12.56

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Werte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Bruno, jetzt auch noch von mir persönlich alles Gute! Du wirst auch aus einem ganz beson­deren Grund fehlen: weil es ohne versierte Ökonomen wie dich noch leichter möglich ist, einen Unsinn wie eine Schuldenbremse in der Verfassung in diesem Haus ernsthaft zu diskutieren beziehungsweise dann auch zu beschließen.

Wir beide genießen das Privileg, eine ökonomische Ausbildung zu haben und Ökono­men zu erklären: Dass eine Schuldenbremse in der Verfassung in der Konjunkturpolitik auch nur irgendeine Funktion haben könnte, ist dermaßen absurd, dass sich nicht nur ganze ökonomische Fakultäten ratlos wegdrehen, wenn Derartiges im Parlament dis­kutiert wird.

Da gibt es halt einen Unterschied zwischen den Fraktionen: Bei uns ist – und das ist kein Zufall – der Anteil der Ökonomen in der Fraktion relativ groß, weil wir immer ge­wusst haben, dass wirtschaftliche Kompetenz eine große Rolle spielt. (Abg. Meinl-Rei­singer: Sie lachen! Nicht lachen!)

Und dann gibt es andere Fraktionen, die ständig von Wirtschaft reden, obwohl etwa Altkanzler Kurz oder auch Kollegin Meinl-Reisinger noch keine Minute, nicht einmal ei­ne Sekunde in irgendeiner Tätigkeit in der freien Wirtschaft oder in irgendeinem Un­ternehmen verbracht haben. Das sind lupenreine Parteikarrieren! (Abg. Hafenecker: Wie war das bei Ihnen, Herr Kollege?)

Das sind lupenreine Parteikarrieren – ja, warum nicht, auch Partei muss man lernen. (Abg. Hanger: Wissen Sie, was der Keynes sagt, zum Beispiel?) Aber wenn man Par­tei gelernt hat, wie Sebastian Kurz oder Beate Meinl-Reisinger, dann soll man nicht so tun, als hätte man die ganze Zeit die Luft der freien Märkte geatmet. (Abg. Meinl-Rei­singer: Herr Pilz, seien Sie nicht neidisch!) Und jetzt sage ich Ihnen noch etwas Zweites, Frau Meinl-Reisinger (Abg. Meinl-Reisinger: Ich weiß schon, das erfordert nämlich auch Team...!), bevor Sie sich zu sehr aufregen:

Stellen Sie sich einmal vor, wir schreiben alles in die Verfassung hinein, was sich Ös­terreichs Wirtschaft wünscht. Wissen Sie, was angesichts der Klimakrise der größte Wunsch der österreichischen Wirtschaft ist? – Sichere Schneelage. Sollen wir jetzt in die Verfassung sichere Schneelage hineinschreiben, und so weiter und so fort? (Abg. Rossmann – erheitert –: Natürlich!) – Natürlich, ja. Irgendwann wird es so weit kom­men: Schuldenbremse in die Verfassung, Bargeld in die Verfassung, demnächst wahr­scheinlich Bankomaten in die Verfassung und dann noch schneesichere Winter in die Verfassung! Die Verfassung kann nicht kompensieren, was sogenannte Wirtschafts­parteien nicht zusammenbringen! Das ist einfach ein Faktum! (Beifall bei JETZT.)

Wenn Sie wirtschaftspolitisch versagen, dann versuchen Sie nicht, durch Verfassungs­theater davon abzulenken! – Das ist das Erste. (Präsidentin Kitzmüller übernimmt den Vorsitz.)

Das Zweite: Dieser Antrag trägt drei Namen, und einer dieser Namen ist Hubert Fuchs. Hubert Fuchs hat vielfältige Talente. Er ist ja nicht nur einer der geistigen Väter dieser seltsamen ökonomischen Vorstellungen, sondern, wenn ich richtig informiert bin, auch Beschuldigter im Novomatic-Strafverfahren. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsan­waltschaft ermittelt hier. Er hat – ich weiß nicht, aufgrund seiner Verdienste bei den Zahlungsflüssen von Novomatic an die FPÖ oder aufgrund seiner Verdienste als Staatssekretär – den Listenplatz drei für die Freiheitliche Partei auf der Bundesliste. Listenplatz vier in Wien hat ein anderer freiheitlicher Abgeordneter, Herr Markus Tschank. Der ist aber nicht Beschuldigter im Novomatic-Verfahren, sondern Beschul­digter im Ibizaverfahren, und Sie finden dort überall: beschuldigt, Hausdurchsuchung und so weiter.

