9.43

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vi­zekanzler! Hohes Haus! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! (Zwischenruf des Abg. Jarolim. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) – Da herrscht noch gro­ße Aufregung im roten Sektor.

Mit dem Thema Wohnen haben wir ein Thema auf dem Tisch, das jeden betrifft, und wenn man die öffentliche Debatte verfolgt, merkt man: Das Vokabel Wohnen kommt ei­gentlich nie ohne das Adjektiv leistbar vor. Was also kann die Politik tun, um die Leist­barkeit des Wohnens, um steigende Immobilienpreise zu beeinflussen?

Vorausschicken muss man meines Erachtens bei dieser Debatte immer: Die Europäi­sche Zentralbank hat die Zinsen abgeschafft. Jeder Politiker wäre für diese Maßnahme zu Recht durch Sonne und Mond geschossen worden, während die Herrschaften Dra­ghi, Lagarde und so weiter großen Applaus dafür bekommen, dass sie weiter an der Vernichtung des Wertes von Ersparnissen arbeiten. (Zwischenruf der Abg. Steger.)

Solange die Europäische Zentralbank ihre Nullzinspolitik fortsetzt und weiterhin jeden Monat Anleihen todgeweihter Unternehmen im Milliardenvolumen kauft, werden auch die Immobilienpreise weiter hinaufschießen und wird der Unterschied zwischen den Wohlhabenden und den weniger Wohlhabenden größer werden. Wer reich ist, kann sich nämlich mit Immobilien absichern, die weniger Wohlhabenden können das nicht – die EZB-Politik unterstützt also die Reichen dabei, noch reicher zu werden. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Noll.)

Was die Politik da hätte tun können, ist, die Schulden herunterzufahren, damit die EZB wieder auf ein normales Zinsniveau kommen kann. (Abg. Steger: ... die Schuldenpoli­tik der EU!) Das wurde nicht gemacht. Jetzt kommt die SPÖ mit verschiedenen kleinen Pflästerchen, die sie auf klaffende Wunden draufpickt. Sie will die – unter Anführungs­zeichen – „Mietensteuer“ abschaffen. – Hunderte Österreicher haben die Mietensteuer schon im Steuerrechtskodex gesucht und haben sie nicht gefunden; gemeint ist näm­lich die Umsatzsteuer auf Mieten.

In den Siebzigerjahren ist Bruno Kreisky auf die raffinierte Idee gekommen, man könn­te dem Eigentümer 20 Prozent Vorsteuerabzug geben und dafür nur 10 Prozent Um­satzsteuer verrechnen, damit das Mieten billiger wird – schlau von Kreisky! Auch Pro­fessor Doralt bestätigt, was vorhin schon Kollege Schrangl gesagt hat: Man kann nicht die Umsatzsteuer auf die Miete abschaffen und gleichzeitig den Vorsteuerabzug be­lassen. Das, was Sie auf Ihren Plakaten betreffend Mietensteuer vorschlagen, würde das Wohnen teurer machen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.) Das Pflästerchen müssen Sie von der Wunde wieder herunterreißen, und das tut im­mer besonders weh.

Nächstes Pflästerchen: Die SPÖ will ein Universalmietrecht mit einer fixen Miete von 5,50 Euro pro Quadratmeter. Dabei wird keine Rücksicht darauf genommen, wann sich die Investition ins Bauen amortisiert, damit der, der sein Geld ins Bauen investiert, auch eine gewisse Rendite machen kann – das ist bei dem, was Sie vorschlagen, kei­ne Kategorie. Wir brauchen aber die privaten Investoren, weil die öffentliche Hand mit dem Bauen gar nicht nachkommt. Das hat der Herr Vizekanzler richtig gesagt. Wenn man den privaten Bauherrn jedoch besonders niedrige Mietzinsschranken auferlegt, führt das natürlich eher zu weniger als zu mehr Bautätigkeit. Dieses Pflästerchen ver­schärft die Misere weiter und reißt die Wunde noch weiter auf.

Herr Vizekanzler, Sie haben dazu sehr deutlich Position bezogen – sehr deutlich für ein Mitglied einer sich als überparteilich verstehenden Regierung. Ich nehme an, es hat damit zu tun, dass die SPÖ um 4,27 Euro in der Löwelstraße eingemietet ist und dort ihre 3 181 Quadratmeter mietet. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ. – Ah-Ruf des Abg. Wurm. – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Währenddessen ziehen Menschen in den Gemeindebau und in den geförderten Wohn­bau, die 5 000 Euro und mehr verdienen. Da kann also von Treffsicherheit überhaupt keine Rede sein, das ist beim sozialen Wohnbau nicht der Fall – Peter Pilz kann Ihnen ein Lied davon singen. Es wohnen zu viele Gutverdiener im Gemeindebau beziehungs­weise im sozialen Wohnbau. Wir stehen sogar vor der Situation, dass das Durch­schnittseinkommen im Genossenschaftsbau ein höheres ist als jenes der privaten Mie­ter. Da sieht man also eine völlig verfehlte Treffsicherheit. Wir brauchen daher im ge­förderten Wohnbau ein Einkommensmonitoring.

Die öffentliche Hand hat mit den Gemeindebauten und den Genossenschaftswoh­nungen zusammen einen Marktanteil von über 50 Prozent, in Wien von über 60 Pro­zent. Mit einem Marktanteil von über 60 Prozent muss man natürlich die soziale Frage lösen können. Wenn da etwas nicht funktioniert, sind nicht die 40 Prozent an privaten Mietverhältnissen schuld – das ist leider eine Themenverfehlung Ihrerseits. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir brauchen also ein Einkommensmonitoring im sozialen Wohnbau, damit die, die es sich leisten können, mehr zahlen, damit wir Treffsicherheit erreichen. Die Stadt Zürich praktiziert das seit vielen Jahren erfolgreich. Wir brauchen flexiblere Möglichkeiten für den Mietkauf.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (fortsetzend): Ja, Herr Präsident, danke!

Wenn jemand mit 25 in eine geförderte Wohnung einzieht, ist seine Lebenssituation zehn Jahre später eine andere – da gehört etwas gemacht. (Abg. Leichtfried: Jetzt klatscht schon der Kickl bei Loacker!) Was nicht funktioniert, ist, die Wähler am Schmäh zu halten und Tausende Euros für teure Plakate auszugeben, die nur schöne Propa­ganda sind, von der nachher nichts umgesetzt werden kann. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Wurm: Gute Rede, Herr Kollege! Keine Feh­ler!)

9.49

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zinggl. – Bitte.