14.54

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Ho­hes Haus! Werte Zuseher zu Hause! Zuerst möchte ich einmal der ÖVP herzlich gra­tulieren. Ich glaube, das politisch-taktische Spiel, in den letzten Jahren minutiös vorbe­reitet, ist für die ÖVP zu 100 Prozent aufgegangen. Da ich ein großer Fan von House of Cards bin, ziehe ich vor der ÖVP den Hut.

Es hat zwar ein ehemaliger SPÖ-Minister – wenn wir uns erinnern, es war der ehema­lige Verteidigungsminister – das Wort situationselastisch geprägt, aber ich glaube, dass man das jetzt schon ein bisschen der ÖVP umhängen muss, denn das schaut jetzt alles sehr situationselastisch aus. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Wenn ich meine Sicht wiedergeben darf: In den letzten Wochen hatte ich den Eindruck, dass ein Freudentaumel durch Österreich gegangen ist, es waren quasi alle begeistert von der neuen Konstellation, angefangen beim Herrn Bundespräsidenten über die na­türlich objektive Medienlandschaft in Österreich, vorneweg der ORF, alle NGOs, diver­se Religionsgemeinschaften, natürlich Brüssel und die Europäische Union bis hin zu den alten Garden der Wirtschaftskammer, der Arbeiterkammer und der Landwirt­schaftskammer. (Beifall bei den Grünen.) Danke für den Zwischenapplaus.

Eigentlich waren alle begeistert. Heute habe ich zu meiner Verwunderung vernommen, dass offensichtlich auch die eigentlichen Oppositionsparteien, NEOS und Sozialdemo­kratie, irgendwie noch ein bisschen in diesem Freudentaumel steckengeblieben sind (Abg. Leichtfried: Nein!) und ganz, ganz wenig Kritik und sehr viel Zustimmung für die neue Regierung von Schwarz und Grün gekommen ist. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Mag so sein, das müssen sich die beiden Parteien überlegen, wie sie es anlegen. Ich glaube, Herr Kickl hat es heute ganz klar gesagt: Die einzige Op­positionspartei, die für Österreich da ist, ist die Freiheitliche Partei. – Das hat sich heu­te wieder einmal ganz deutlich gezeigt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ja, diese Einheit – alle für diese neue Regierung und wir so ein bisschen als Gegen­pol – erinnert mich fast an die DDR mit der Einheitspartei SED. Wir alle wissen, es hat auch in der DDR ein glückliches Ende gefunden, die Freiheit hat gesiegt. Das wird auch unser Ziel als Freiheitliche sein. Am Ende des Tages werden wir mit dem besse­ren Programm auch wieder vorne sein.

Ich glaube, wir haben es heute gehört, es gibt in diesem neuen Programm, sofern es umgesetzt wird, natürlich Gruppen die gewinnen werden. Es wird Profiteure geben, die sind heute schon erwähnt worden, das brauche ich nicht noch einmal auszuführen. Was aber, glaube ich, heute auch klar geworden ist – und das ist schon wichtig für die meisten Zuseher zu Hause, denn da sprechen wir von Millionen Arbeitnehmern –, das ist die ominöse Abschaffung oder geplante Abschaffung der Hacklerpension.

Jetzt ist mir schon klar, dass es bei den Grünen keine Hackler oder wie wir bei uns in Tirol sagen keine Buckler gibt, das war anzunehmen, dass das bei den Grünen nicht vorhanden ist. (Abg. Stögmüller: Sie wären überrascht!) Überrascht bin ich jetzt von der ÖVP, die diesen Leistungsgedanken eigentlich über Jahre und Jahrzehnte voran­getrieben hat. Dass also hackeln, buckeln, arbeiten für die ÖVP plötzlich nichts mehr ist, was sie gerne hat, hat mich schon ein wenig überrascht, muss ich sagen.