Und jetzt frage ich Sie, Herr Parteiobmann Hofer, und die Freiheitliche Partei: Können Sie uns überhaupt garantieren, dass alle freiheitlichen Abgeordneten, die am 29. Sep­tember gewählt werden, am Tag der Konstituierung des neuen Nationalrates überhaupt noch auf freiem Fuß sind? (Abg. Brückl: Das sagt der Pilz!) Können Sie uns das ga­rantieren? Für welche Abgeordneten von der Freiheitlichen Partei in diesem Haus können Sie garantieren, dass sie nichts mit illegaler Parteienfinanzierung zu tun hatten (Abg. Hafenecker: Wie viele Verfahren haben Sie anhängig? – Ruf bei der FPÖ: Alle!), dass sie nichts von den Sporttaschen von H.-C. Strache wussten, die, wie in dieser anonymen Anzeige, die von der WKStA bearbeitet wird, steht, mit ukrainischen Millio­nen vollgestopft waren, um ein freiheitliches Mandat in Wien erfolgreich zu kaufen? (Abg. Hafenecker: Wie viele Verfahren werden gegen Sie wieder aufgenommen, wenn Sie wieder draußen sind?)

Ich sage Ihnen eines: Schreiben Sie keine Schuldenbremse in die Verfassung, sondern schreiben Sie extra für FPÖ und ÖVP eine Korruptionsbremse in die Verfassung! Das wäre wesentlich sinnvoller.

Herr Fuchs, Sie spielen da am Handy. Sie machen das Gleiche, das normalerweise der Altkanzler in für ihn etwas unangenehmen Situationen tut. (Abg. Stefan: Er ist we­nigstens anwesend! – Abg. Brückl: Das ist letztklassig!) Auch wenn Sie jetzt ins Handy hineinkönnten, Sie können sich diesen Aufklärungen nicht entziehen! Stück für Stück kommt alles heraus und Stück für Stück wird klarer, welche Partei sich hier der Wahl stellt! (Abg. Hafenecker: Wie viele Verfahren werden gegen Sie jetzt wieder aufge­nommen, Herr Kollege?)

Sie waren einmal die Partei der Anständigen und Tüchtigen. Heute sind Sie die Partei der Abgängigen und Flüchtigen und stellen sich als diese der Nationalratswahl. (Beifall bei JETZT. – Abg. Hafenecker: Sie werden jetzt ein paar Jahre in Innsbruck wohnen, im Landesgericht!)

Das, meine Damen und Herren, sollen alle wissen, und versuchen Sie eine Sekunde lang, das, was hier passiert, vom Schuldenbremsentheater bis zu Ihren Korruptions­affären, aus der Sicht von 1,3 Millionen freiheitlichen Noch-Wählerinnen und -Wählern zu sehen: Menschen, die oft eine Mindestpension haben, Menschen, die oft nicht wis­sen, wie sie nächsten Monat über die Runden kommen. Und denen muten Sie ein 10 000-Euro-Spesenkonto zu? Und dann noch ein Spesenkonto und dann 10 Millionen Euro in der Sporttasche aus der Ukraine und, und, und? (Abg. Hafenecker: 10 Millio­nen – gibt es eigentlich so eine große Sporttasche?) Und denen sagen Sie über Ihre Sozialministerin: Ja, mit 150 Euro im Monat kann man ohne Weiteres auskommen?!

Ihr Parteiobmann, Ihr Ex-Parteiobmann, den Sie möglicherweise in den nächsten Ta­gen als letzte Rettungsmaßnahme aus der FPÖ ausschließen werden, Ihr Parteiob­mann kommt mit 150 Euro nicht einmal 10 Minuten aus! So schauts in der FPÖ aus! Und wenn dann Ihre höchsten Funktionäre mit Designertaschen und Designeranzügen und Designerschuhen und Spesenkonto und Mercedes-Geländewagen vorfahren und sagen: Heute vertreten wir im Parlament wieder den kleinen Mann!, dann sind Sie nicht nur eine Lachnummer, sondern längst ein Fall für die Wirtschafts- und Korruptions­staatsanwaltschaft! (Beifall bei JETZT.)

Deswegen ist es allerhöchste Zeit, dass wir speziell für die Freiheitliche Partei, aber auch für die Österreichische Volkspartei eine einzige Bremse nicht in die Verfassung, sondern ins Strafgesetzbuch bringen, durch Strafbarkeit für illegale Parteienfinanzie­rung, durch Strafbarkeit für Spendenwäsche und durch Strafbarkeit für Mandatskauf, nämlich eine Korruptionsbremse gegen Türkis und Blau, eine Korruptionsbremse ge­gen die beiden Ibizaparteien. – Danke schön. (Beifall bei JETZT.)

13.04

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gerstl. – Bitte.