13.15

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Hohes Haus! Die Wahlen Ende September dieses Jahres haben die Karten in der politischen Landschaft in Österreich neu gemischt. Der Souverän hat ge­sprochen, und dieser Souverän hat, wie wir alle wissen, immer recht. Die Macht­ver­hältnisse haben sich geändert, und das, was wir heute in dieser konstituierenden Sitzung machen, ist, die ersten substanziellen Weichen auf Basis dieses neuen Machtgefüges zu stellen.

Ich denke, dass natürlich jeder von uns mit guten Vorsätzen in diesen neuen parla­mentarischen Abschnitt hineingeht. Ich wünsche uns allen, dass wir mit diesen guten Vorsätzen, die sicher auch zu einem großen Teil mit der Überwindung von Gräben, die in einem sehr, sehr tiefen Wahlkampf – das kann man durchaus sagen – tief aufgerissen worden sind, zu tun haben, durchkommen und dass sie eine möglichst lange Haltbarkeit haben.

Parlamentarismus, meine sehr geehrten Damen und Herren, bedeutet intensive Aus­einandersetzungen. Parlamentarismus bedeutet beherzte und durchaus auch emo­tio­nale Auseinandersetzung um die besseren Argumente, Ideen und Konzepte. Parla­mentarismus bedeutet auch das harte Ringen zwischen Oppositions- und Regierungs­interessen. Bei aller Härte der Auseinandersetzung, bei aller Freude am und Leiden­schaft für den politischen Diskurs und den notwendigen politischen Konflikt, bei aller Notwendigkeit der Unterschiedlichkeit von Positionen muss aber eines feststehen – und darauf lege ich besonderen Wert; ich blicke da in die Reihen der wieder einge­zoge­nen Fraktion der Grünen –: dass niemand das Recht hat, sich – ich möchte fast sagen: in einer pseudomoralischen Art und Weise – über die anderen dahin gehend zu erhöhen, dass er einem anderen direkt oder indirekt das Prädikat, Demokrat zu sein, abspricht.

Ich denke, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass das demokratische Spek­trum ein sehr breites ist – von ganz links beginnend über die Mitte bis hin zu rechten Parteien. Wer aber den Fehler begeht, rechts mit rechtsextrem zu verwechseln oder gleichzusetzen und damit eine Form der Verunglimpfung zu betreiben, hat aus meiner Sicht diese Grundregeln der Demokratie nicht verstanden. (Beifall bei der FPÖ.)

So viel, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Wie, wir sollten aber auch über das Was reden, das uns hier beschäftigt: Ich glaube, wir alle teilen die Meinung, dass Österreich vor großen Herausforderungen steht und dass diese großen Herausforde­rungen in den letzten Wochen nicht weniger geworden sind. Wir wissen nicht, wann unser Land wieder eine Regierung haben wird, und zwar eine Regierung, von der man zu Recht sagen kann, dass sie einen Gestaltungsanspruch stellt. Deshalb, denke ich, trägt das Parlament in dieser Phase eine umso größere Verantwortung für unser Heimatland. Gerade jetzt ist es auch Aufgabe des Parlaments, die Linie vorzugeben, inhaltliche Pflöcke einzuschlagen und ja nicht den Fehler zu machen, in eine Art Schlafwagenmodus oder in eine Art Lethargie zu verfallen.

Gerade jetzt haben wir als Parlamentarier die Chance, der österreichischen Bevölke­rung zu erklären, dass wir ein aktives, ein engagiertes und ein verantwortungs­bewuss­tes Parlament sind. Wir Freiheitliche schlagen deshalb gleich am Beginn, in dieser ersten Sitzung, mit einer ganzen Fülle von Anträgen entsprechende inhaltliche Pflöcke ein. Die einen haben mit aktuellen Entwicklungen zu tun, etwa mit der aus unserer Sicht gegebenen Notwendigkeit, IS-Verbrechern die Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Ich glaube, dass das der richtige Zugang ist und dass wir nicht darüber nachdenken sollten, wie man diese Leute, die tickende Zeitbomben sind, wieder nach Österreich zurückholen kann.