Ich darf vielleicht noch einmal darauf hinweisen, das ist jene Gruppe an Arbeitern, aber auch Unternehmern und Angestellten, die über 45 Jahre Beiträge in das Sozialsystem geleistet haben, das sind Steuerzahler und Beitragszahler. Genau diese Gruppe hat kein Problem im Pensionssystem und im Sozialsystem verursacht, sondern jene, die in Österreich eben nicht 45 Jahre gearbeitet haben. Wenn Sie jetzt diese wenigen Tausend Menschen in Österreich, die erreichen, 45 Jahre durchgehend beschäftigt zu sein, ohne Arbeitslosigkeit, ohne sonstige Fehlzeiten, bestrafen wollen, dann, finde ich, ist das gelinde gesagt ein Offenbarungseid der ÖVP, aber vor allem auch der Grünen.

Ich war jetzt gerade wie üblich beim Neujahrsempfang der Wirtschaftskammer und darf erwähnen, interessanterweise gibt es sehr viele Unternehmer, die das auch aufregt. Ich kann Ihnen auch sagen warum. Das alte System war, vom Lehrling zum Unterneh­mer aufzusteigen. Wir haben zahlreiche extrem erfolgreiche Unternehmer – gerade Sie von der ÖVP sollten das wissen –, die mit 15 Jahren als Lehrling angefangen haben und eine Firma aus dem Boden gestampft haben. Genau jene trifft es nämlich auch. Die haben 45 Jahre gearbeitet und müssten jetzt quasi mit Abschlägen in Pension ge­hen, das trifft auch Unternehmer, das trifft natürlich vor allem die klassischen Fachar­beiter, von denen Sie immer sagen, dass Sie händeringend nach ihnen suchen.

Das ist auch ein Zeichen für die Lehrlingsausbildung. Wenn Sie heute einem Lehrling sagen: Das rentiert sich irgendwann für dich!, ist genau das kontraproduktiv. Wenn ich heute eine Lehre beginne, dann weiß ich, wenn ich fleißig bin, 45 Jahre durcharbeite, habe ich vielleicht den Luxus, mit 62 ohne Abschläge in Pension gehen zu können. Das gilt auch für Unternehmer.

Im Übrigen – falls es jemand vergessen haben sollte, auch von der Sozialdemokratie –: Das wird in wenigen Jahren auch die Frauen betreffen. Die Angleichung des Frauen­pensionsalters wird in wenigen Jahren schlagend. Ich habe unzählige Gespräche mit Frauen geführt, die über 50 sind und die dieses Thema sehr, sehr stark beunruhigt. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Summa summarum – ich bin leider schon fast am Ende (Zwischenruf des Abg. Leicht­fried), möchte aber noch zwei Sachen sagen –: Heute wurde mit der neuen Regierung das Weltklima gerettet. Wir werden einen Glassturz über Österreich aufstellen und wir werden es den Chinesen, den Indern und den USA erzählen. Wir haben heute hier si­cher das ganze Weltklima gerettet – ganz toll, wird sehr spannend.

Ich frage mich auch, wie Sie zum Beispiel argumentieren wollen, dass Sie alle Gas­thermen verbieten wollen, während wir gerade, falls das jemand übersehen haben sollte, eine Pipeline quer durch die Nordsee und die Ostsee bauen. Millionen Haushal­te in Österreich haben eine Gastherme, diese wollen Sie verbieten. Wie Sie das dann machen, möchte ich auch erklärt wissen! Allein in meiner Gemeinde wurden in den letzten 15 Jahren, glaube ich, 20 Kilometer Gasleitungen verlegt. Das war ein Aufwand in der Infrastruktur. Wenn Sie das stilllegen wollen – darauf freue ich mich schon!

Abschließend noch einmal dazu, was als Sprecher eigentlich meine Aufgabe ist: Es findet sich im Regierungsprogramm natürlich, wie prophezeit, überhaupt nichts von dem, was von den Grünen zum Konsumentenschutz angekündigt wurde – gar nichts. Das ist noch weniger als wenig. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Das war immer schwierig, aber jetzt in dieser Konstellation ist gar nichts mehr da. Ein weiterer ganz bitterer Wermutstropfen für mich als Tiroler ist, dass die Südtirolpolitik und das Thema Doppelstaatsbürgerschaft genauso zu Grabe getragen worden sind. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Das einzige, das übrig geblieben ist, ist die totale Machtfülle der ÖVP. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.01

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ha­mann. – Bitte.