13.21

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verstehe, dass man die Tagesordnung so gestalten will, dass diese Diskussion möglichst knapp gegen Mitternacht stattfindet (Abg. Maurer: Das war ... mit euch!), weil sie natürlich unangenehm ist. (Ruf bei der ÖVP: Für die SPÖ vor allem!)

Wir erleben heute einen schwarzen Tag für den Parlamentarismus, einen schwarzen Tag für die Kontrollkompetenz des Parlaments, für Untersuchungsausschüsse und vor allem einen schwarzen Tag für das Minderheitsrecht im Parlament. Dieser Tag ist ein schwarzer Tag für den Parlamentarismus. – Danke dafür, liebe Grüne! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Die ÖVP war immer gegen das Minderheitsrecht. Seitdem es hier beschlossen worden ist, haben sie immer versucht, zum Verfassungsgerichtshof zu gehen. Das Einzige, was am Verfassungsgerichtshof passieren kann, ist, dass das Recht nicht mehr poli­tisch entschieden wird – dass es politisch legitim ist, Sachen zu untersuchen –, son­dern dass es rechtlich beschnitten wird. (Zwischenruf der Abg. Maurer.) Das ist das Einzige, was dort passieren kann.

Die ÖVP hat auch schon beim Hypo-Untersuchungsausschuss gesagt: Wir sollten zum Verfassungsgerichtshof gehen, denn es gibt rechtliche Bedenken, ob das überhaupt verfassungsmäßig ist oder nicht. – Das ist ja nicht unwahr, dass es diese Bedenken gegeben hat. Wir haben gesagt: Nein, das ist keine rechtliche Frage, es ist eine politi­sche Frage! – Und es ist natürlich politisch legitim, die Hypo zu untersuchen, deswe­gen haben wir als SPÖ es abgelehnt, zum Verfassungsgerichtshof zu gehen.

Was jetzt passiert ist: Es gibt wieder ein Gutachten. Ich weiß nicht, ob Sie das Gutach­ten überhaupt genau gelesen haben, da steht nämlich genau das drinnen: dass der Hypo-Untersuchungsausschuss eigentlich schon wider die Verfassung war. Es war aber eine politische und nicht eine rechtliche Entscheidung, zu sagen: Da soll man un­tersuchen dürfen! – Das, was Sie heute machen, ist, die politische Entscheidung zu treffen: Ibiza und gekaufte Politik dürfen nicht untersucht werden. Das ist die politische Entscheidung der Grünen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Die Grünen vor der Wahl (der Redner stellt eine Tafel mit einem Wahlplakat der Grü­nen mit der Aufschrift „Wen würde der Anstand wählen? 29. September: Zurück zu den Grünen“ vor dem Hintergrund eines Bildes aus dem Ibizavideo auf das Rednerpult): „Wen würde der Anstand wählen?“ – Der Anstand, vor der Wahl; hier (auf die Tafel weisend) ist Ibiza! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie sagen selber: Wer Ibiza aufklären will, der muss anständig sein und die Grünen wählen!

Was ist jetzt – ein paar Monate später, nicht ein paar Jahre später – die Praxis? – Die Evolution des Taferls (der Redner stellt eine mit Text bedruckte Tafel auf das Redner­pult, wobei Teile des Textes grün hinterlegt sind): Jetzt sehen wir, Grün ist nicht der Anstand, Grün ist die Zensur. Das ist unser Antrag (Beifall bei SPÖ und NEOS), hier sehen Sie die Zensur der Grünen. Sagen Sie uns nicht, das ist eine rechtliche Frage! Nein, es ist die politische Entscheidung der Grünen, zu sagen: Diese Teile (auf die Tafel weisend) dürft Ihr nicht untersuchen! Sie sagen: Nur die Teile, die wir zulassen, dürft ihr untersuchen; vielleicht lässt euch der Verfassungsgerichtshof die anderen Tei­le auch ansehen!

Grün ist nicht die Farbe des Anstandes. Grün ist nicht die Farbe der Kontrolle. Grün ist ab heute die Farbe der politischen Zensur und des Zudeckens. – Das ist das, was Sie hier machen! (Anhaltender Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Grün ist auch die Farbe der Willkür, nicht nur, wenn es um die Willkürhaft geht, son­dern auch, wenn es ums Untersuchungsrecht geht. Die Grünen sagen, dass jeder ein­zelne Punkt an und für sich untersuchungswürdig wäre, jeder einzelne. (Zwischenruf der Abg. Maurer.) Ihr entscheidet aber vollkommen willkürlich, welchen wir untersu­chen dürfen. Sie hätten auch das (auf die Tafel weisend), was weiß ist, streichen und das andere stehen lassen können. Das wäre dann nach Ihrer Sicht auch verfassungs­konform gewesen. Grün ist die Farbe der Willkür, nicht nur, wenn es um die Willkürhaft geht, sondern auch, wenn es um die Frage geht, was in diesem Parlament untersucht werden darf und was nicht. – Sie sollten sich eigentlich schämen! (Anhaltender Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der FPÖ. Abg. Wurm: War diesmal ei­ne gute Rede!)

13.26

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl. – Bitte.