Der zweite Bereich ist, dass wir ein Maßnahmenpaket zur Sanktionierung der Türkei auf den Weg bringen wollen, die aus unserer Sicht völlig zu Unrecht immer noch ein Beitrittskandidat der Europäischen Union ist.

Es geht aber auch um andere Anträge, um das Vorantreiben von Reformen, die aus unserer freiheitlichen Sicht seit langer, langer Zeit überfällig sind; ich denke da etwa an die Reform des Österreichischen Rundfunks inklusive der Abschaffung der Gebühren. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann gibt es noch eine dritte inhaltliche Komponente, nämlich ein Antragspaket, das die Themen Freiheit und Selbstbestimmung zum Inhalt hat. Da reden wir vom Schutz von Jugendlichen durch die Etablierung eines Kopftuchverbots bis zum 14. Lebensjahr in Schulen genauso wie von der Einführung echter direkter Demokratie, durch die die Bevölkerung nicht nur einen zarten Beitrag, der dann schubladisiert wird, leisten kann, sondern echte Entscheidungen treffen soll. Das ist unser freiheitlicher Beitrag dazu, dass wir in dieser Phase auch parlamentarisch in die Gänge kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Herausforderungen, denen sich Öster­reich im Großen wie im Kleinen gegenübersieht, sind vielfältig und in mancherlei Hin­sicht sind sie wahrscheinlich sogar als dramatisch zu bezeichnen. Wir alle werden viel damit zu tun sowie viel Kraft und Energie zu investieren haben, um für unsere Heimat Tag für Tag eine gute Gegenwart und Sicherheit zu erarbeiten, diese zu bewahren und sie dort, wo es notwendig ist, auch zu verteidigen.

Machen wir nicht den Fehler, zu glauben, dass die große Migrationswelle bereits gebrochen ist, denn das Gegenteil davon ist wahr! Denken wir an die dunklen Wolken einer Wirtschaftskrise, die aufziehen! Der deutsche Konjunkturmotor stottert, und wir wissen, dass das von negativen Auswirkungen in den Bereichen des Arbeitsmarktes und der Staatsverschuldung begleitet sein wird und dass das alles auch nicht ohne Einfluss auf ein ohnehin fragiles Währungssystem sein wird. Natürlich wird uns alle auch der Klimawandel zu beschäftigen haben – selbstverständlich! Ich denke aber – und das wird unser Beitrag dazu sein –, dass es gerade in diesem Bereich Lösungen braucht, mit denen wir das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, sondern tatsächlich unser Verantwortungsbewusstsein mit Augenmaß zum Ausdruck bringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute wird auch das Nationalratspräsidium gewählt. Wir als Freiheitliche Partei werden uns an die bewährten demokratischen und parlamentarischen Gepflogenheiten halten und daher die Kandidaten von ÖVP und SPÖ entsprechend unterstützen, ihnen unsere Zustimmung geben. Wir haben das immer so gehalten. Meine Damen und Herren, das ist keine Liebeserklärung (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ), aber es ist auch kein sinnentleertes politisches Ritual, wie manche es darzustellen versuchen. Es ist etwas anderes: Es ist eigentlich der erste Ausdruck der gelebten Anerkennung des Wählerwillens, der bei der Wahl am 29. Sep­tember zum Ausdruck gebracht wurde, der hier in diesem Haus vollzogen wird. Es ist noch etwas: Es ist auch ein Bekenntnis zur Personalautonomie jedweder Partei in diesem Haus. Das heißt nichts anderes, als dass jedwede Partei – und nur sie selbst – bestimmt, wer in diesem demokratischen Gefüge aus Parlament und Regierung für welche Position vorgeschlagen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der freiheitliche Kandidat für das Amt des Dritten Nationalratspräsidenten ist Norbert Hofer. Für die, die schon länger im Haus sind, ist er kein Unbekannter: Er ist 2006 hier eingezogen, also ein erfahrener Parla­mentarier. Er war in den Jahren von 2013 bis 2017 bereits einmal Dritter National­rats­präsident, und ich denke, dass es keine Übertreibung ist, wenn ich sage, dass er sich in dieser Zeit durch seine Amtsführung über alle Lager hinweg großes Ansehen und ein hohes Maß an Vertrauen erarbeitet hat. Seine Vorsitzführung ist immer objektiv und unparteiisch gewesen. Er hat dieses Amt tadellos geführt und durch seine Art der Amtsführung, durch die Besonnenheit, die er dabei an den Tag gelegt hat, auch einen großen Beitrag zur viel strapazierten Würde dieses Hauses geleistet. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Gerade deshalb ist es mir ein inneres Bedürfnis, mich am Ende meiner Ausführungen noch einmal an die neuerlich eingezogene Fraktion der Grünen, die sich dazu ent­schlossen hat, Norbert Hofer heute zu boykottieren, zu wenden: Sie wissen, dass Sie damit einen Mandatar boykottieren, der vor gar nicht allzu langer Zeit in einer Per­sönlichkeitswahl – ich spreche von der Bundespräsidentenwahl – 2,1 Millionen und noch ein paar mehr Wählerinnen und Wähler hat überzeugen können. Das ist, glaube ich, ein sehr, sehr eindrucksvolles Votum, auf das kein einziger anderer Mandatar in diesem Haus – und ich glaube, es gibt auch in der Vergangenheit keinen – zurück­blicken kann.

