15.15

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Sozialminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Laut dem vorliegenden Freiwilligenbericht engagieren sich in Österreich 3,5 Millionen Menschen ab dem 15. Le­bensjahr ehrenamtlich und freiwillig, 3,5 Millionen Menschen, die aktiv zum Zusammen­halt unserer Gesellschaft beitragen, 3,5 Millionen Menschen, die mit ihren kleinen und größeren Tätigkeiten unserem Staat zur Seite stehen. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich auch namens meiner Fraktion bei diesen 3,5 Millionen Menschen be­danken. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Shetty.)

In Wirklichkeit sind es aber mehr als diese 3,5 Millionen Menschen, die sich in Öster­reich aktiv einbringen. Was nämlich nicht im Bericht niedergeschrieben ist, sind die vie­len Aktiven der NGOs, die in Österreich auch ehrenamtliche Arbeit leisten. Ich möchte daher an dieser Stelle noch einmal, so wie auch letzte Woche im Ausschuss, darauf hinweisen, dass wir auch das in Zukunft in diesen Freiwilligenbericht aufnehmen soll­ten. Die Bereitschaft dazu wurde bereits letzte Woche von Minister Anschober signali­siert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bei aller Freude über diese durchaus positiven Zahlen und Fakten dürfen wir aber die Herausforderungen, die aus diesem Bericht hervorgehen, nicht vergessen. Zum einen gibt es einen Gendergap. Konkret heißt das, dass soziales Engagement in der Freiwilli­genarbeit eine eher weibliche Sache ist, Katastrophenschutz und technische Hilfsleis­tungen eine männliche Sache. Ich denke, wir sind gut beraten, das zu ändern. Ich den­ke, es ist gut, wenn die Freiwilligenorganisationen – das Ministerium zur Seite ste­hend – auf eine Änderung dieses Umstandes hinwirken. Eine Idee wäre beispielswei­se, dass Feuerwehren oder Rettungen sich stärker um Frauen als Ehrenamtliche be­mühen, während die sozialen Dienste sich verstärkt um Männer als Mitglieder und Akti­ve bemühen. Sie wissen ja: because it‘s 2020.

Zum anderen gibt es auch einen Bildungsgap. Formelle Freiwilligenarbeit hängt auch mit dem Grad der formalen Bildung zusammen. Während sich 21 Prozent der Men­schen mit Pflichtschulabschluss freiwillig engagieren, sind es 45 Prozent jener mit Ma­tura oder einem höheren Bildungsabschluss. Ganz arg ist die Sache überhaupt beim Freiwilligen Sozialjahr, wo 76 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer über Matu­ra verfügen. Auch da ist es eine Aufgabe, dass wir eine Verschiebung herbeiführen, von der formalen Bildung hin zum allgemeinen Engagement. (Beifall bei den Grünen.)

Apropos Freiwilliges Sozialjahr: Hier lassen wir als Gesellschaft großes Potenzial lie­gen. Es gibt keine einheitlichen Anrechnungsverfahren für weitere Ausbildungen, und überhaupt wird dabei ignoriert, dass das Freiwillige Sozialjahr der perfekte Einstieg in den Sozialberuf wäre. Dabei wäre aber eine anständige Ausbildung oder eine anstän­dige Anrechnung ein Gebot der Stunde.

Da es im Ausschuss kurz Thema war, ist es mir auch ganz wichtig, darauf hinzu­weisen, dass freiwilliges Engagement keine Frage der Herkunft ist. Das zeigt auch die­ser Bericht. Was sich zeigt, ist, dass das Engagement bei Menschen mit und ohne Mi­grationshintergrund annähernd gleich hoch ist, jedoch unterschiedlich aussieht. Men­schen ohne Migrationshintergrund sind verstärkt in formellen Organisationen tätig, Menschen mit Migrationshintergrund eher in den informellen Strukturen. Auch da gibt es einen klaren Auftrag an uns als Gesellschaft, an uns als Rechtsgeber, auch an das Ministerium, dem entgegenzuwirken, damit wir in Zukunft im Sinne der Integration Menschen mit Migrationshintergrund verstärkt in die Freiwilligenstrukturen bringen – frei nach dem Motto: If you can see it, you can be it. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zwei kurze Punkte habe ich noch, und dann bin ich wirklich schon fertig. Der eine: Als Gemeindepolitiker erlebe ich immer öfter, dass gerade Lokalpolitikerinnen und -politi­ker, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister die Freiwilligen sozusagen als Ersatzkraft zur Erledigung ihrer eigenen Aufgaben verwenden wollen. (Abg. Michael Hammer: Das stimmt nicht!) Das geht nicht. Dem müssen wir entgegenwirken. Personen, die in der Freiwilligenarbeit tätig sind und sich ehrenamtlich engagieren, können nicht dazu da sein, als billige Arbeitskraft und Ersatzkraft für die Erledigung öffentlicher und staat­licher Aufgaben herangezogen zu werden.

Der zweite Punkt, der mir auch noch wichtig ist: Wir müssen uns darum kümmern, dass es bei den Freiwilligenorganisationen eine anständige Nachwuchsarbeit gibt. Es gibt dazu entsprechende Forderungen der Bundesjugendvertretung, auf die ich hinwei­sen möchte. Wir sollten uns damit ernsthaft auseinandersetzen. – Danke schön. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.20

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Andreas Koll­ross. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Michael Hammer: Jetzt sind wir gespannt!)