17.19

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Herzlich willkommen, liebe Zuschauerin­nen und Zuschauer! Ich habe immer wieder die Hoffnung – ich bin ja noch nicht so lan­ge in diesem Hohen Haus –, dass hier gut, inhaltlich gesprochen wird; die Antworten von Ihnen, Herr Minister Faßmann, sind mir ein bisschen zu wenig. (Abg. Haubner: Waren sehr gut!) – Ja, das kann ich mir schon vorstellen, dass Sie das so sehen – ich sehe es nicht so.

Ich finde, die Antworten, die Sie gegeben haben, zeigen einmal mehr, dass Sie, die Regierung beziehungsweise die beiden Fraktionen, sich nicht einmal Gedanken darü­ber gemacht haben, wie unsere Gesellschaft zum Beispiel im Jahr 2050 ausschauen soll. (Abg. Haubner: Das ist eine Unterstellung!) – Nein! Wir reden immer nur über kleine Bereiche. Wir haben heute am Vormittag gehört, wir wollen eine offene Ge­sellschaft, Wissenschaft ist wichtig, die freie Wissenschaft und so weiter – dass Sie aber einmal ein Bild zeichnen, was unsere Kinder und Jugendlichen können sollen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haubner), damit es 2050 eine gute Gesellschaft gibt, dass sie arbeiten können (Abg. Haubner: Das wissen nur Sie!) – nein, da gibt es Wissenschafter! –, das ist nicht vorhanden, sehe ich, denn wenn Sie dieses Bild hät­ten, dann hätten Sie schon längst erkannt, dass ein gutes, modernes Bildungssystem große und vor allem viele positive Auswirkungen auf unsere Gesellschaft hat; dann hätten Sie nämlich schon längst diese elende Parteipolitik aus den Schulen verbannt, die nach wie vor da ist.

Sie sagen in Ihren Antworten, die Bildungsdirektionen haben sich wesentlich verän­dert – ich weiß nicht, ob Sie es wirklich glauben. (Ruf bei der ÖVP: Er weiß es!) Wir sprechen sehr viel mit Lehrerinnen und Lehrern und Schuldirektoren, die sehen das nicht so. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Grebien.)

Ich weiß nicht, ob das nur einseitig ist, aber ich habe beispielsweise gerade vor Kur­zem wieder gehört, dass eine Lehrerin der Gewerkschaft beitritt, damit sie Direktorin werden kann. Das ist im 21. Jahrhundert einfach öd, die Leute wollen das wirklich nicht! (Beifall bei den NEOS. – Heiterkeit der Abg. Meinl-Reisinger.)

Wenn Sie ein Bild hätten, dann hätten Sie nämlich schon längst Maßnahmen gesetzt, dass wirklich alle Kinder eine faire Chance auf ein gutes und selbstbestimmtes Leben haben und nicht nur ein Teil von ihnen, jene, die Sie vielleicht vertreten.

Ja, über Stil kann man natürlich streiten. Über das Buch kann man sicher streiten, aber über die Inhalte kann man nicht streiten, die stehen fest und die Fakten liegen auf dem Tisch. Ich weiß nicht, was Sie sich von Ihrer Ombudsfrau erwartet haben, als Sie sie eingestellt haben, welche Ergebnisse da kommen sollten. Sie hat ihre Arbeit sehr ernst genommen und Probleme thematisiert, aber es sind Probleme, die wir alle schon längst kennen; sie hat sie nur aufgeschrieben, und das liegt jetzt schwarz auf weiß da – was, finde ich, noch einmal eine andere Dimension hat, wenn etwas einfach da­liegt, man es nachlesen kann und nicht nur hört.

Sie sagen, wir müssen ins Handeln kommen, die Ombudsstelle oder die Ombudsfrau hat nur verschiedene Meinungen eingeholt und wenige Lösungsvorschläge gebracht. – Ja, das kann schon sein, das ist natürlich keine quantitative Studie gewesen, die die Ombudsfrau gemacht hat, sondern sie hat qualitative Gespräche geführt, aber für die quantitativen Ergebnisse gibt es seit langem BildungsexpertInnen, Bildungswissen­schafter, die ganz genau diese Punkte darlegen und belegen können. Da verstehe ich nicht, dass Sie sagen, es gibt keinen Inhalt. (Beifall bei den NEOS.)