Ich weiß nicht, ob das der Sinn der Übung ist, die die Grünen mit dieser Gegen­kan­didatur betreiben; diese zeigt mir und auch denjenigen, die diese Entwicklung in den letzten Stunden genau beobachtet haben, aber, dass halt leider hinter der Fassade dieser hippen – man möchte manchmal fast sagen: putzigen – Ökopartei, hinter die­sem putzigen Mäntelchen samt den dazugehörigen Papptafeln – (auf eine neben dem Sitzplatz von Abg. Kogler auf dem Boden stehende Tafel weisend:) Herr Klubobmann Kogler hat wieder eine mitgebracht – in Wahrheit doch eine knallharte linkslinke Gesin­nung steht, die immer auch Gefahr läuft, in eine totalitäre Richtung zu kippen. (Beifall bei der FPÖ. Heiterkeit bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwi­schenruf bei der SPÖ.) Ich sage das dazu, weil es für jeden erkennbar ist.

Es zeigt außerdem – das festzuhalten ist mir auch wichtig –, dass Ihr demokratisches Welt­bild und Ihre Interpretation von Respekt und Anerkennung genau dort enden (Zwi­schenruf bei der SPÖ), wo Ihre linke Ideologie ihre Grenzen hat. Glauben Sie mir: Das ist ein sehr, sehr eingeschränkter Horizont, über den Sie verfügen! (Beifall bei der FPÖ.)

Das Ganze hat aber auch etwas Gutes, Kollege Kogler, denn Ihr heutiger Boykott der Person Norbert Hofer ist ja auch ein lehrreicher und wertvoller Beitrag zur ideolo­gischen Selbstenttarnung, und das geschieht noch dazu zum frühestmöglichen Zeit­punkt hier im Parlament. Dafür muss man in gewisser Weise auch dankbar sein.

Ich denke, ein Appell, umzudenken, ist sinnlos – diesbezüglich gibt es genug Erfah­rungswerte. Alle anderen Fraktionen ersuche ich um Unterstützung für Norbert Hofer. Er war ein tadelloser Nationalratspräsident (Zwischenruf bei der SPÖ), und er wird ein tadelloser Nationalratspräsident sein, der diesem Haus und dieser Republik alle Ehre machen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

13.26

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Werner Kogler. – Bitte.