

15.11

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Wöginger zu Wort. – Bitte.