Ich habe lange in der Organisationsentwicklung gearbeitet und mit großen Unterneh­men große Veränderungsprozesse gemacht. Das Bildungssystem wäre ein solch gro­ßer Veränderungsprozess. Nachdem ich nicht nur hier stehen und Ihnen sagen möch­te, was im Argen liegt, möchte ich Ihnen auch Lösungen mitgeben.

Was braucht es für einen guten, gelungenen Veränderungsprozess? – Zum Ersten braucht es Mut – Mut, dass derjenige, der entscheiden kann, das erkennt und sagt: Wir haben hier ein Thema, wir müssen das angehen! Das wäre zum Beispiel auch der Mut, dass die Parteien sagen, sie schauen jetzt einmal über den parteipolitischen Tellerrand hinaus. Das mag vielleicht am Anfang ein bisserl wehtun, wenn man keine Posten mehr besetzen kann, aber man wird sich daran gewöhnen, und Sie werden sehen, die Qualität des Systems wird sich deutlich verbessern. (Beifall bei den NEOS. – Zwi­schenruf der Abg. Steinacker.)

Der zweite Schritt für einen gelungenen Veränderungsprozess ist Vertrauen. Haben Sie doch Vertrauen in Ihr Lehrpersonal, in die Leute, die in diesem System arbeiten! Die können alle etwas, die muss man nicht immer nur an der Hand nehmen und sie von oben hinunter mit Erlässen und mit sonstigen Schriftstücken zuschütten, die dann über verschiedene Ebenen gespielt werden. Natürlich gab es eine Reform, aber de facto heißen die Bezirksschulinspektoren jetzt halt Qualitätsmanager. (Abg. Stein­acker – mit der Handfläche nach unten deutend –: Nicht immer nur runter! Sie war richtig, die Reform!) Es gibt nach wie vor genügend Ebenen, die da durchlaufen wer­den, bis es ankommt. Erfolgreiche Bildungssysteme haben zum Beispiel meistens fla­che Hierarchien. Das würde ich Ihnen mitgeben, darüber einmal nachzudenken. (Abg. Steinacker: Natürlich gab es eine Reform, genau deswegen!)

Der dritte Schritt für ein solches Projekt ist Autonomie. Nicht nur Frau Wiesinger zeigt, dass gute Beispiele im autonomen Schulbereich erfolgen, sondern das sagen auch Ex­perten. Die Deutschförderung ist zum Beispiel ein guter Bereich, wo man sehen kann, es funktioniert auch, wenn Sie nicht vorgeben, dass es jetzt Deutschklassen geben muss, sondern wenn die Schule sagen kann: Dort machen wir es so, und da machen wir es so!

Was das Supportpersonal betrifft, haben Sie angesprochen, dass Sie da Maßnahmen setzen – da frage ich mich schon, warum es zum Beispiel in der Steiermark gerade ei­nen Aufschrei gegeben hat, dass Sozialarbeiter gestrichen wurden. Mir haben Schüler eine Unterschriftensammlung dazu übermittelt. Ihre Kollegin Bogner-Strauß sagt: Es ist eh nicht so schlimm in der Steiermark, es kommen nur 1 100 Schüler auf einen So­zialarbeiter, während es in Wien 2 500 sind. – Ja, man kann immer nach unten nivel­lieren, das ist schön, aber unser Ziel ist das nicht. (Beifall bei den NEOS.)

Ich muss jetzt leider zum Ende meiner Ausführungen kommen, das tut mir wirklich leid, denn ich hätte noch viel zu sagen. Dieser Tätigkeitsbericht ist, finde ich, eine Steilvor­lage dafür, dass Sie etwas tun können. Ich finde, es ist alles aufgelistet, was in diesem Bereich zu tun ist. Wir NEOS sind schon immer bereit dafür, da auch in einen Diskurs zu gehen. Ich freue mich, wenn das zustande kommt, und vor allem, wenn da überpar­teilich und vor allem auch mit Expertinnen und Experten aus den entsprechenden Be­reichen etwas weitergebracht wird. (Beifall bei den NEOS.)

17.27

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Salz­mann. – Bitte.