15.28

Abgeordneter Stefan Kaineder (Grüne): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Die Bekämpfung von Kinderarmut ist in einem der reichsten Länder der Welt eine zivilisatorische Selbstverständlichkeit. Da braucht es bei der Sozialdemokratie auch keine Zweifel zu geben, ob die Grünen das auf der Prioritätenliste ganz oben haben oder nicht. Das ist auf unserer Prioritätenliste ganz oben, darauf könnt ihr euch verlassen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es gibt zwei wesentliche Gründe dafür, warum die Bekämpfung der Kinderarmut auf unserer Prioritätenliste ganz oben steht. Der erste ist: Es ist moralisch geboten. Kinder können sich nicht aussuchen, welche Hautfarbe sie haben, sie können sich nicht aussuchen, welche Muttersprache sie haben. Sie können nichts dafür, wenn ihre Eltern aus einem anderen Land kommen, sie können nichts dafür, wenn ihre Eltern arbeitslos sind. Kinder können sich nicht aussuchen, wie viele Geschwister sie haben. Das alles hat aber Auswirkungen auf ihre ökonomische Situation. – Da es moralisch geboten ist, müssen wir die Bekämpfung von Kinderarmut sehr, sehr ernst nehmen.

Der zweite Grund ist – und das ist vielleicht eher in diese Richtung (sich in Richtung ÖVP wendend) zu sagen –: Es ist ökonomisch sinnvoll. Kinderarmut zu bekämpfen ist ökonomisch sinnvoll, es gibt Dutzende sozialwissenschaftliche Studien, die sagen: Für jedes Kind, das man aus der Kinderarmutsfalle bringt, bekommt man mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit am Ende des Weges eine Steuerzahlerin beziehungsweise einen Steuerzahler. Das ist ökonomische Vernunft. Laut den meisten Studien gibt es diesen social return on investment schon nach zehn, fünfzehn Jahren. Es ist ökonomisch sinn­voll, und es ist moralisch geboten.

In den letzten zwei Jahren ist vieles in die falsche Richtung gegangen. Wir haben jetzt ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz – und das kann ich nicht beschönigen –, welches den Landtagen in Österreich verbietet, Kinderarmut effizient zu bekämpfen. Das ist ein Problem. Wir brauchen bei der Bekämpfung der Kinderarmut eine Schubumkehr – das ist uns bewusst –, und dafür braucht es Mehrheiten, liebe Sozialdemokratie. Das ist jetzt der Punkt, an dem wir über diesen Entschließungsantrag und dann natürlich auch über den Fristsetzungsantrag diskutieren müssen, denn inhaltlich kann ich mit diesem Antrag sehr gut leben, da ist vieles drinnen, was ich für gut und sinnvoll halte – allein, wir brauchen dafür Mehrheiten, und die gibt es hier und heute nicht. Ich kann diesen Fristsetzungsantrag deshalb mit gutem Gewissen ablehnen, weil wir zuerst Mehrheiten finden müssen. (Abg. Heinisch-Hosek: Geh, bitte ...!)

Das Interessante ist ja, Frau Kollegin Heinisch-Hosek, in Ihrem Entschließungsantrag geht es um viele verschiedene Gesetzesmaterien. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Haben Sie sich einmal überlegt, wie viele 15a-Vereinbarungen davon betroffen sind? – Wenn ich das ernst nehme, wenn es euch darum geht, Kinderarmut effizient zu bekämpfen, dann müssen wir bei den Maßnahmen, die in eurem Antrag stehen (Zwischenruf des Abg. Wurm), neun verschiedene 15a-Vereinbarungen ändern. Wisst ihr, wie viele parlamentarische Beschlüsse das sind? – 90 Stück, und für alle diese Beschlüsse brauchen wir Mehr­heiten. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glocken­zeichen.) Auf eines könnt ihr euch verlassen: Wir werden diese Mehrheiten suchen und für diese Mehrheiten kämpfen. (Beifall bei den Grünen.) 90 Parlamentsbeschlüsse, das ist nicht nichts, aber das kann man hinkriegen, wenn man will. Das kann man hin­kriegen.

Kollegin Evi Holzleitner möchte ich noch sagen: Auch ich habe der Bundesjugend­ver­tretung heute im „Morgenjournal“ sehr, sehr gut zugehört. Dort wurde gesagt, für die nächste Regierung müsse die Bekämpfung der Kinderarmut eine hohe Priorität haben. Das sehen wir genauso, und daran werden wir arbeiten; darauf könnt ihr euch verlas­sen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.32

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Loacker ist zu Wort gemel­det. – Bitte.