12.21

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die SPÖ hat jetzt sehr viel Richti­ges über Steuergerechtigkeit in Europa gesagt; Kollegin Rendi-Wagner und Kollege Jörg Leichtfried haben einige inhaltlich sehr gute Dinge gesagt. Darf ich beide Kollegen fragen: Wisst ihr noch, was ihr am 11. Oktober 2017 gemacht habt? – Wahrscheinlich nicht, ich werde es euch gleich sagen.

Steuergerechtigkeit muss man als europäisches Thema angehen, und da müssen die 28 – bald nur mehr 27 – Länder leider zusammenhalten. Ich rege mich nicht über die Konzerne auf, die keine Steuern zahlen wollen, ich ärgere mich über Irland, das mit seiner Steuergesetzgebung alle anderen EU-Länder so unterläuft, dass die US-Kon­zerne dort hingehen, dort ihre Zentrale hinsetzen und dann schlicht und einfach in der gesamten EU agieren können, ohne Steuern zu zahlen.

Was sollen die Konzerne sonst machen? Sie werden doch nicht freiwillig herkommen und das Zehnfache, Fünfzehnfache, Hundertfache zahlen! Sie machen einfach, was ih­nen möglich ist (Zwischenruf des Abg. Loacker); und Irland, auch die Niederlande, auch Belgien unterlaufen eine faire europäische Steuergesetzgebung. Dagegen sollten wir als Österreich vorgehen! (Beifall bei den Grünen.)

Das können wir aber nicht glaubwürdig tun. Wissen Sie, warum? – Irgendwann hat man ja Geld verdient und zieht es aus einem solchen Unternehmen heraus; man hat vielleicht Hunderte Millionen herumliegen und versteckt sie in einer Stiftung, vielleicht in einer Stiftung in Liechtenstein. Die Europäische Union hat sich vor einiger Zeit auf Liechtenstein draufgekniet und gesagt: Wir wollen wissen, welche Bürger der Europäi­schen Union ihr Geld da gebunkert haben, benachrichtigt unsere Finanzämter, damit wir das kontrollieren und eventuell besteuern können!

Liechtenstein hat nach einigen Jahren nachgegeben und hat sich bereit erklärt, die Fi­nanzämter der Union darüber zu informieren, was ihre Staatsbürger dort an Geld ge­bunkert haben. Das ist am 1.1.2018 in Kraft getreten. Am 11. Oktober 2017 war der letzte Ministerrat der Regierung Kern, und Österreich hat – als einziges Land – einsei­tig darauf verzichtet, diese Information zu bekommen. Unsere Finanzämter wollen nicht wissen, was die Österreicher dort gebunkert haben, und alle anderen ziehen jetzt über ein österreichisches Konto das Geld aus Liechtenstein nach Wien ab – und von Wien in die gesamte EU, und alles ist weg.

Wer ist in diesem Ministerrat gesessen und hat zugestimmt – das Resultat war einstim­mig? – Kollegin Rendi-Wagner und Kollege Leichtfried – einstimmig! Ihr habt am 11. Ok­tober 2017 beschlossen, dass Geld aus Liechtenstein vom österreichischen Finanzamt nicht kontrolliert wird und es von Österreich in die anderen Länder weiterfließen kann. Und jetzt redet ihr über Steuergerechtigkeit?! – Das ist das Problem. (Beifall bei den Grünen.)

Wir werden uns dafür einsetzen, dass das auf europäischer Ebene besser organisiert wird. Wir werden uns dafür einsetzen, dass wir da harmonischer vorgehen, dass wir in Partnerschaft mit den anderen Ländern besser vorankommen. Da gibt es teilweise unterschiedliche Ansichten, wie kooperativ man sein wird, aber wir werden einen bes­seren Kurs zustande bringen.

Ich freue mich, dass – sehr symbolträchtig – der Finanzminister und der Sozialminister hier sitzen. Ich würde die Kohle in den nächsten fünf Jahren gerne vom einen zum an­deren umschichten, dafür werden wir kämpfen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.24

Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer zu Wort ge­meldet. – Bitte.